Bescheidenheit war Gerhard Rodax' Zier.

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Rodax beim Länderspiel Österreich gegen Island am 23. August 1989 im Lehener Stadion in Salzburg.

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Die Bilder vom 28. März 1990 haben sich ins kollektive Gedächtnis österreichischer Fußballfans gebrannt. Gerhard Rodax kommt in der 89. Minute über die rechte Seite, zieht zur Mitte, schlägt drei Haken und schiebt den Ball vorbei an Spaniens Torhüter Andoni Zubizarreta ins lange Eck. Blankes Entsetzen im Estadio La Rosaleda von Malaga, Österreich gewinnt das Freundschaftsspiel nach einem 0:2-Rückstand mit 3:2.

Johnson

Just am Tag des mühsamen 1:0-Testspielerfolgs der aktuellen Nationalmannschaft über Andorra im La Rosaleda ist in Gerhard Rodax einer ihrer ehemaligen Legionäre in Traiskirchen mit nur 57 Jahren gestorben. Er hinterlässt seine Ehefrau, eine erwachsene und eine erst zehnjährige Tochter. Übereinstimmenden Berichten zufolge soll Rodax schwer krank gewesen sein.

Anfang in der Südstadt

Rodax wurde 1965 in Tattendorf geboren und in Baden als Kicker entdeckt. Seine Profikarriere startete der Niederösterreicher 1982 bei der Admira, 192 Spiele absolvierte der Stürmer für die Südstädter. Und er traf dabei wie am Fließband. Mit 35 Toren krönte sich Rodax 1990 nicht nur zum Torschützenkönig der österreichischen Bundesliga, er wurde als drittbester Torschütze in Europa hinter dem Bulgaren Christo Stoitschkow und dem Mexikaner Hugo Sanchez auch mit dem "Bronzenen Schuh" ausgezeichnet und obendrein zu Österreichs Fußballer des Jahres gewählt.

Rakete für Atlético

Sein Siegestreffer gegen die Spanier in Malaga war sozusagen ein Treffer ins Glück. Kurz darauf wechselt die blonde Sprintrakete von Admira Wacker zu Atlético Madrid. Eine Karriere bei den Rojiblancos war damals noch bemerkenswerter als heute. In der Primera División herrschten strenge Ausländerbeschränkungen, der Deutsche Bernd Schuster und der portugiesische Torjäger Paulo Futre waren die anderen Legionäre beim härtesten Stadtrivalen von Rekordmeister Real.

Rodax hatte in Tomislav Ivic einen kroatischen Trainer und in Jesus Gil einen Bauunternehmer an der Grenze zum Wahnsinn als Präsidenten. "Wenigstens hat er privates Geld reingesteckt, er war kein Pseudopräsident", erzählte Rodax. Der Österreicher erzielte in 29 Einsätzen zehn Tore, zwei im Derby gegen Real. Ein Treffer gegen die Königlichen im Achtelfinale der Copa del Rey ebnete Atlético den Weg zum Titel. Ja, Gerhard Rodax durfte sich spanischer Cupsieger nennen, auch wenn er im Endspiel nicht zum Einsatz kam.

90er TV

Nach einer Saison war das spanische Abenteuer beendet, es lag auch an Verletzungen. Rodax heuerte bei Rapid an. Dort herrschte Chaos, die Spieler drohten aufgrund ausstehender Gehälter mit Streik. Nach einer Pause und einem Comeback bei der Admira folgte im Alter von 30 Jahren das Karriereende.

In einem Gespräch mit dem STANDARD erinnerte sich Rodax 2012 zurück: "Ich wartete auf Angebote. Drei Monate, sechs Monate. Es kam nichts Vernünftiges. Natürlich hätte ich mehr erreichen können. Aber das kann jeder behaupten, Messi ausgenommen. Trainer war kein Thema. Ich bin lieber in der zweiten Reihe."

Starallüren waren Rodax fremd: "Kein Schwein weiß, dass ich einmal Fußballer war. Und das ist gut so. Man muss die Dinge abschließen. Ohne Wehmut." Dabei erzielte der Dribblanski, der von Freunden liebevoll "Hartl" genannt wurde, in 20 Spielen immerhin drei Treffer für das Nationalteam, einen davon 1990 gegen die USA. Der 2:1-Erfolg in Florenz blieb der bis dato letzte österreichische Sieg bei einer Weltmeisterschaft.

Dass es nicht mehr Länderspieleinsätze wurden, hatte seinen Grund: "Man setzte auf das Duo Andi Ogris und Toni Polster. Mein Ehrgeiz ging nie so weit, dass ich die Ellbogen eingesetzt hätte."

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Gerhard Rodax traf bei der WM 1990 gegen die USA.
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Was einen echten Admiraner auszeichnet? "Bescheidenheit", sagte Rodax, der in 246 Bundesligaspielen insgesamt 95 Tore für die Admira (83) und Rapid (12) erzielte.

Tenniscenter

Schon während seiner Karriere eröffnete Rodax ein Tenniscenter in Traiskirchen, das er bis zuletzt als Geschäftsführer leitete. Er selbst sei ein mittelmäßiger Hobbyspieler gewesen: "Für einen Fußballer war ich nicht schlecht, aber der Kühbauer war besser." Atlético würdigte den Verstorbenen auf allen Kanälen: "Du wirst in unseren Herzen bleiben." (Philip Bauer, Christian Hackl, 17.11.2022)