Wi-Fi 6E: Endlich werden in Österreich die 6-GHz-Frequenzen freigegeben.

Foto: imago images/fStop Images

Mit WLAN ist das so eine Sache: Wohnt man in einem dichtbesiedelten Gebiet, müssen sich üblicherweise viele Geräte einen recht überschaubaren Frequenzbereich teilen. Das geht natürlich auf die Übertragungsqualität, die bislang gebotenen Kanäle rund um 2,4 und 5 GHz sind nämlich seit langem ziemlich voll. Genau das soll Wi-Fi 6E ändern: Mit dem aktuellen WLAN-Standard wird zum ersten Mal seit rund 20 Jahren ein komplett neuer Frequenzbereich hinzugefügt – und zwar rund um 6 GHz.

Das lange Warten

So weit die Theorie – in der Praxis ist alles natürlich etwas komplizierter: Unterliegt die Nutzung einzelner Frequenzen doch staatlicher Regulierung. Auch bei Wi-Fi 6E müssen also die Nutzer warten, bis die Gesetzgeber grünes Licht geben. Die EU hatte die rechtlichen Rahmenbedingungen hierfür zwar bereits im Juli 2021 geschaffen, die Umsetzung in Österreich lässt aber weiter auf sich warten.

Dies, obwohl die von der EU gesetzte Frist mittlerweile bereits fast ein Jahr abgelaufen ist – und etwa Nutzer in Deutschland den 6-GHz-Bereich bereits seit Mitte 2021 nutzen können. Mehrere der von den jeweils gerade zuständigen Ministerien genannten Startzeitpunkte sind ebenfalls ohne Ergebnis abgelaufen. Nun soll sich das aber alles ändern – und zwar wirklich.

Ausblick

Mitte Jänner 2023 soll der 6-GHz-Bereich in Österreich endlich für WLAN freigegeben werden – und damit auch Wi-Fi 6E in vollem Umfang nutzbar werden. Das betont ein Sprecher des im Finanzministeriums angesiedelten Staatssekretariats für Digitalisierung und Telekommunikation gegenüber dem STANDARD.

Tatsächlich ist all das bereits auf dem Weg: Mitte Oktober wurde die neue Frequenznutzungsverordnung, über die die entsprechenden Neuerungen geregelt werden, in Begutachtung geschickt. Diese Frist endet nun mit Freitag, womit in Österreich die notwendigen Vorarbeiten abgeschlossen sind.

Abwarten

Allerdings wurde die Verordnung parallel auch der EU-Kommission vorgelegt, damit "keine Differenzen in der Frequenznutzung in den Grenzgebieten zu anderen Nachbarstaaten entstehen", wie es heißt. Die Begutachtungsfrist beträgt hier drei Monate, womit wir also bei Mitte Jänner wären. Aus dem Ministerium betont man denn auch, dass die neue Verordnung direkt im Anschluss in Kraft treten soll.

Bei den zusätzlichen Frequenzen für Wi-Fi 6E geht es konkret um den Frequenzbereich zwischen 5.945 und 6.425 MHz. Dieser bietet wahlweise Platz für sechs Kanäle mit einer Breite von 80 MHz oder auch drei Kanäle mit 160 MHz – die dann natürlich mehr Raum für höhere Geschwindigkeiten haben.

Alles relativ

Das klingt nach nicht viel, muss allerdings in Relation gesetzt werden: Derzeit gibt es im für flotte Datenübertragungen auf kürzere Entfernung gedachten 5-GHz-Band gerade einmal fünf Kanäle mit 80 MHz Breite. Die zusätzlichen Frequenzen kommen in dieser Region also mehr als einer Verdopplung des zur Verfügung stehenden Platzes gleich.

Erwähnt sei, dass man damit in Europa erheblich zurückhaltender vorgeht als in den USA. Dort umfasst das 6-GHz-Spektrum nämlich gleich 14 Kanäle, ist also mehr als doppelt so groß wie in der EU. Das liegt daran, dass man den oberen Bereich des 6-GHz-Bandes – also von 6.425 bis 7.125 MHz – in Europa langfristig lieber für Mobilfunk nutzen würde.

Startbereit

Das gemächliche Vorgehen Österreichs bei der Freigabe des 6-GHz-Bereichs birgt aber für die Nutzer auch einen gewissen Vorteil. Aktuelle Smartphones und Laptops – vor allem im High-End-Bereich – unterstützen dadurch nämlich Wi-Fi 6E bereits. Passende WLAN-Router gibt es ebenfalls schon, auch wenn diese meist ebenfalls noch im oberen Preissegment angesiedelt sind. Für diese braucht es dann nur mehr ein passendes Firmware-Update des Herstellers, damit sie auch in Österreich Wi-Fi 6E vollumfänglich nutzen können.

Andere Interessen

Betont sei, dass es bei der neuen Frequenznutzungsverordnung nicht nur um die 6-GHz-Frequenzen für WLAN geht – was zum Teil auch die Verzögerung erklären mag. So wird darüber auch gleich eine Reihe von anderen Themen angegangen wie etwa die Freigabe der Frequenzen für die Automatisierung der Wiener-U-Bahn-Linien – allen voran der gerade im Bau befindlichen U5.

Für Endnutzer langfristig wohl noch relevanter: Die neue Frequenznutzungsverordnung macht den Weg für 5G-Mobilfunk im 26 GHz-Bereich frei – gemeinhin als mmWave bezeichnet. Dieses Spektrum ist für besonders hohe Datenübertragungen im engsten Umfeld gedacht und kommt bisher vor allem in den USA und Japan zum Einsatz.

Ausblick

Bis dieser Teil von 5G in Österreich wirklich nutzbar ist, werden aber trotzdem noch einige Jahre vergehen. Immerhin wird jetzt erst einmal die Grundlage geschaffen, im nächsten Schritt folgt dann irgendwann die gewohnte Frequenzauktion. Erst danach werden die Mobilfunker ihre Netze entsprechend aufrüsten.

Wie große das Interesse an mmWave wirklich ist, muss sich aber ohnehin erst zeigen. Bislang ist das Feedback aus den USA zu dieser Technologie nämlich wenig freundlich. Aufgrund der sehr geringen Ausbreitungseigenschaften werden die von einzelnen Mobilfunkern versprochenen extrem hohen Geschwindigkeiten eigentlich nur erreicht, wenn man wirklich direkt bei einem Mast steht.

Gleichzeitig braucht mmWave zusätzliche Antennen, was Smartphones nochmal komplexer macht. Allerdings könnte mmWave natürlich in spezialisierten Anwendungen – etwa im Firmenumfeld – durchaus seinen Einsatz finden. (Andreas Proschofsky, 11.11.2022)