Die Pleite von FTX wirft die Frage auf, wie Kryptobörsen funktionieren und was sie voneinander unterscheidet.

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Der Zusammenbruch der Kryptobörse FTX und seine Folgen schlagen hohe Wellen. Dass der Crash ausgerechnet in einer heiklen Phase des Marktes passiert ist, verschlimmert die Situation zusätzlich. Die FTX-Pleite führt wieder die Problematik zentralisierter Kryptobörsen als Dienstleistende vor Augen, die derzeit nur – wenn überhaupt – einer schwachen Regulierung unterworfen sind. Aber gilt das für alle Kryptobörsen? Wie unterscheiden sie sich voneinander? Der STANDARD beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.

Frage: Was genau kann man an Kryptobörsen kaufen?

Antwort: Kryptobörsen stellen zunächst je nach Größe dutzende bis hunderte Währungspaare für den Handel zur Verfügung. Diese Währungspaare ermöglichen es, Fiatgeld wie zum Beispiel Euro oder US-Dollar gegen Kryptowährungen zu tauschen. Lautet das Währungspaar beispielsweise Euro (EUR) – Bitcoin (BTC), lässt sich damit die eine gegen die andere Währung tauschen, ein Orderbuch garantiert den besten Preis. In weiterer Folge lassen sich auch Kryptowährungen untereinander tauschen, sofern es die vorhandenen Währungspaare unterstützen. Die Börse selbst verdient an jedem einzelnen Handel mit.

Größere Börsen bieten zudem weitere Finanzprodukte an, bei denen Nutzerinnen und Nutzer ihre Einlagen der jeweiligen Plattform zur Verfügung stellen können und dafür Zinsen erhalten. Das Erwirtschaften eines passiven Einkommens birgt aber besondere Risiken (siehe Verwahrung).

Frage: Zentralisierte und dezentralisierte Kryptobörse – was ist der Unterschied?

Antwort: Bei Kryptobörsen gibt es einen wesentlichen Unterschied: Zentralisierte Börsen wie Coinbase, Binance oder eben FTX werden von Dienstleistern betrieben, die für Transaktionen der Handelnden auf ihrer Plattform Gebühren verlangen. Diese Gebühren können je nach Art der Transaktion sehr hoch ausfallen.

Bei dezentralisierten Kryptobörsen wie Uniswap oder Curve hingegen wird der Handel nicht über einen Mittelsmann, sondern über Liquiditätspools und Smart Contracts abgewickelt. Diese Pools werden von Nutzern zur Verfügung gestellt, damit andere handeln können. Im Gegensatz zu zentralisierten Börsen kann das ein Nachteil sein: Die Liquidität und die Handelsvolumina fallen oft gering aus.

Frage: Was ist notwendig, um an einer Kryptobörse handeln zu können?

Antwort: An zentralisierten Kryptobörsen hängen der Aufwand und die Preisgabe eigener Daten vom beabsichtigten Investment ab. Will man nur ganz kleine Beträge an der Börse handeln, erfordern Transaktionen über eine einfache Registrierung hinaus keine Verifizierung.

Ab bestimmten Beträgen müssen Handelnde allerdings Ausweisdokumente hinterlegen. Je nach Börse und persönlichen Einstellungen gibt es bei jeder Anmeldung und/oder Transaktion unterschiedliche Möglichkeiten für den Verifikationsprozess: Dieser kann über die Eingabe eines im Vorfeld festgelegten PIN-Codes erfolgen, über einen Zahlencode, den man per E-Mail erhält, oder über Zwei-Faktor-Authentifizierung.

Bei dezentralen Börsen hingegen entfällt die Verifikation derzeit noch komplett. Das könnte sich im Zuge regulatorischer Maßnahmen in Zukunft allerdings ändern.

Frage: Wie entstehen Kurse an den Kryptobörsen?

Antwort: Die Kursentwicklung an Kryptobörsen ist mit Kursen traditioneller Börsen vergleichbar: Der Preis wird von Angebot und Nachfrage bestimmt. Vereinfacht gesagt: Wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt mehr Handelnde kaufen wollen als verkaufen, dann steigt der Preis – und umgekehrt.

Je nach Kryptobörse können die Preise von Währungspaaren allerdings um mehrere Prozentpunkte variieren. Die Überblicksplattform Coinmarketcap.com kann in diesem Zusammenhang einen guten Überblick über Durchschnittspreise geben, sie ist allerdings auch mit Vorsicht zu verwenden, da sie mittlerweile im Besitz der größten Kryptobörse Binance ist.

Frage: Wo werden die an der Kryptobörse gekauften Währungen verwahrt?

Antwort: Die an der zentralisierten Kryptobörse gekauften Währungen werden in sogenannten Hot Wallets aufbewahrt. Das bedeutet, dass die Schlüssel, die es einem ermöglichen, auf die Kryptowährung zuzugreifen, permanent online sind. Das hat den großen Nachteil, dass man nicht selbst im Besitz der Schlüssel ist, sondern darauf vertrauen muss, dass der Anbieter – in dem Fall die Börse – für entsprechende Sicherheit sorgt. Andernfalls kann es passieren, dass die Einlagen im Falle eines Hacks verlorengehen können.

Nutzt man Kryptowährungen nicht für andere Finanzprodukte, bei denen man sie einer Börse zur Verfügung stellt, um ein passives Einkommen zu lukrieren, empfiehlt sich daher die Verwendung einer sogenannten Cold Wallet. Jede Kryptobörse ermöglicht es, die Schlüssel für gekaufte Währungen auf einem externen Offline-Speicher abzulegen. Dort hat man selbst die Kontrolle über die eigenen Keys.

Dezentralisierte Börsen setzen voraus, dass verbundene Nutzer bereits ein Wallet besitzen, das sie mit der Börse verbinden müssen. Es liegen somit keine Assets direkt auf der Börse, womit dezentralisierte Börsen aus diesem Aspekt sicherer sind als zentralisierte.

Frage: Wovon hängt es ab, ob ein Währungspaar an der Börse gelistet wird oder nicht?

Antwort: Wird eine Kryptowährung ins Leben gerufen, müssen sich ihre Initiatoren bei den Kryptobörsen um einen Platz bewerben, damit sie gehandelt wird. Je größer die Börse ist, desto höher die Kosten. Das erklärt auch, warum kleine und/oder junge Kryptowährungen, die als "Geheimtipp" gehandelt werden, selten auf den großen Plattformen vorzufinden sind.

Frage: Wie werden Kryptobörsen kontrolliert?

Antwort: Weltweit einheitliche Standards zur Regulierung der Kryptomärkte und somit der Kryptobörsen gibt es keine. Kryptowährungen unterliegen derzeit noch kaum Vorschriften. Hier will die EU eine Vorreiterrolle einnehmen und mit "MiCA" ("Markets in Crypto Assets") eine Verordnung in Kraft treten lassen, die Anbietern entsprechender Dienstleistungen eine Reihe von Regeln vorschreiben wird.

Für Kryptodienstleister, die bis vor kurzem noch gar keine Verpflichtungen hatten und überhaupt erst seit 2020 Regeln unterworfen sind, dürfte die Verordnung aber in jedem Fall eine große Herausforderung darstellen. Bis dahin bleibt vor allem die unabhängige Überprüfung der Deckung von Kundengeldern freie Entscheidung der Börsen. (bbr, 16.11.2022)