Schon bisher war Mazda unter allen Fernost-Automarken jene, die sich am konsequentesten und plausibelsten an die fahrdynamische BMW-Philosophie angenähert, sozusagen herange-zoom-zoomt hat. Umso größer die Erwartungshaltung beim CX-60. Aber ganz neue Plattform, neue Technik auch, das ist eine hochkomplexe Angelegenheit, da zwickt es mitunter noch hie und da, haben die Perfektionisten aus Hiroschima noch nicht alles hundertprozentig im Griff. So zumindest unser Resümee, als wir den CX-60 nach zwei Wochen retournieren.

Mazda bleibt seiner gefälligen Designlinie treu, und was man dem CX-60 zunächst gar nicht ansieht: Das ist ein großes Auto. Nächstes Jahr wird’s noch größer: CX-80.
Foto: Andreas Stockinger

Zum Auftakt gibt es den neuen SUV ja ausschließlich als Plug-in-Hybrid. Erster seiner Art von Mazda, gesamte Technik eigenentwickelt, erscheint er in folgender Konfiguration: 2,5-Liter-Vierzylinder mit 141 kW (191 PS), Permanentmagnet-Synchron-E-Motor mit 129 kW (175 PS), ergibt 241 kW (327 PS) und 500 Nm Systemleistung. Die tief zwischen Vorder- und Hinterachse positionierte 17,6-kWh-Lithium-Ionen-Batterie steht auf dem Papier für 63 km elektrische Reichweite, in der Praxis ergibt sich, so viel vorweg, je nach Jahreszeit und Fahrstil, ein Wert zwischen 40 und 50 km.

Händereiben

Man reibt sich also die Hände vor Erwartung, denkt sich: Erneut beweisen die bei der Formgebung ein ausgesprochen glückliches Händchen, steigt ein, freut sich gleich über das für Mazda ungewohnt großzügige Raumgefühl, das sind sonst ja deutlich kleinere Gebinde, über die Erlesenheit der Materialien, womit man wohl endgültig von unten her an Premium andockt (bei vergleichsweise deutlich fairerem Preis-Leistungs-Verhältnis), und über die gekonnte Innenraumgestaltung. Der Hersteller bemüht dazu den Terminus "Hacho", zu Deutsch: "Gebrochener Rhythmus", prosaischer formuliert: Über optische Sollbruchstellen hält sich Design länger frisch.

Für die Person am Lenkrad ergibt sich folgender Eindruck: Alles klar und übersichtlich, gut ablesbar, und an die eigenwillige Schalthebelpositionierung – nach rechts kippen, um in Retourgang und nach vorwärts zu kommen – hat man sich rasch gewöhnt. Von der Nurnochtouchbedienseuche hält Mazda nach wie vor nichts. Es finden sich Knöpfe und Drehregler dort, wo solche sein sollen.

Das an BMW angelehnte Dreh-Drück-Konzept mit getrennter Bedien- und Sichteinheit ist ganz und gar vorzüglich. Ähnlich wie bei den Weiß-Blauen lässt sich der adaptive Tempomat auf fix umstellen, was man eben gerade für brauchbar hält. Und damit kommen wir gleich zu den ersten Fahreindrücken und den eingangs angerissenen Kritikpunkten.

Da wäre vor allem das unharmonische, harte Fahrwerk zu erwähnen. Auch das Wechselspiel zwischen Elektro- und Verbrennungsmotor wirkt noch nicht letztgültig harmonisch, da ruckelt es oft ein wenig, und das permanente Surren des E-Motors, der immer als Rekuperator verzögernd zugeschaltet bleibt, muss man mögen. Weiters hat der CX-60 zwar einen guten Einschlag, man darf aber tüchtig kurbeln – die Lenkübersetzung könnte direkter sein. Noch was? Vielleicht dies: Die Bremsen sind zwar tadellos, das Bremsgefühl wirkt aber leicht synthetisch – die Verschleifung, der Übergang vom Rekuperieren aufs echte Bremsen verträgt ebenfalls noch Detailarbeit.

Da kommt noch ganz schön was

So weit zu den Kinderkrankheiten, manche Beobachtungen sind natürlich auch reichlich subjektiv, nun zu den Aussichten: Kein Zweifel, der CX-60 hat enormes Potenzial. Es folgen 3,3-Liter-Diesel und 3,0-Liter-Benziner, allesamt 48-Volt-Mildhybride und, wiederum Stichwort BMW, Reihensechszylinder, und jetzt machen wir uns auf den Weg nach Kärnten, um Mazda-Österreich-Chef Heimo Egger zu treffen.

