Geiselnehmer Elias Karo (Peter Franzén) in das "Helsinki-Syndrom" auf Arte.

Foto: Fisher King Oy

Berlin – Die Geiselnahme mitten in Helsinki ist bestens vorbereitet: Die Zeitungsredaktion betritt er als Handwerker verkleidet, an den Türen bringt er Sprengstoff mit Giftgas an. Eines seiner Opfer, einen Diabetiker, hängt er an einen Tropf mit Zucker, um seine Forderungen zu unterstreichen. In der Arte-Serie "Helsinki-Syndrom" will der fiktive Geiselnehmer Elias Karo aus seiner Sicht Gerechtigkeit erstreiten.

Dafür zwingt er vier Journalisten zu Recherchen über finnische Banken, die in den 1990er-Jahren wohl unzählige Menschen abzockten. Der Achtteiler von Arte, für den mit dem Norddeutschen Rundfunk und dem finnischen Sender Yle zusammengearbeitet wurde, ist donnerstags am 17. und 24. November in zwei langen Blöcken (jeweils ab 21.45 Uhr) zu sehen.

Die Serie erzählt einen Bankenkrimi in Thriller-Manier mit einem zielstrebigen, aber letztlich auch immer wieder verunsicherten, mit seiner eigenen Aktion hadernden Täter. Vor allem in den vielen Rückblenden machen Peter Franzén als Elias und Robert Enckell als sein Vater Pekka die Verzweiflung spürbar, wenn Banken ihren Kunden überhöhte Kredite andrehen, Sicherheiten plötzlich nichts mehr wert sind – und sich die Schuldenspirale immer weiter dreht.

Akribische Vorbereitung auf die Geiselnahme

Elias Erinnerungen in den Rückblenden handeln von schweren finanziellen Sorgen, vom Suizid des Vaters und seiner akribischen Vorbereitung auf die Geiselnahme. Nach Jahren des Frusts will er nun mit maximalem Druck zu seinem Recht kommen. Er klagt ein System an – und erinnert daran, dass ein System auch immer von irgendwem aufgebaut und getragen wird. Schuldig sind für ihn "Banken, und in Banken arbeiten Menschen".

Bei seiner Wild-West-Aktion hofft er auch darauf, dass sich die Menschen vor den Fernsehbildschirmen mit ihm solidarisieren. Der Netflix-Kracher "Haus des Geldes" lässt grüßen – allerdings vermochte es das spanische Format weitaus besser, die Zuschauer emotional an seine kriminellen Hauptdarsteller zu binden.

Bei "Helsinki-Syndrom" dagegen bleiben die Charaktere auf Distanz trotz durchaus reizvollem Plot. Spannung wird so nur mit Verzögerung erzeugt, woran auch die langen Einstellungen und der für heutige Produktionen ungewöhnlich langsame Schnitt verantwortlich sein dürften. In Finnland kam das Konzept sehr gut an: Laut Arte schauten dort rund eine Million Menschen die Serie – und damit fast 20 Prozent der Bevölkerung. (APA, 15.11.2022)