Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Jahrelang gerierten sich viele Akteure der Kryptobranche als poststaatlich-libertär – mitunter mit geradezu religiöser Inbrunst. Was einst Aufgabe staatlicher Regulierungsbehörden oder etwa Zentralbanken war, erledigt im Fall des Kryptogeldes die Technik, vor allem die fälschungssichere Blockchain, tönten stets Kryptofans. Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, dass sich diese Argumentationslinie nicht durchzog: Zahlreiche Bitcoin-Anhänger etwa verwiesen durchaus darauf, dass die Gefahr von Betrug und Missbrauch besteht.

Im Kryptobereich gibt es, trotz aller Fälschungssicherheit, jede Menge Missbrauchsmöglichkeiten.
Foto: IMAGO/Felix Schlikis/Lobeca

Jetzt ereignet sich mit dem Kollaps der Kryptobörse FTX eben so ein Fall – nicht der erste in diesem Jahr. Er trifft diesmal die Kryptobranche ins Mark und setzt prominente Währungen wie Bitcoin und Ethereum unter Druck. Im Kryptobereich gibt es nämlich, trotz aller Fälschungssicherheit, jede Menge Missbrauchsmöglichkeiten, vor allem in vor- und nachgelagerten Bereichen wie eben Börsen. Und, jetzt kommt die Ironie: Ausgerechnet Vertreter der Branche, etwa Binance-Chef Changpeng Zhao, rufen heute laut nach Regulierung.

Sie ist notwendig, keine Frage. Die EU hat im Sommer eine Kryptoverordnung beschlossen, die 2024 in Kraft tritt. Demnach unterliegen Anbieter in der EU der Kontrolle von Finanzaufsichten und brauchen eine Lizenz, um ihren Geschäften in der Union nachgehen zu dürfen. Ein brauchbarer Beginn. (Joseph Gepp, 16.11.2022)