Uhrmacher am Spittelberg

Alte Uhren haben Moritz Goldman schon als Bub fasziniert. "Meine ersten Zeitmesser hab ich mir auf dem Flohmarkt gekauft", erinnert er sich. "Damals war ich vielleicht zwölf Jahre alt und mit meinem Papa unterwegs." Der habe, wie er sagt, einen "Uhrentick" gehabt. Das dürfte auf den Knaben abgefärbt haben, der die Wiener Uhrmacherschule besuchte, um sich nach dem Bundesheer beruflich seiner Leidenschaft zu widmen. Im siebten Wiener Gemeindebezirk betreibt der 38-Jährige heute ein Geschäft samt Werkstatt. Seine internationale Kundschaft besteht vor allem aus Sammlern. Goldman ist Spezialist für Zeitmesser aller Epochen und Vintage-Uhren, die besonders nachgefragt werden. Die lassen sich auch nach Jahrzehnten, gar Jahrhunderten noch reparieren.

Uhrmacher Moritz Goldman mit seinen Schätzen.
Foto: Julia Rotter

Vor ihm auf dem Werktisch steht eine "horizontale" Messing-Tischuhr aus dem 17. Jahrhundert, Herkunftsland Italien. Sie hat nur einen Zeiger. Auch ihr "Antrieb" ist speziell. Er besteht aus einer Schnecke und einer Kette. "Um so ein Prachtstück zu reparieren, braucht man viel Know-how, Geduld und Fingerspitzengefühl", erklärt der Uhrmacher. Vieles von dem, was es brauche, um einer jahrhundertealten Uhr wieder Leben einzuhauchen, habe er sich autodidaktisch angeeignet. "Ich habe auch dem einen oder anderen Meister dabei über die Schulter geschaut", sagt er. Von denen gebe es immer weniger, wie er mit Bedauern feststellt. Was auch immer die Zukunft bringen wird, meint er: "Meine Liebe zu Uhren wird bleiben." (Markus Böhm)

Uhrmacher am Spittelberg: Reparatur, Restaurierung, Verkauf, Ankauf von antiken und Vintage-Uhren. Burgg. 11, 1070 Wien, +43 680 134 2002, uhrmacher-vintage.com

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Wochenend-Webkurs

Der dunkle Hochwebstuhl passt gerade so in das kleine Atelier von Gundula Hickisch. Ihre Mutter hat ihn von einem Tischler bauen lassen, jahrelang stand er im Innviertler Bauernhaus der Eltern herum, irgendwann landete er dort sogar auf dem Getreideboden. Bis Hickisch in Wien endlich genügend Platz hatte. Ihr Vorhaben: Wandbehänge weben.

Das kleine Web-Atelier von Gundula Hickisch.
Foto: Julia Rotter

Jetzt ist er einer von vielen in dem wenige Quadratmeter umfassenden Atelier, das die ausgebildete Kunsthistorikerin im fünten Bezirk angemietet hat. Im Raum nebenan gibt die 38-Jährige Webkurse. Wie sie auf diese Idee kam? Hickisch, die zuvor für die EZA Fairer Handel gearbeitet hat, war eine Zeitlang selbst auf der Suche nach Menschen, die ihr das Handwerk vermitteln.

Die Kunsthistorikerin wurde fündig: Ihre erste Ansprechpartnerin war Ulrike Alps vom Textilen Zentrum Haslach, an der Landeslehranstalt in Imst in Tirol lässt sie sich nun zur Webmeisterin ausbilden – gleichzeitig will sie ihr Wissen an Interessierte niederschwellig weitergeben. Im Rahmen von Wochenendkursen, mit wenigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Was dort entstehen kann? Abstrakte Kunstwerke – sogar Grundrisse von Wohnungen – haben Hickisch schon zu gemusterten Webstücken inspiriert. Auf ihrem Instagram-Kanal lassen sie sich bewundern. (Anne Feldkamp)