Heimo Egger ist seit 2016 Geschäftsführer bei Mazda Österreich.
Foto: Mazda

Wir werfen das Navi an, warum dabei nicht die Sprachbedienung bemühen? Hm. Standardantwort: "Bitte wiederholen Sie." Sagst du: "Navigiere nach Klagenfurt", kommt: "Ich habe die Frage nicht verstanden. Bitte wiederholen Sie." Also manuelle Eingabe. Und was ist denn das, eine (siehe Buchautor Hansgeorg Stengel) "Rettet dem Dativ"-Programmierung? Nein, genauer hinhören: Das System führt dich stets im Akkusativ. "Biegen Sie ab nach links auf den Winckelmann-Straße." "Fahren Sie auf den A2." Originell.

Was den Spritverbrauch bei normalem Autobahntempo betrifft, bei leerem Akku – elektrisch geht bis 140 km/h –, wird man sich auf rund sieben Liter je 100 km einstellen dürfen, respektabler Wert für einen großen SUV.

Trotz "den vierten Fall" kommen wir gut am Bestimmungsort an und bewerfen Egger gleich mit unseren Eindrücken. Ja, die Fahrwerkssache sei in Japan adressiert und in Arbeit. Generell gebe es aber von den Kunden bisher nur ausgesprochen positive Resonanz.

Wie es um die Nachfrage stehe und welche Absatzzahlen er im Volljahr erwarte, wollen wir wissen. "Bestellbar ist der CX-60 seit Frühjahr, 620 Orders (Stand Ende Oktober, Anm.) liegen bereits vor. 2023 ist unser Plan: 1.400 Einheiten", und was besonders auffällig sei, weil für Mazda bisher ungewohnt: "Es zeichnet sich beim CX-60 ein Gewerbeanteil von 40 Prozent ab. Eine enorme Steigerung. Zum Vergleich: 2021 lag unser Gewerbeanteil bei insgesamt elf, zwölf Prozent." Dem Diesel komme dabei nach wie vor große Bedeutung zu, so Egger weiter, "Marktstart für den ist im Jänner, mit der 200-PS-Variante, für den stärkeren mit 254 PS und Allrad im März. Der Benziner folgt dann im September, Oktober."

Problembereich Liefersituation? "Wir sehen eine leichte Entspannung, über alle Baureihen. Unsere Lieferzeit bewegt sich derzeit relativ konstant über vier bis sechs Monate. Im Markenvergleich stehen wir damit recht gut da. Mit sechs Monaten am längsten wartet man auf CX-60, CX-5, CX-30."

Setzt große Erwartungen in den CX-60: Mazda-Österreich-Chef Heimo Egger.
Foto: Mazda

Mit der neuen Plattform hat Mazda einiges vor. Der Österreich-Chef führt aus: "Ende 2023 kommt der CX-80, mit bis zu sieben Sitzplätzen und 25 cm länger als der CX-60. Elektroautos werden wir aber auf dieser Plattform nicht sehen. Mazda plant und entwickelt gerade eine eigene, rein elektrische Architektur, die erstmals 2025 zum Tragen kommen wird."

Generell werden Pkw immer teurer, E-Autos sowieso, aber auch Kleinwagen sind besonders betroffen, manche liegen rund um die Hälfte über den Preisen von vor ein paar Jahren (etliche Hersteller ziehen sich überhaupt zurück), und das in einem Segment, wo es auf jeden Euro ankommt, für Menschen mit kleinem Budget. Anders bei Mazda. Egger: "Beim Mazda2 sehen wir im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent mehr Kaufverträge. Das heißt: Unsere relative Positionierung im Markt ist besser geworden." Grund: "Im Mai gab es eine Preiserhöhung von rund 3,5 Prozent, das war’s. Keine 30, 40 Prozent. Trotz Lieferzeiten kommen die Kunden vermehrt zu uns."

Wir bereden noch dies und das, danken für das Gespräch, setzen uns wieder in den CX-60, freuen uns auf Reindling und Reihensechszylinder und zoom-zoomen uns zurück nach Wien. Natürlich "auf den A2". (Andreas Stockinger, 21.11.2022)