Covid-19 änderte die Art zu arbeiten schlagartig. In einer Erhebung sagten 60 bis 80 Prozent der Befragten, sich eine Beibehaltung mobiler Arbeit zu wünschen.
Illustration: Fatih Aydogdu

Obwohl Telearbeit als Mittel zur Zeitersparnis und Umweltschonung durch weniger Pendeln schon seit Mitte der 1990er-Jahre Thema ist, wurde Arbeit von daheim oder unterwegs vor der Pandemie nur in drei Viertel der österreichischen Unternehmen und dort nur von wenigen Personen genutzt, ergab die 2020 publizierte Studie "Flexible Working" des Beratungskonzerns Deloitte.

Beibehaltung mobiler Arbeit

Durch Covid-19 änderte sich das schlagartig: Der Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Homeoffice stieg von zwei auf 58 Prozent. Laut einer Gallup-Umfrage wünschen sich 60 bis 80 Prozent die Beibehaltung mobiler Arbeit über die Pandemie hinaus. Wird Arbeiten außerhalb des Unternehmens also zur neuen Normalität? Und wie weit können die Beschäftigten bei der Gestaltung von Arbeitszeit und Arbeitsort mitbestimmen?

Diesen Fragen haben sich zwei Studien gewidmet, die aus dem Digitalisierungsfonds Arbeit 4.0 der Arbeiterkammer Wien gefördert wurden. Die Fachhochschule des BFI Wien und die IMC Fachhochschule Krems haben in ihrer Studie rund 1900 Teilnehmerinnen und Teilnehmer danach gefragt, ob und in welcher Form sie die Nutzung von hybriden Arbeitsmodellen selbst bestimmen oder diese mitgestalten können.

Selbstbestimmt arbeiten

Bekannt sei aus bisherigen Studien, dass mobile Arbeit zu mehr Zufriedenheit, Motivation und Produktivität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führe, so die Studienautorinnen und Studienautoren. Trotzdem sind in Österreich, anders als in anderen europäischen Ländern, starre Arbeitszeitregime noch immer weitverbreitet. In der Studie wurden elf Freiheitsgrade bezüglich Arbeitszeit und Arbeitsort abgefragt.

51 Prozent hatten zum Beispiel auf die Aussage "Mein Arbeitgeber ermöglicht mir, den Beginn und das Ende meiner Arbeitszeit meinen persönlichen Vorlieben und Bedürfnissen entsprechend zu ändern", mit "nie", "kaum" oder "gelegentlich" geantwortet. Nur etwas mehr als ein Drittel der Befragten hat die Möglichkeit, die Arbeit bei Bedarf tagsüber länger zu unterbrechen. Jeder und jede Vierte darf immer oder häufig auch an anderen Orten als daheim mobil arbeiten, ebenso wenige dürfen den Ort immer oder häufig während des Tages variieren.

Flexibilität und Gesundheit

Weniger als die Hälfte der Befragten darf an einem Freitag oder an Fenstertagen mobil arbeiten. Als Grund für die geringe zeitliche und örtliche Freiheit der Arbeit sieht Studienautor Michael Bartz von der IMC FH Krems fehlendes Vertrauen seitens des Managements und zu starre Regeln durch das derzeit gültige Homeoffice-Gesetz. Die Ergebnisse der Befragung zeigten jedoch, dass eine freie Einteilung der mobilen Arbeitszeit, auch über die gesamte Woche verteilt, und die Kombination aus Büroarbeit und mobiler Arbeit die stärksten positiven Effekte auf die Motivation haben, sagt seine Kollegin Laura Dörfler von der Fachhochschule des BFI Wien.

Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sei es äußerst wichtig, Arbeitszeit und Arbeitsort frei bestimmen zu können, erklärt Dörfler. Diese Flexibilität wirke sich sehr positiv auf die Zufriedenheit mit der Arbeitssituation aus. Zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind auch psychisch und physisch gesünder. Die zweite Studie zum Thema Arbeit 4.0 wurde unter dem Titel "Digitales Arbeiten in der Krise. Für eine gender- und diversitätsfreundliche Homeoffice-Kultur" umgesetzt.

Durchgeführt wurde die Studie von der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (Ögut), zu deren Mitgliedern unter anderem die Donau-Universität Krems, das Klimaschutzministerium und das Land Niederösterreich zählen. 96 Prozent der Befragten gaben an, dass sie die Möglichkeit des Homeoffice beibehalten möchten, 60 Prozent wollen selbst entscheiden, wann sie das tun. Bei einer Fünftagewoche möchte ein Drittel der Befragen zwei bis drei Tage pro Woche im Homeoffice arbeiten, ein weiteres Drittel empfindet laut eigenen Angaben ein bis zwei Tage als ideal.

Benachteiligung von Frauen

64 Prozent möchten auch gerne "remote" arbeiten. Bei diesem Modell sind Arbeitskräfte nicht an einen gewissen Unternehmensstandort gebunden, sondern können flexibel von überall aus arbeiten. Dabei wünschen sich vor allem Frauen eine bessere Kommunikation mit Vorgesetzten und Kolleginnen wie Kollegen. Interessant ist der Unterschied bei der Ausstattung mit Arbeitsmitteln für das Arbeiten daheim oder unterwegs: Während 75 Prozent der Männer die für das Homeoffice benötigten Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt bekamen, waren das bei den befragten Frauen nur 66 Prozent.

Eine Benachteiligung von Frauen zeigt sich also auch bei diesem Thema. Homeoffice und mobiles Arbeiten werden vom Großteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer begrüßt, doch sie bergen auch Risiken wie etwa die schwierige Abgrenzung zwischen Beruf, Familie und Freizeit, das Fehlen eines geeigneten Arbeitsplatzes daheim oder fehlende Kontakte zu Kolleginnen und Kollegen.

Vulnerable Gruppen seien in diesem Zusammenhang generell Frauen sowie Personen mit schulpflichtigen Kindern oder betreuungsbedürftigen Angehörigen im gleichen Haushalt. Probleme können sich auch speziell für Menschen ergeben, die in beengten Wohnverhältnissen leben, sowie Personen mit Behinderung sowie Menschen, die enorme Überstunden leisten müssen. Auch neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bräuchten umsichtige Homeoffice-Lösungen.

Wichtige Sozialkontakte

Vier bis fünf Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würden mit mobiler Arbeit nicht zurechtkommen, weiß Bartz aus seiner Forschungsarbeit zur "New World of Work", wie er seinen Blog nennt. "Diese Menschen brauchen ihr Büro als Ritual und Abgrenzung zum Privatleben und den Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen", erklärt Bartz. Wenn Firmen die Zahl der Arbeitsplätze im Unternehmen zu stark reduzierten und zu sehr auf Desksharing setzten, sei das für diese Gruppe deshalb schlecht und würde deren Arbeitszufriedenheit beeinträchtigen.

Doch auch dauerhafte Heimarbeit sei generell nicht gut, geht sie doch mit einigen Nachteilen einher. Der soziale Kontakt, die Zufallsbegegnungen im Betrieb seien für alle wichtig und würden die Verbundenheit mit dem Unternehmen fördern. Entscheidend sei, dass Arbeitszeit und Arbeitsort autonom von Teams geregelt werden können, das erhöhe die Zufriedenheit. Und diese wiederum sei auch angesichts des häufig thematisierten Arbeitskräftemangels wichtig. (Sonja Bettel, 23.11.2022)