Gundula Hickisch: Die nächsten Webkurse finden an den Wochenenden vom 21. und 22. Jänner sowie am 4. und 5. März (jeweils Samstag 10–17 Uhr, Sonntag 10–14 Uhr) in Wien statt. Der Kurs kostet mit Verpflegung 280 Euro. gundulahickisch.com, instagram.com/gundula.hickisch

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Atelier Kintsugi und Urushi

An einem kleinen Schaufenster in der Strozzigasse stehen bunte Vasen und Schüsseln, die mit feinen goldenen Linien überzogen sind. Bei genauerer Betrachtung wird schnell klar: Die Goldlinien sind mehr als bloß Zierde, sie halten die vormals gebrochenen Stücke zusammen – eine Technik, die Kintsugi heißt. "Kintsugi ist Jahrhunderte alt und kommt aus Japan. Wörtlich übersetzt bedeutet es: etwas mit Gold oder Metall zusammenfügen", erklärt Yamuna Valenta. Sie hat die Technik viele Jahre lang in Tokio und Kioto studiert, wo sie 2019 promovierte. Hinter Kintsugi steckt die Idee, dass ein Stück schöner wird, wenn es zerbricht und ausgebessert wird – trotz der sichtbaren Risse. Das Unvollkommene wird nicht versteckt, sondern künstlerisch betont.

Yamuna Valenta hat die Jahrhunderte alte Technik Kintsugi viele Jahre lang in Tokio und Kioto studiert.
Foto: Julia Rotter

Anfang November eröffnete die 36-Jährige ein Atelier im achten Wiener Bezirk. "Wir haben einfach viel zu viel Zeug. Es muss mehr repariert werden. Meine wichtigste Agenda ist momentan, dass die geplante Obsoleszenz aufhört", sagt die Wienerin. Durch ihre Kintsugi-Arbeit will sie einen Beitrag dazu leisten. Im Atelier wird zerbrochene Keramik vom Häferl bis zur Vase repariert. Auf dem alten Schreibtisch liegen Scherben und bruchstückhafte Schüsseln. "Ich habe gerade begonnen, auch Schmuck und kleine Kunstobjekte zu machen", erzählt die studierte Produktdesignerin.

Valenta bietet auch Workshops an, in denen Interessierte die Kintsugi-Technik selbst lernen können. Der Prozess dauert, ist im Grunde aber simpel. Das Zerbrochene wird mit Urushi-Lack geklebt und mehrere Wochen lang getrocknet. Die Fehlstellen werden aufgefüllt und geschliffen, dann wird das Gold aufgetragen. "Man braucht eigentlich nicht viel, nur Zeit", sagt Valenta (Judith Steinkellner)

Atelier Kintsugi und Urushi: Reparatur zerbrochener Keramik mit Urushi und verschiedenen Finishings von Zinn bis Gold, Kurse zum Erlernen der Urushi- und Kintsugi-Technik, Strozzigasse 27, 1080 Wien, +43 650 242 1569, jeden zweiten Mo. 10–16 Uhr, Fr. 14–18 Uhr, Sa. 10–16 Uhr sowie nach Vereinbarung, kintsugi.wien

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Wiener Füllfeder Werkstätte

Die Ecke Lerchenfelder Straße / Kellermanngasse ist in Wien ein federführendes Geschäft. Das wissen alle, die den Grahofers schon einmal ihre liebgewonnene alte Füllfeder zur Reparatur anvertraut oder eine maßgeschneiderte neue erstanden haben. 1986 gründete der mittlerweile verstorbene Leopold Grahofer – Insidern war er als "Penleo" bekannt – das Unternehmen noch an einem anderen Standort. Aus Liebe zu Schreibgeräten gab der studierte Biologe damals seinen Job beim Forschungszentrum Seibersdorf auf.

