Rund ein Drittel aller in Österreich heimischen Tier- und Pflanzenarten gilt als gefährdet
Illustration: Fatih Aydogdu

Um die biologische Vielfalt steht es in Österreich nicht gerade zum Besten: Rund ein Drittel aller heimischen Tier- und Pflanzenarten gilt als gefährdet, eine allgemeine Trendumkehr zeichnet sich derzeit nicht ab. Und dennoch gibt es immer wieder Erfreuliches zu vermelden, etwa von den Mitgliedern des 2018 gegründeten Netzwerks Biodiversität Österreich.

Netzwerk für Biodiversität

Der Zusammenschluss von Institutionen, Vereinen und Einzelpersonen hat sich der Erhaltung und Förderung der österreichischen Artenvielfalt verschrieben. Dabei wird das Netzwerk in Projekten unter anderem vom Land Niederösterreich gefördert. Um zu zeigen, dass beherzte Initiativen große Wirkung zeigen können, präsentierten kürzlich verschiedene Mitglieder des Netzwerks Erfolgsgeschichten ihrer Arbeit.

Im Kärntner Ort Köttmannsdorf wurde etwa vom örtlichen Bienenzuchtverein das Projekt "Artenvielfalt in Köttmannsdorf – wir tun was" initiiert. Das Ziel ist es, in erster Linie die Situation für Bestäuberinsekten zu verbessern. Dafür werden etwa Thujenhecken durch insektenfreundlichere Gehölze ersetzt, Nektarbäume und -sträucher gepflanzt und artenreiche Blühstreifen angelegt. Im Rahmen einer Wiesenmeisterschaft werden die artenreichsten Wiesen der Gemeinde prämiert.

Zwergohreule im Aufwind

Damit verbessert sich nicht nur die Nahrungssituation für viele Insekten: Auch die stark gefährdete Zwergohreule profitiert davon. Die kaum Amsel-große Eule, die in Österreich nur noch in Kärnten, der Südoststeiermark und im Südburgenland vorkommt, braucht große Insekten wie Heuschrecken, Käfer und Schmetterlinge als Nahrung und Höhlen für ihr Brutgeschäft. Futter findet sie durch die Pflanzmaßnahmen in Köttmannsdorf nun wieder häufiger, für den nötigen Wohnraum stellen Ortsbewohnerinnen und -bewohner seit bald 30 Jahren Nistkästen zur Verfügung. Der Aufwand lohnt sich: Lebten 1995 noch zwei Brutpaare in der Gemeinde, sind es aktuell 50 – die größte Population Österreichs.

Heuer gab es rund 150 Jungvögel, was 2022 zum Rekordjahr macht. Laut der Köttmannsdorfer Ökologin Susanne Aigner beginnt die Art mittlerweile auch, Reviere außerhalb der Region zu besiedeln. In Ausbreitung begriffen ist auch der seit 30 Jahren bestehende Verein Regionale Gehölzvermehrung (RGV), dessen Ursprung in Niederösterreich liegt. Seine Mitglieder haben es sich zur Aufgabe gemacht, Garten- und Grundbesitzer mit besonders robusten einheimischen Bäumen und Sträuchern zu versorgen. Das Besondere: Angeboten wird nur Pflanzgut, das von wildwachsenden Mutterpflanzen der jeweiligen Region stammt.

RGV-Mitglieder sammeln die Früchte von rund 150 Gehölzarten, daraus wird Saatgut gewonnen, aus dem in Partner-Baumschulen wiederum neue Pflanzen gezogen werden. Diese werden in der Region zum Verkauf angeboten, aus der auch die Mutterpflanzen stammen. Der Vorteil: Die Pflanzen sind an die lokalen Boden- und Klimaverhältnisse angepasst und so sehr widerstandsfähig. Dazu wachsen sie zuverlässig und bieten wertvollen Lebensraum für Insekten und Wildtiere. Rund fünf Millionen heimische Wildgehölzarten konnten in den vergangenen 30 Jahren auf diesem Weg wieder in ihrer Heimat angepflanzt werden. Zusätzlich bietet der Verein Beratung dahingehend, welche Pflanzen für eine bestimmte Region am besten geeignet sind.

Mehr Flächen für die Natur

Weniger um einzelne Arten als um ganze ökologisch wertvolle Areale geht es beim 1990 gegründeten, vorwiegend im Most- und südlichen Waldviertel tätigen Verein Lanius, benannt nach dem Raubwürger (Lanius excubitor), einem typischen Wintergast des Mostviertels. Zwar führt der Verein auch zahlreiche Erhebungen bezüglich einzelner Pflanzen- und Tierarten durch, die als Indikatorarten für bestimmte Umweltverhältnisse dienen, doch der Fokus liegt auf dem Erhalt artenreicher Flächen. Dafür pflegen die rund 300 Mitglieder mittlerweile 50 Hektar Eigengrund, vorwiegend Trockenrasen. Zunehmende Bedeutung gewinnt auch eine neue Aufgabe: sich rechtlich bei Fällen einzubringen, in denen gegen Umweltschutzgesetze verstoßen wird. Die Erfolgsbilanz ist ausgezeichnet: "Was wir angreifen, gewinnen wir in der Regel", erklärt Fachbeiratsmitglied Wolfgang Stark.

Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme

Mit naturferneren Flächen befasst sich die Umweltschutzabteilung der Vorarlberger Landesregierung im Rahmen eines EU-Life-Projekts, in dem es um die naturnahe Gestaltung von Firmengeländen geht. Unter anderem wurden zwanzig ökologische Konzepte für Unternehmen erstellt, von denen elf zumindest teilweise umgesetzt sind: Die Natur profitiert durch mehr Flächen für Pflanzen und Tiere und die teilnehmenden Betriebe durch höheres Wohlbefinden der Belegschaft und ein verbessertes Image.

Beratung bei der Vermeidung von Lichtverschmutzung – also künstlichem Aufhellen der Nacht mit negativen Folgen für die Tierwelt – bekommt man bei der Tiroler Umweltanwaltschaft im Rahmen der Initiative "Helle Not". So wurde etwa die Beleuchtung eines Fußballplatzes in der Gemeinde Zirl so geändert, dass der angrenzende Auwald nun um ein Zehnfaches weniger bestrahlt wird. Um der Biodiversität Auftrieb zu verleihen, startete das Klimaschutzministerium mit dem Biodiversitätsfonds am 17. Oktober eine neue Förderschiene. Bis 2026 stehen 80 Millionen Euro für Projekte zum Schutz gefährdeter Arten und zur Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme zur Verfügung. Die Förderung richtet sich an NGOs, Gemeinden, Unis aber auch an Privatpersonen.
(Susanne Strnadl, 25.12.2022)