Der mutmaßliche FTX-Hacker wurde identifiziert.

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Die schlechten Nachrichten rund um die Kryptobörse FTX wollen nicht abbrechen. Nachdem die Übernahme durch den Branchenführer Binance scheiterte, meldete das Unternehmen am Freitag Insolvenz an. Der in Kritik geratene Sam Bankman-Fried trat von seiner Rolle als CEO zurück, mittlerweile wird ein Schaden in Milliardenhöhe befürchtet. Als würde das nicht reichen, gab FTX am Samstag bekannt, eine Reihe von "nicht autorisierten Transaktionen" registriert zu haben. Insgesamt seien etwa 266 Millionen US-Dollar abgeflossen, das Blockchain-Sicherheitsunternehmen Hacken spricht sogar von mehr als 450 Millionen Dollar.

Schnell kamen Gerüchte über einen möglichen Hack auf, verbliebene Vermögenswerte wurden deshalb rasch in eine Cold-Wallet transferiert. Dabei handelt es sich um einen möglichst sicheren Offline-Speicher für den Zugangsschlüssel zu Krypto-Assets. Noch am selben Tag twitterte Ryne Miller, Chefjurist von FTX U.S., dass es einen "unbefugten Zugriff auf bestimmte Vermögenswerte" gegeben habe. Laut ihm habe FTX bereits die Strafverfolgungs- und zuständigen Regulierungsbehörden kontaktiert.

"Unerfahrener Insider"

Andere wollen den mutmaßlichen Täter bereits identifiziert haben. Konkret schaltete sich am Samstag Nick Percoco in die Diskussion ein. Er ist Sicherheitschef der konkurrierenden Kryptobörse Kraken. "Wir kennen die Identität des Nutzers", schrieb dieser am Samstag auf Twitter. Zuvor behauptete Mario Nawfal, Chef des Blockchain-Beratungsunternehmens IBC Group, dass Kraken für die Auszahlung von Teilen des gestohlenen Kryptovermögens genutzt worden sei.

Beim Dieb soll es sich laut Hacken-CEO Dyma Budorin um einen "unerfahrenen FTX-Insider" handeln. Er habe unter anderem den Fehler gemacht, sein privates Kraken-Konto für die Abbuchung von Assets zu nutzen, schreibt er. Deshalb sei es möglich gewesen, den mutmaßlichen Täter so schnell zu identifizieren.

Wie eingangs beschrieben, wurden alle bei FTX verbliebenen Krypto-Vermögenswerte mittlerweile offline genommen. Zuvor waren diese in sogenannten Hot Wallets zu finden – also auf den Servern des Unternehmens gespeichert. Das ermöglicht Cyberkriminellen einen einfacheren Zugriff auf die Assets.

Verschwundenes Vermögen

Die geschätzten Gesamtschäden der FTX-Pleite bewegen sich bereits im Milliardenbereich, auch für Anlegerinnen und Anleger. Mindestens eine Milliarde US-Dollar an Kundengeldern sollen verschwunden sein, berichtet Reuters unter Berufung auf mit dem Fall betraute Personen. Insgesamt habe Bankman-Fried zehn Milliarden Dollar von FTX an seine Tradingfirma Alameda überwiesen, ein großer Teil sei laut der Nachrichtenagentur mittlerweile verschwunden.

Einen kurzen Lichtblick gab es für FTX Anfang der Woche, als die Kryptobörse Binance ankündigte, den ins Straucheln gekommenen Konkurrenten übernehmen zu wollen. Nach Abschluss der Due-Diligence-Prüfung dauerte es nicht lange, bis Binance vom angekündigten Deal zurücktrat. FTX‘ Probleme würden "außerhalbunserer Kontrolle oder unserer Fähigkeiten zu helfen" liegen, schrieb das Unternehmen. Medienberichten zufolge haben nun auch die US-Börsenaufsicht SEC und das Justizministerium Untersuchungen eingeleitet. Der STANDARD berichtete.

Weitreichende Auswirkungen

FTX hatte am Freitag in den USA Gläubigerschutz beantragt. Firmengründer Sam Bankman-Fried trat zwar als Chef zurück, erklärte aber, er wolle die Übergabe an den neuen Chef John J. Ray III. begleiten. FTX war in den vergangenen Tagen in Schieflage geraten, weil Kunden massenhaft Gelder abgezogen hatten. Die Notlage von FTX versetzte den Kryptowährungsmarkt in Turbulenzen. Die älteste und wichtigste Cyber-Devise Bitcoin und die Nummer zwei Ethereum verloren in den vergangenen Tagen deutlich an Wert. In den USA wurden Forderungen nach einer strengeren Regulierung der Branche lauter. (mick, APA, 13.11.2022)