Georg Grahofer in dem schönen Eckhaus in Wien-Neubau hinter dem verglasten Tresen.
Foto: Julia Rotter

Seit 2007 sitzt nun sein Sohn Georg Grahofer in dem schönen Eckhaus in Wien-Neubau hinter dem verglasten Tresen mit der beeindruckenden Sammlung an restaurierten Füllern. Auch Georg hat erst über Umwege zur Füllfeder gefunden. Der 38-Jährige studierte zunächst in England Textil- und Modedesign, wovon eine kleine Kollektion an Graffiti-T-Shirts in seinem Geschäftslokal zeugt.

Das Hauptaugenmerk von Grahofer junior gilt aber vor 1960 hergestellten Füllern, die aus Kunststoffen ohne Erdölbasis auf der Drehbank erzeugt wurden, weil sich diese hervorragend reparieren lassen. Doch in der Wiener Füllfeder Werkstätte und in einer zweiten kleinen Manufaktur in Pöchlarn werden auch neue Füller auf einer alten Drehbank und teilweise aus alten Materialbeständen liebevoll von Hand und nach traditioneller Methode hergestellt. Preisspanne: rund 150 bis 1000 Euro. (Sascha Aumüller)

Wiener Füllfeder Werkstätte: eigene Füllhaltermanufaktur und historische Modelle, Designerstücke von handbesprühten T-Shirts bis Modeschmuck, Lerchenfelder Straße 29, 1070 Wien, +43 1 513 8150, Di.–Fr. 10–13 Uhr und 15–18 Uhr sowie nach Vereinbarung, grasshopper.at

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Wauwau Pfeffermühlen

Es gibt sie in fast allen Formen und Farben: zeitlose Zylinder in Buche, geschwungene Türme mit Schachbrettmuster, grell-orange Kegel in Verkehrsoptik. Die Rede ist von Pfeffermühlen. Diese designt und produziert Thomas Kreuz seit den 90er-Jahren in Wien. 2009 öffnete der gelernte Goldschmied einen kleinen Shop in der Westbahnstraße im siebten Wiener Gemeindebezirk: Die hohen Wände sind aus Backstein, in Glasvitrinen reihen sich die bunten Mühlen aneinander. Diese gibt es mittlerweile auch für Chili, Muskat und seit rund zwei Jahren auch für Kaffee.

"Für ein gutes Essen braucht man guten Pfeffer", findet der Gewürzmühlenproduzent Thomas Kreuz.
Foto: Julia Rotter

"Das Herzstück der Mühlen ist das Mahlwerk", erklärt der 52-jährige Kreuz. Dieses wird im Hinterzimmer des Shops selbst produziert. Alle Mühlen entstehen in Handarbeit aus Holz und Edelmetall. Kreuz verzichtet bewusst auf Plastik. "Die Mühlen haben ihren Preis. Aber sie sind nachhaltig, zeitlos und praktisch unkaputtbar", erklärt der Designer. Hin und wieder würden alte, kaputte Mühlen vorbeigebracht. "Da baue ich dann einfach ein neues Mahlwerk ein, und sie funktionieren wieder", sagt er.

Kreuz selbst? Er ist erklärter Pfefferliebhaber und hat praktisch immer und überall Pfeffer dabei. Dafür hat er extra eine kleine "Reisemühle" in Streichholzschachtel-Größe designt. "Für ein gutes Essen braucht man guten Pfeffer", ist er überzeugt. Auch den kann man – zusammen mit den Mühlen – in seinem Shop kaufen.

WauWau Pfeffermühlen: Manufaktur für Pfeffer-, Chili-, Muskat- und Kaffeemühlen in verschiedenen Designs, diverse biozertifizierte Pfeffersorten, Stofftaschen und Schneidbretter, Westbahnstraße 7, 1070 Wien, +43 676 445 0367, Mo.–Fr. 11–13 u. 14–18 Uhr, Sa. 10–13 Uhr, wauwau.at

(Judith Steinkellner)

(RONDO, 28.11.2022)