Am Sockel eines Dinosaurierskeletts klebten sich die beiden Aktivistinnen der Letzten Generation fest.

Foto: APA/LETZTE GENERATION ÖSTERREICH

Wien– Zwei Aktivistinnen der Gruppe Letzte Generation haben sich am Donnerstagvormittag an einem Sockel im Dinosauriersaal des Naturhistorischen Museums (NHM) in Wien festgeklebt. Damit protestieren sie "gegen den fossilen Kurs der österreichischen Bundesregierung", wie es in einer Aussendung heißt. "Vor den Überresten der ausgestorbenen Giganten" deponierten sie ihre Forderungen zur "Überlebenspolitik anstelle der fortgesetzten Zerstörung unserer Lebensgrundlagen". Eine ähnliche Aktion fand Ende Oktober in Berlin statt.

Beamte rückten mit einem Lösungsmittel an, rasch hatten sie die beiden Frauen von dem Sockel abgetrennt. Die Polizei wird Anzeigen wegen Störung der öffentlichen Ordnung und wegen des Verdachts auf Sachbeschädigung erstatten. Die beiden Aktivistinnen fordern als "Sofortmaßnahme" der Regierung für eine Senkung des CO2-Ausstoßes "Tempo 100 auf der Autobahn". Laut einer der beiden Aktivistinnen rast die Gesellschaft auf eine "Klimahölle" zu. Mit der Temporeduktion auf den Autobahnen könne die Politik "eine erste einfache Maßnahme setzen, die sofort hilft und nichts kostet. Wir sind keine Dinosaurier. Wir haben eine Wahl", so die Aktivistin.

Umweltministerin Gewessler reagiert auf Klebeaktion

"Ich bin Ministerin, und ich möchte in dieser Position nicht der Zivilgesellschaft ausrichten, welche Aktionsformen sie wählen soll", betonte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) auf Puls 24 am Donnerstag. "Ich kann nur sagen, in meiner Zeit in der Zivilgesellschaft habe ich andere Formen des Protests gewählt." Es sei zwar notwendig, auf "die Dringlichkeit des Problems aufmerksam" zu machen, aber es sei "auch wichtig, dass man die Leute auf dem Weg zur Lösung nicht verliert".

Der Kultursprecher der Wiener FPÖ, Stefan Berger, fordert nun Sicherheitsschleusen bei Museumseingängen und Taschenkontrollen. Zudem müssten Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) und die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) "ein gemeinsames Sicherheitskonzept für die in Wien befindlichen Kultureinrichtungen vorlegen".

Aktivistinnen angezeigt

"Der Klimakollaps hat längst begonnen. Unsere Regierungen können einfach nicht aufhören, Öl ins Feuer zu gießen: Mit jeder neuen Fossilbohrung, mit jedem neuen Meter Autobahn vernichten wir die Zukunft unserer Kinder", sagte die zweite Aktivistin der APA.

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Bereits am 15. September wollten sich im NHM Aktivistinnen und Aktivisten an einem Exponat festkleben. Das wurde jedoch im letzten Moment verhindert. Gegen drei Personen wird wegen des Verdachts der versuchten Sachbeschädigung bzw. der versuchten schweren Sachbeschädigung ermittelt. Alle drei wurden auf freiem Fuß angezeigt. Der Fall ist bereits bei der Staatsanwaltschaft anhängig.

Unterdessen haben Dutzende der wichtigsten Museen der Welt die Attacken von Klimaaktivisten auf Kunstwerke verurteilt. Die Verantwortlichen unterschätzten "die Empfindlichkeit dieser unersetzlichen Objekte, die als Teil unseres Weltkulturerbes erhalten werden müssen", schrieben die Direktoren von mehr als 90 Museen wie dem Prado in Madrid, dem Pariser Louvre und den Uffizien in Florenz in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung. (APA, 10.11.2022)