Die Statistik Austria fordert mehr Daten.

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Die Regierung hat erstmals zusätzliche Datenbanken für Forschungszwecke freigegeben. Den Auftakt gemacht hat das Bildungsministerium mit Studenten- und Bildungsdaten. Statistik Austria Generaldirektor Tobias Thomas plädiert im APA-Gespräch dafür, weitere Informationen für die Forschung zu öffnen – etwa zu Förderungen und Gesundheit. Neue Impulse erwartet er sich auch durch 2023 umzusetzende EU-Vorgaben, die u.a. zentrale Koordinationsstellen für staatliche Daten vorsehen.

Thomas pocht insgesamt auf eine Verbesserung des österreichischen "Datenökosystems". Er verweist etwa darauf, dass zur Abfederung der Energiekrise Förderungen "mit der Gießkanne ausgeschüttet" wurden, weil das Finanzministerium den konkreten Bedarf der einzelnen Haushalte nicht ermitteln konnte. Handlungsbedarf sieht er hier auch durch europäische Vorgaben ("Data-Governance-Act"), die bis September 2023 umzusetzen sind.

Datenlücken schließen

Die darin vorgesehene zentrale Informationsstelle für staatliche Daten könne Mehrfacherhebungen vermeiden und Datenlücken schließen, meint Thomas. Ob die Statistik Austria diese Rolle übernehmen könnte, lässt er offen. Die Entscheidung darüber liege beim Gesetzgeber, aber: "Zumindest erfüllen wir die Kriterien, die von Experten als sinnvoll gesehen werden." Denn ihre Unabhängigkeit und Themenkompetenz seien der Statistik Austria durch einen Peer Review Bericht des Europäischen Statistiksystems eben erst bestätigt worden.

Zumindest für den Zugang zu personen- und unternehmensbezogenen Forschungsdaten ist die Statistik Austria bereits seit Juli eine zentrale Anlaufstelle. Beim "Austrian Micro Data Center" (AMDC) sind mittlerweile 26 Forschungseinrichtungen akkreditiert. Die ersten drei Projekte sollen demnächst starten. Inhaltlich geht es dabei um die Frage, ob weibliche Mitarbeiterinnen in exportorientierten Unternehmen bessere Karrierechancen haben sowie um den Zusammenhang zwischen Bildung und Erwerbschancen.

Mikrodaten

Das AMDC soll die Auswertung personen- und unternehmensbezogener "Mikrodaten" bei gleichzeitiger Absicherung des Datenschutzes ermöglichen. Ob neben den Daten der Statistik Austria auch jene von Regierung und Sozialversicherungen für die Forschung geöffnet werden, müssen die zuständigen Ministerinnen und Minister allerdings erst entscheiden.

Den Auftakt hat das Wissenschaftsministerium nun jedenfalls gemacht und per Verordnung die Prüfungsaktivitäten von Studentinnen und Studenten, die Kooperationsdatenbank des Österreichischen Auslandsdienstes sowie das "Schulformenregister" freigegeben. Dort wird erfasst, welche Ausbildungen an den Schulen angeboten werden.

Neue Datenquellen

Weitere wertvolle Datenquellen wären laut Thomas etwa die Unternehmensförderungen, um deren Wirksamkeit zu untersuchen, sowie die Gesundheitsdaten der Sozialversicherungen. "Jedes Ministerium verfügt über Mikrodaten. Je mehr die Ressorts freigeben, desto mehr wird der Wissenschaftsstandort Österreich gestärkt und desto besser werden die Grundlagen für eine evidenzbasierte Politikgestaltung", betont Thomas.

Ihre Evaluierung durch das Europäische Statistiksystem hat die Statistik Austria am Montag veröffentlicht. Der Bericht attestiert der Statistik Austria Unabhängigkeit und Professionalität und lobt u.a. die Transparenz der Vorab-Übermittlung von Daten an öffentliche Stellen. Allerdings enthält der Bericht auch eine Reihe von Empfehlungen – darunter die Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierung, die stärkere Kooperation mit der Forschungscommunity und die Überprüfung der Trennung von Finanz- und Fachverantwortung. Die diesbezügliche Doppelgleisigkeit in Geschäftsführung und Aufsichtsgremien bewertet der Bericht als "sub-optimal". (APA, 14.11.2022)