Im Gastblog schildert die Rechtsanwältin Piroska Vargha anhand eines Falles die Fristen, auf die bei einer Scheidung zu achten ist.

Das Ende einer Ehe wird durch die rechtskräftige Scheidung besiegelt. Wenn dieses Ende in Form einer einvernehmlichen Scheidung gelingt, werden gleichzeitig auch alle Scheidungsfolgen mitvereinbart, insbesondere der vermögensrechtliche Teil, Unterhaltsfragen, aber natürlich auch alle Themen rund um gemeinsame Kinder.

Wenn eine einvernehmliche Scheidung nicht zustande kommt, teilen sich die Erledigungen dieser Themen in mehrere Bereiche auf. Das Scheidungsurteil spricht nur über das Ende der Ehe, samt der in Österreich insbesondere für Unterhaltsfragen relevanten Aussage darüber, ob die Verantwortlichkeit für das Ende der Ehe bei beiden zu gleichen Teilen oder überwiegend (wenn nicht ausschließlich) bei einem Ehepartner lag.

Will man das Vermögen nach einer Scheidung aufteilen, hat man dafür nicht endlos Zeit.
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Davon unberührt bleibt allerdings vorerst eine Regelung des Schicksals des gemeinsamen Vermögens. Dieses "Vermögen" kann in Geld, sonstigem Eigentum, aber auch in Rechten und Verbindlichkeiten bestehen. Um die Aufteilung des Vermögens zu beantragen, steht gemäß §95 EheG eine Frist von einem Jahr zur Verfügung. Erfolgt das nicht, erlischt der Anspruch auf Aufteilung. Hintergrund dieser Jahresfrist ist einerseits, dass für die beiden Ex-Eheleute eine Klärung erlangt werden soll, solange üblicherweise noch beiden die erforderlichen Beweismittel zur Verfügung stehen. Andererseits soll auch für Außenstehende, die allenfalls Rechte geltend machen wollen, rasch klar sein, an wen sie sich zu halten haben.

An dieser einjährigen Frist setzt nun dieser Beitrag an – denn die Nichtbeachtung einiger grundlegender Vorgaben dazu kann enorme Folgen für die Beteiligten haben.

Ab wann ist eine Scheidung gültig?

Der Lauf der Einjahresfrist beginnt mit der formellen Rechtskraft der Entscheidung über die Auflösung der Ehe (Scheidungsausspruch). Urteile über die Scheidung beinhalten üblicherweise neben dem Punkt, dass die Ehe für geschieden erklärt wird, den Ausspruch über das Verschulden an dieser Scheidung. Oft nehmen die Beteiligten das Ende der Ehe hin und bekämpfen nicht die Tatsache, dass die Ehe geschieden ist, sondern prozessieren wegen der (für Unterhaltsthemen wichtigen) Verschuldensfrage weiter. In diesem Fall erwächst jedoch die Ehescheidung an sich in formelle Rechtskraft, sie ist also nicht weiter bekämpfbar.

Dies ist also der entscheidende Tag für den Beginn der Fist der Einbringung eines Antrags auf Aufteilung des ehelichen Vermögens. Die Frist ist – und auch das wird oft übersehen – eine sogenannte materielle Fallfrist. Es genügt also nicht, den Antrag rechtzeitig abzuschicken, er muss vielmehr spätestens am letzten Tag der Frist tatsächlich bei Gericht eingelangt sein.

Um Sicherheit über den Zeitpunkt zu haben, an dem diese wichtige Frist also zu laufen beginnt, orientiert man sich unter anderem an einer vom Gericht ausgestellten Rechtskraftbestätigung. Auch hier lauert aber eine Falle: So kann es beispielsweise vorkommen, dass das Scheidungsurteil mündlich verkündet wurde und die Beteiligten die Scheidung betreffend auf eine Bekämpfung verzichten. In diesem Fall ist die Scheidung in der Sekunde formell rechtskräftig, auch wenn die schriftliche Version erst viel später vorliegt und den Parteien zugestellt wird. Die Rechtskraftbestätigung gibt dann nur Auskunft über die materielle Rechtskraft (nämlich den Zeitpunkt der Zustellung an die Parteien), jedoch nicht über den Tag, ab dem der Scheidungsausspruch unbekämpfbar war und ab dem die Einjahresfrist läuft.

Erloschener Anspruch

Dem hier vorliegenden Fall, mit dem sich der OGH im Sommer 2022 zu befassen hatte, lag ein komplexer Sachverhalt zugrunde, da sich im Laufe eines Verfahrens die nicht ausreichende Prozessfähigkeit des Ex-Mannes herauskristallisierte. Er bekämpfte das Scheidungsurteil zur Gänze und bis in die dritte Instanz (OGH). Da ihm aber inzwischen ein Erwachsenenvertreter zur Seite gestellt worden war, sollte dieser die Verfahrenshandlungen des Mannes genehmigen. Die Genehmigung erfolgte – kurz gefasst – nur für die Schritte bis zum Berufungsverfahren in zweiter Instanz. Als "nicht genehmigt (oder zurückgezogen)" wurde die Einbringung des Rechtsmittels an den OGH deklariert.

Das Urteil über die Scheidung wurde demnach mit jenem Tag endgültig unbekämpfbar, als diese Erklärung des Erwachsenenvertreters das Gericht erreichte. Wie üblich, wurde die abschließende Entscheidung schriftlich erst Monate später ausgefertigt und zugestellt. Dementsprechend sagte die Rechtskraftbestätigung nur etwas über den Zeitpunkt der wirksamen Zustellung der Endentscheidung aus, nicht aber über den oben beschriebenen Moment, ab dem die Unbekämpfbarkeit eintrat (formelle Rechtskraft). Da aber der Mann – ein emeritierter Rechtsanwalt – diesen weit späteren Termin laut Rechtskraftbestätigung letztlich seinem Antrag auf Aufteilung des ehelichen Vermögens zugrunde legte, war sein Antrag wegen Versäumung der einjährigen Präklusivfrist verspätet und musste abgewiesen werden.

In diesem Sinne ist mit den Worten des OGH nochmals festzuhalten: Selbst ein Fehler bei der Ausstellung einer Rechtskraftbestätigung auf der Urteilsausfertigung verschafft dem Antragsteller nicht das Recht, einen nach dem Gesetz (wegen Verspätung) bereits erloschenen Anspruch geltend zu machen. Es empfiehlt sich, der Fristberechnung für Aufteilungsanträge große Aufmerksamkeit zu schenken und mit der Einbringung nicht bis zum letzten Moment zuzuwarten. (Piroska Vargha, 18.11.2022)