Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow und seine Linke wurden ebenso wie SPD und Grüne überstimmt. CDU und AfD vereinigten sich für einen Antrag gegen das Gendern.

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"Gendern?" Mit dieser Frage beginnt die oppositionelle CDU-Fraktion im Thüringer Landtag jenen Antrag, der derzeit über die Grenzen des Freistaats hinaus diskutiert wird. Und sie gibt auch gleich die Antwort: "Nein Danke! Regeln der deutschen Sprache einhalten – keine politisch motivierte Verfremdung der Sprache!"

So lautet der Titel des Papiers, das die CDU im Landesparlament vorgelegt hat. Sie begründet darin ausführlich, warum sie für ein "Genderverbot" in der öffentlichen Kommunikation von Landtag und Landesregierung eintritt: "Die Verwendung der sogenannten Gendersprache ist Ausdruck einer ideologischen Auffassung, die das biologische Geschlechtersystem von Männern und Frauen infrage stellt", heißt es da. Und weiter: "Eine deutliche Mehrheit von etwa zwei Dritteln der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland lehnt die Einführung einer sogenannten Gendersprache ab."

"Elitenprojekt kleiner Minderheit"

Auch in der Debatte machte die CDU klar, warum sie gegen Gendern ist. So betonte der CDU-Abgeordnete Christoph Zippel, Gendersprache sei ein "Eliteprojekt einer kleinen Minderheit". Das gefiel nicht nur den Kolleginnen und Kollegen seiner eigenen Fraktion, sondern auch der AfD. Sie unterstützte den Antrag, er bekam die Mehrheit.

Es handelt sich dabei allerdings nicht um eine gesetzliche Vorgabe, sondern nur um einen Appell. Der aber beschränkt sich nicht auf Landesregierung und Landtag selbst, sondern geht auch an nachgeordnete Einrichtungen des Landes (Schulen, Hochschulen, öffentlich-rechtlicher Rundfunk). Ausdrücklich wird in dem deutschlandweit einzigartigen Beschluss auf die Verwendung des "generischen Maskulinums" verwiesen.

In Thüringen regiert eine Minderheitenregierung aus Linken, Grünen und SPD unter Führung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). Die Koalition hatte im Landtag noch versucht, einen Kompromiss zu finden, und ihren Antrag "Selbstverpflichtung zu einer respektvollen Kommunikation" genannt. Man möge sich zu "mehr Sprachsensibilität" bekennen und unterstütze "einen entspannten Umgang mit Sprache". Die SPD-Abgeordnete Cornelia Klisch bezeichnete die gendersensible Sprache als "legitimes Mittel, die Gleichheit der Geschlechter zum Ausdruck zu bringen". Doch damit kam das Bündnis nicht durch.

Mangelnde Abgrenzung

Bemerkenswert ist der Beschluss nicht nur inhaltlich, sondern auch in der Art, wie er zustande kam. Die Bundes-CDU schaut immer wieder argwöhnisch nach Thüringen, weil man es dort ihrer Meinung nach mit der Abgrenzung zur AfD nicht so genau nimmt. Zur Erinnerung: Am 5. Februar 2020 hatte eine Mehrheit aus CDU, AfD und FDP den FDP-Politiker Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten gewählt. Dies galt als "Tabubruch", zum ersten Mal hatten CDU und FDP mit der AfD gemeinsame Sache gemacht.

Wenige Tage danach trat Annegret Kramp-Karrenbauer als CDU-Chefin zurück. Sie hatte versucht, die Thüringer CDU "auf Linie" zu bringen – keine gemeinsame Sache mit der AfD zu machen –, war aber gescheitert. Grundsätzlich gilt in der CDU seit einem Parteitagsbeschluss im Jahr 2018: "Die CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab."

Nach der Wahl Kemmerichs in Thüringen ergänzte das CDU-Präsidium am 7. Februar 2020: "Für die CDU Deutschlands gilt: Es gibt keine Zusammenarbeit mit der AfD – weder in direkter noch in indirekter Form." Am Wochenende ist übrigens auch der umstrittene AfD-Politiker Björn Höcke als Chef der Thüringer Landespartei wiedergewählt worden. Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert extremistische Bewegung eingestuft. (Birgit Baumann aus Berlin, 11.11.2022)