Das Video zu "Last Christmas" verkörpert die Ästhetik der frühen 1980er wie kaum ein anderes.

Foto: Wham/George Michael

Weihnachten, das ist die Zeit von Lebkuchen und Spekulatius, Glühwein und Punsch, Shopping-Staus und fluchenden Eltern. Und festlicher Musik, die allerorts aus den Lautsprechern dröhnt. Es ist auch die Zeit des einen Lieds, dessen Klänge sich kollektiv in die Gehirne eingebrannt hat. Die insgeheim größte Weihnachtstradition überhaupt: "Last Christmas" von Wham.

Und sie ist auch der Ausgangspunkt für ein Spiel in sozialen Netzwerken, das sich seit ein paar Jahren steigender Beliebtheit zu erfreuen scheint. Es läuft seit 2010 und nennt sich "Whamageddon". Ziel ist es, es ab 1. Dezember möglichst lange – idealerweise bis Heiligabend – durch die Festzeit zu schaffen, ohne den Song gehört zu haben, wobei immerhin Remixes nicht gewertet werden. Wen es vorzeitig erwischt, scheidet aus und soll dies mit einem Posting dokumentieren.

Als Games-Redakteur ist man ja Härten gewohnt. Immer wieder "passieren" einem Tests, bei denen man Stunden mit einem Game zubringt, hinter dessen interessanter Fassade sich repetitive Langeweile, technische Gebrechen oder andere Defizite verbergen, die das Rezensieren zur Geduldsübung machen. Beim "Whamageddon" muss ich allerdings die Grenze ziehen.

WhamVEVO

Der Advent, ein Minenfeld

Dabei will ich gar nicht so sehr über das Lied selbst herziehen. Ja, nach tausendfachem Anhören quillt einem die Musik schon "the very next day" aus den Ohren heraus. Aber an sich ist es ja ein solides Werk, dessen instrumentaler Teil gut zur melancholischen Stimmung vieler Winterabende passt, auch wenn der Text mit dem religiösen Fest nur rudimentär zu tun hat. Nicht ohne Grund ist der Song zu einem Klassiker geworden, als den man ihn nach bald 40 Jahren jährlicher Wiederkehr mit Fug und Recht bezeichnen kann.

Das Problem am "Whamageddon" ist nicht "Last Christmas", sondern das Spielprinzip. Die Erfahrung lehrt, dass man nur an Bewerben teilnehmen sollte, wenn man zumindest eine realistische Chance haben will, ans Ziel zu gelangen. Als Stadtbewohner sehe ich mich hier chancenlos. Radiobeschallung im Supermarkt, Wintermärkte, beschallte Punschstände an gefühlt jeder Ecke – es ist ein Minenfeld da draußen.

No Chance

Ich müsste mich also mit Lebensmittelvorräten eindecken und 24 Tage lang in einem Panic-Room (oder zumindest meiner Wohnung) einbunkern oder mit absolut schalldichtem Gehörschutz den öffentlichen Raum durchqueren. Damit würde dank der Wiener Verkehrspolitik aus dem "Whamageddon" aber sehr schnell ein hochriskantes Survival-Game werden. Beide Optionen finde ich nicht sonderlich attraktiv, nicht nur, weil es außer Ruhm und Ehre nichts zu gewinnen gibt.

Also wird der Bewerb auch heuer wieder ohne meine Partizipation über die Bühne gehen. Ich wünsche aber allen Teilnehmern viel Erfolg und werde gelassen weiter an meinem Punsch schlürfen, wenn aus der Soundanlage am Christkindlmarkt das Lied über die gescheiterte Weihnachtsromanze erschallt. (Georg Pichler, 28.11.2022)