Wann genau unsere Vorfahren mit dem Kochen begannen, ist in der Wissenschaft umstritten. Zwar gibt es immer wieder Funde uralter Feuerstellen mit verkohlten Tierknochen, die darauf hindeuten, dass Homo erectus – ein ausgestorbener Verwandter des modernen Menschen, der vor rund zwei Millionen Jahre auftauchte – in Äthiopien bereits vor 1,5 Millionen Jahren oder in China vor 700.000 Jahren Essen am Feuer zubereitet haben könnte.

Das zu beweisen ist freilich schwierig: Die antike Feuerstelle könnte nur zum Wärmen benutzt worden sein, so der Einwand. Die frühen Vertreter von Homo erectus hätten daneben rohes Fleisch gegessen und die Reste ins Feuer geworfen.

Faktum ist, dass nicht nur die Zähmung des Feuers vor rund 1,7 Millionen Jahren, sondern auch die Praxis des Kochens einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit markierte. Denn es wird angenommen, dass sie durch die Erleichterung des Kauens und Verdauens der Nahrung wesentlich zu unserer späteren Ausbreitung über die ganze Welt beigetragen hat. Diese erste Verbreitung "out of Africa" fand bereits durch Homo erectus statt, ehe sie vor rund 200.000 Jahren von Homo sapiens wiederholt wurde und zu den heutigen acht Milliarden führte.

780.000 Jahre alte Fischzähne

Die Ausbreitung von Homo erectus deutet also darauf hin, dass er schon kochen konnte. Israelische Fachleute um die Archäologin Irit Zohar (Steinhardt-Museum für Naturgeschichte an der Universität Tel Aviv) behaupten nun, einen Beweis dafür gefunden und den frühesten "definitiven" Beweis für die Verwendung von Feuer zum Kochen – jedenfalls außerhalb Afrikas und von Fisch – entdeckt zu haben. Konkret handelt es sich um die 780.000 Jahre alte Fundstelle namens Gesher Benot Ya'aqov in der Nähe des Jordan-Ufers im Norden Israels, wo früher einmal ein See war.

So oder so ähnlich könnten vor fast 800.000 Jahren in der Nähe des Jordan Fisch gefangen und zubereitet worden sein.
Universität Tel Aviv

Wie Zohar, eine Spezialistin für archäologische Fischüberreste, gegenüber der Agentur AFP erklärte, stand sie bei der Analyse der Überreste zunächst vor einem großen Puzzle. Die Fundstelle enthielt nämlich vor allem Fischzähne, aber kaum Fischgräten, wie das Team im Fachblatt "Nature Ecology and Evolution" berichtet. Dieses Missverhältnis lieferte aber eine Spur zum Lösen des Rätsels: Die fehlenden Gräten könnten auf mit Feuer zubereitete Fische hindeuten, denn Fischgräten werden bei hohen Temperaturen weich und zerfallen. Die Fischzähne hingegen bleiben erhalten.

Zwei Meter große Karpfen

Im selben Gebiet fand ein Kollege von Zohar verbrannte Feuersteine und andere Hinweise darauf, dass die Fundstelle von Homo erectus als Feuerstelle genutzt worden war. Ein weiteres Indiz: Die meisten Zähne gehörten zu zwei besonders großen Karpfenarten, was darauf schließen lässt, dass sie wegen ihres Fleisches ausgewählt wurden, so die Studie. Einige der Karpfen waren übrigens bis zu zwei Meter lang.

Skelettteile eines modernen Karpfens. 780.000 Jahre alte Karpfenzähne deuten darauf hin, dass sie von gebratenen Fischen stammen dürften.
APA/AFP/Universität Tel Aviv

Den entscheidenden Beweis lieferte die Untersuchung des Zahnschmelzes der Fische, so Zohar. Das Team nutzte eine Technik namens Röntgenpulverdiffraktion, um herauszufinden, wie die Erhitzung die Struktur der Kristalle veränderte, aus denen der Zahnschmelz besteht. Beim Vergleich der Ergebnisse mit anderen Fischfossilien stellten sie fest, dass die Zähne einer Temperatur zwischen 200 und 500 °C ausgesetzt waren. Das sei auch der ideale Bereich für gut zubereiteten Fisch.

Wie unsere Vorfahren ihre Fische im Detail zubereitet haben, konnte die Studie nicht klären. Die Forscherin vermutet aber, dass unsere Vorfahren die FIsche nicht gegrillt, sondern eine Art Erdofen verwendet haben könnten.

Restzweifel bleiben

Freilich bleiben auch bei dieser Studie die oben angeführten Zweifel. So gibt Anaïs Marrast, eine Archäozoologin am französischen Nationalmuseum für Naturgeschichte, zu bedenken, dass auch in diesem Fall die Vertreter von Homo erectus eher "Karpfensushi" gegessen haben könnten, ehe sie die Reste der rohen Fischmahlzeit ins Feuer warfen. (red, tasch, 16.11.2022)