In Haftanstalten in Louisiana ist es erlaubt, Insassen Zwangsarbeit leisten zu lassen. Ein Multimilliarden-Dollar-Geschäft in den USA.

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Es ist mehr als 150 Jahre her, dass in den Vereinigten Staaten die Besitzsklaverei abgeschafft wurde – also dass einer Person eine andere Person tatsächlich gehören kann. Doch damals wurde eine Gesetzeslücke offen gehalten, die es bis heute erlaubt, Gefängnisinsassen auszubeuten und für ihre Arbeit nur ein paar Pennies oder auch gar nichts zu bezahlen.

Bei den Midterm-Wahlen diese Woche stand in fünf Bundesstaaten das vollständige Aus der Sklaverei zur Abstimmung. Und die Wählerschaft in Alabama, Oregon, Tennessee und Vermont hat sich auch dafür entschieden. In Louisiana sprachen sich aber fast 61 Prozent dagegen aus. Wenige Tage vor der Abstimmung forderte sogar der Abgeordnete hinter der Anti-Sklaverei-Initiative von der Bevölkerung, dass sie mit Nein votiert. Aber warum?

Riskante Formulierung

Es geht um die Formulierung des Textes, der zur Abstimmung vorgelegt wurde. Im Moment heißt es im Gesetz, dass "Sklaverei und Zwangsarbeit verboten sind, außer im letztgenannten Fall als Bestrafung für ein Verbrechen".

Laut dem Vorschlag, den der Abgeordnete Edmond Jordan vorgebracht hat, wäre der Zusatz nach dem Beistrich gestrichen und durch eine Klausel ersetzt worden, dass das Verbot "nicht für die ansonsten legale Strafrechtspflege" gilt.

Klingt ähnlich, ist es aber nicht. Denn dadurch, dass "im letztgenannten Fall" gestrichen worden wäre, hätten Häftlinge nicht nur legalerweise für Zwangsarbeit, sondern auch tatsächlich für Sklaverei herangezogen werden können.

Kein Risiko

Aber wäre das denn tatsächlich passiert? "Noch vor einem Jahr hätte ich auf die Frage geantwortet, dass die Wahrscheinlichkeit sehr klein bis nicht nicht vorhanden ist, weil es auf föderaler Ebene verboten ist", sagte Jordan im Interview mit der BBC. Doch nachdem mit der Aufhebung von Roe vs. Wade das Recht auf Abtreibung fiel, ein Recht, das im Verständnis der Öffentlichkeit gut etabliert war, wollte er nicht das Gleiche für die Sklaverei riskieren, sagte der Abgeordnete. Deshalb zog er seine Unterstützung zurück und will ein weiteres Jahr daran arbeiten und dann erneut die Bevölkerung von Louisiana abstimmen lassen.

Dass es diese Ausnahmeklausel überhaupt gibt, liegt daran, dass die Arbeit von Haftinsassen ein Multimilliarden-Dollar-Geschäft in den Vereinigten Staaten ist. Landesweit sind rund 800.000 Personen von der Zwangsarbeit betroffen. Im heurigen Bericht der Bürgerrechtsorganisation ACLU wird festgestellt, dass die große Mehrheit der Inhaftierten dabei keine Fähigkeiten erlernt, die ihnen am Jobmarkt nach Ende ihrer Strafe helfen könnten. Sieben von zehn Personen können sich von ihrem Verdienst nicht einmal grundlegende Dinge wie Seife oder eine Telefonkarte leisten.

Gegen 13. Verfassungszusatz

Curtis Ray Davis II, der in einem Gefängnis in Louisiana Schwerstarbeit leisten musste – er saß für einen Mord ein, den er nicht begangen hat –, ist nun ein Advokat für die Abschaffung des 13. US-Verfassungszusatzes. Jenes Zusatzes, der die Ausbeutung der Insassen auf föderaler Ebene erlaubt. In Interviews rechnete er vor, dass er nach 25 Jahren Arbeit mit 124 US-Dollar nach Hause gekommen war. Für Arbeit "gegen meinen Willen und mit vorgehaltener Waffe", wie er sagt. (Bianca Blei, 11.11.2022)