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In vielen Bereichen der grünen Jobs sind Fachkräfte gefragt.

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Mit großer Wahrscheinlichkeit wird 2022 als eines der heißesten Jahre seit Beginn der Messungen in die Geschichte eingehen, prognostiziert die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Durch den von Menschen verursachten Klimawandel ist laut einer Analyse des Beraterhauses Deloitte jeder vierte Arbeitsplatz betroffen. Weltweit sind das mehr als 800 Millionen Jobs. Die Wirtschaft steht vor weitreichenden Veränderungen. Schon jetzt wird in immer mehr Betrieben auf Nachhaltigkeit gesetzt. Kreislaufwirtschaft ist keine unbekannte Größe, und nicht zuletzt wegen der hohen Energiekosten wird in vielen Bereichen nach Alternativen gesucht. Der Übergang zu einer klimaschonenderen Wirtschaft könne nur mit einer "grünen" Arbeiterschaft gelingen, heißt es in der Analyse von Deloitte weiter.

Aber was ist eigentlich ein Green Job? In der Europäischen Union (EU) hat man sich auf eine sehr breite Definition geeinigt: Green Jobs sind Arbeitsplätze in der Herstellung von Produkten, Technologien und Dienstleistungen, die Umweltschäden vermeiden und natürliche Ressourcen erhalten. Diese Arbeitsplätze findet man in den verschiedensten Sparten wie naheliegenden Beispielen in den Sektoren. Berufe mit hohem Qualifikationsniveau können ebenso dazugehören wie Lehrberufe oder Hilfsarbeiten.

Der Hauptzweck von Green Jobs ist der Beitrag zum Umweltschutz. Daher können in allen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen Green Jobs gefunden werden bzw. können sich bestehende Berufsbilder zu Green Jobs wandeln. Daher werden zu den grünen Jobs auch Berufe wie Landschaftsgärtnerin, Nationalparkranger oder Naturkosmetikerin gerechnet. Demnach ist mittlerweile jeder 20. Job bereits ein Green Job. Und: Green Jobs sind auch begehrt. Laut einer Umfrage des Verbands Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB) unter 1500 befragten Personen zwischen 14 und 69 Jahren zeigen 43 Prozent Interesse an einem Green Job, bei den 14- bis 18-Jährigen sind es 60 Prozent.

Begehrte Jobs

Für Mariana Kühnel, stv. Generalsekretärin der Wirtschaftskammer Österreich, könne die Attraktivität der Green Jobs auch zu einem Turbo für Lehrberufe werden. "Grüne Lehrberufe sind angesichts der Klima- und Energiewende enorm nachgefragt. Die Aussicht, einen zukunftssicheren Job auszuüben und etwas zum Umweltschutz beizutragen, ist für junge Menschen besonders attraktiv", sagt Kühnel. Das Meinungsforschungsinstitut Market hat dafür Schülerinnen und Schüler der neunten Schulstufe befragt. Abgefragt nach einer Notenskala gaben 86 Prozent an, dass Green Jobs deswegen für sie interessant sind, weil sie hier etwas für den Umweltschutz tun können, 82 Prozent sehen interessante Tätigkeitsfelder, 72 Prozent sehen zukunftssichere Jobs.

Die weitgefasste Definition der Green Jobs macht es aber schwierig, konkrete Zahlen zu nennen, wie hoch der Bedarf an Fachkräften insgesamt ist. Beim Arbeitsmarktservice (AMS) wird grundsätzlich zwischen Green Jobs im engeren Sinn und klimarelevanten Jobs unterschieden. Für grüne Jobs qualifiziert man sich allein durch die Ausbildung. Dazu gehört beispielsweise der Lehrberuf Entsorgungs- und Recyclingsfachkraft oder auch Energietechniker für erneuerbare Energien. Klimarelevante Berufe sind jene, die durch Zusatzausbildungen diese Bereiche abdecken, beispielsweise Installateure, die auch Photovoltaikanlagen montieren können, oder Karosseriebautechniker mit Entsorgungs- und Recycling-Qualifikationen.

Offene Stellen

Vor allem bei den klimarelevanten Jobs sind Fachkräfte gefragt. Mit Stand 31. Oktober waren 13.000 offene Stellen (ohne den Bereich öffentlicher Verkehr) beim AMS gemeldet, bei denen klimarelevante Zusatzqualifikationen gefragt waren, dem gegenüber stehen gut 10.000 arbeitssuchend Gemeldete mit solchen Zusatzausbildungen. Bei den Green Jobs im engeren Sinn gab es zum selben Zeitpunkt 1000 offene Stellen und 1600 Arbeitssuchende.

In Österreich waren 2008 rund 162.700 Beschäftigte (in Vollzeitäquivalenten) in der Umweltwirtschaft tätig. 2020 waren es laut Statistik Austria bereits knapp 188.000, die in diesem Bereich tätig waren, Tendenz weiter steigend. Erwirtschaftet wurde 2020 insgesamt ein Produktionswert von 41,6 Mrd. Euro (2008 knapp 31 Mrd.), die Bruttowertschöpfung belief sich auf 17 Mrd. Naheliegend, dass der Sektor Energiewirtschaft hier den größten Beitrag leistete. In diesem Bereich lässt sich der Fachkräftemangel auch beziffern. Bis 2030 werden in Österreich allein im Bereich Photovoltaik 30.000 Fachkräfte gesucht, prognostiziert beispielsweise der Photovoltaik-Branchenverband (PVA).

Personelle Engpässe gibt es aber auch bei Energieplanern und Installateuren. Damit Österreich, wie von der Bundesregierung geplant, bis 2040 klimaneutral wird, muss die Dekarbonisierung in allen Bereichen – dem Verkehr, der Industrie, aber auch in den privaten Haushalten – vorangetrieben werden. Um die Umrüstung in den privaten Heizungsanlagen bewerkstelligen zu können, braucht es laut dem Haus- und Systemtechnikhersteller Stiebel Eltron zusätzlich 10.000 Fachkräfte im Bereich Planung und Installation.

Maßgeschneiderte Ausbildung

Um die steigende Nachfrage stillen zu können, wurde im April die Umweltstiftung von der Regierung und dem AMS ins Leben gerufen. Damit sollen in den kommenden drei Jahren bis zu 1000 arbeitssuchende Personen in den Bereichen Klima und Nachhaltigkeit aus- oder weitergebildet werden. Die Ausbildungen dauern zwischen sechs Wochen und drei Jahren, auch ein FH-Abschluss ist möglich. Dafür werden 17,5 Millionen Euro investiert. "Die Umweltstiftung zählt aktuell 82 Teilnehmer, die nach Abschluss der Ausbildung auch gleich von Betrieben übernommen werden", sagt Mathieu Völker, Sprecher des AMS. Für weitere 47 offene Stellen in Unternehmen wurde die Umweltstiftung beauftragt, arbeitslose Personen zu qualifizieren.

Für Galcier steckt aber ohnehin in jedem Job ein Green Job. Das Klima-Start-up hat sich auf Corporate Climate Education spezialisiert, mit dem Ziel, Klimabewusstsein im Kern eines jeden Unternehmens zu verankern – und dieser Kern ist für die beiden Glacier-Gründer, Andreas Tschas und Rainhard Fuchs, jeder einzelne Mitarbeiter. (Gudrun Ostermann, 2.12.2022)