Der Mittwoch war turbulent für Elon Musk und sein neues Unternehmen Twitter.

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Es hätte ein entspannter Mittwochabend im Live-Audio-Tool Twitter Spaces werden sollen. Elon Musk erklärte vor knapp 100.000 Nutzern, wie die Zukunft der Plattform aussehen wird. Da wusste er wohl noch nicht, dass sich parallel dazu von Twitter verifizierte Fake-Accounts über das nicht durchdachte System der Legitimation von Accounts lustig machten. Unter den prominenten und verifizierten Fake-Accounts fanden sich unter anderem Super Mario und Jesus.

Druck auf Anzeigenkunden

Eine turbulente Woche geht bei Twitter zu Ende. Nachdem Musk mit einem Waschbecken in das Hauptquartier marschiert war, kündigte er via Mail etwa die Hälfte der Belegschaft und erklärte, dass man sich für acht Dollar im Monat als glaubwürdige Quelle verifizieren lassen könne. Nachdem viele Werbekunden der Plattform die neue Unruhe als Anlass nahmen, kurzfristig auf Distanz zu gehen, rief Musk interessierte Nutzerinnen und Nutzer auf, ihm bei einer einstündigen Panel-Diskussion zuzuhören, die via Twitter Spaces jedem zugänglich war.

Begleitet von Yoel Roth, dem Head of Safety and Integrity bei Twitter, schoss man scharf auf potenzielle Musk-Gegner. So seien für den Abzug vieler Werbekunden vor allem Bürgerrechtsgruppen verantwortlich, die nach den Massenentlassungen Druck auf Unternehmen ausgeübt hätten, sich von Twitter zurückzuziehen. Immer wieder betont er deshalb, dass sich die Firmen selbst ein Bild machen sollen. Auf die Frage von Roth, ob Firmen denn künftig auch für ihren Auftritt zahlen müssen, antwortet Musk: "Jeder wird zahlen müssen."

Fake-Accounts von bekannten Persönlichkeiten machten sich über die neue Verifizierung lustig.
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Der blaue Haken

Auch wird betont, dass die Bezahlversion Twitter Blue, erkennbar an dem blauen Haken, sehr wichtig für die Nutzerinnen und Nutzer werden würde. Es werden vor allem diese Accounts sein, die Aufmerksamkeit bekommen werden – anderer, "mit weniger Qualität versehener Inhalt" würde ignoriert werden. In diesem Zusammenhang erklärt Musk, dass es einen Unterschied zwischen "freedom of speech und freedom of reach" geben wird. Damit meint er, dass Meinungsfreiheit für die Plattform so wichtig wie noch nie werden würde, aber man künftig von Plattformseite bestimmen könne, ob Inhalt auch gesehen werde. Solche Tools hatte Twitter davor nicht, wird betont. Man konnte nur Tweets löschen oder Accounts sperren. Das sei nicht mehr zeitgemäß, so Musk.

Roth erklärt, dass man so 95 Prozent von beleidigendem Inhalt seit der Musk-Übernahme von der Plattform löschen oder quasi unsichtbar machen konnte.

Ob diese Regeln auch für ihn gelten würden, fragt ein Nutzer. "Twitter muss eine möglichst neutrale Plattform sein. Das heißt aber nicht, dass ich komplett neutral gegenüber Dingen bin", antwortet Musk.

Man werde viel ausprobieren

Man werde viel ausprobieren, wie Musk verspricht, und das war bereits am Mittwoch bemerkbar. Kurzfristig führte die Plattform graue Häkchen ein, um "offizielle" Accounts zu markieren. Das System scheiterte noch am selben Tag, als Fake-Accounts mit der Kennzeichnung die Plattform fluteten. Für Verwirrung sorgte etwa der angekündigte Teamwechsel des Basketballstars LeBron James, ein Super Mario, der auf dem "offiziellen" Nintendo-of-America-Account den Mittelfinger in die Kamera hielt, und ein Jesus-Christus-Account bedankte sich für die Kennzeichnung.

Wenige Stunden später "killte" Musk die neue Kennzeichnung. Ein Verantwortlicher bei Twitter stellte danach klar, dass man sich ab jetzt auf "Regierungen und Unternehmen" fokussieren würde. Einzelpersonen würden dieses "Label" vorerst nicht mehr bekommen.

Am Ende der Diskussion sagt Musk: "Am Ende des Tages bin ich der Chief Twit, die Verantwortung liegt also bei mir." Wenn man schlechte Entscheidungen treffe, dann würde das Werbekunden und Nutzerinnen kosten und sein Plan mit Twitter "scheitern".

Geld aus China

Parallel zu all diesen Geschehnissen hatte auch US-Präsident Joe Biden noch eine Überraschung für Musk parat. Bei einer Konferenz im Rahmen der aktuellen US-Zwischenwahlen wurde Biden bezüglich der Beteiligung ausländischer Regierungen am Twitter-Kauf durch Musk angesprochen. "Ich denke, dass die Kooperation und technische Beziehung zwischen Musk und anderen Ländern wert ist, geprüft zu werden", antwortete Biden.

Ausgangspunkt für die Frage war ein Bericht der "Washington Post", die vertrauliche Vereinbarungen zwischen Musk und Investoren offenlegte. Darin war zu lesen, dass man sich durch eine Investition in den Deal ab 250 Millionen Dollar für "Informationsrechte" qualifiziere. In diese Kategorie würden laut Bericht etwa die in China gegründete Kryptobörse Binance oder eine Tochtergesellschaft des Staatsfonds von Katar fallen.

Schwierige Zeiten

Am Donnerstag schwört Musk seine Mitarbeiter via Mail auf "schwierige Zeiten" ein. Er bezieht sich dabei auf die angespannte wirtschaftliche Lage und betont, dass Firmen wie Twitter, die zu rund 90 Prozent von ihrem Werbegeschäft leben, dies zu spüren bekommen werden. "Der Weg, der vor uns liegt, wird viel Arbeit erfordern, um am Ende erfolgreich zu sein", schreibt Musk. Zeitgleich beendet er für alle Mitarbeiter das Homeoffice. Zumindest 40 Stunden pro Woche solle man sich künftig in der Firma aufhalten, lässt der CEO wissen. (aam, 10.11.2022)