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Mit einer vielfältigeren Herangehensweise an die Personalsuche, findet eine Firma mehr Fachkräfte.
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Gastgewerbe, IT, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Schulen: Alle diese Branchen finden kaum noch Personal, der Mangel an Fachkräften zieht sich durch alle Sektoren der Wirtschaft. Zahlreich diskutieren Politik und Wirtschaftsvertreter, wie sie wieder mehr Menschen für unterschiedliche Jobs finden können, sei es durch Bildungsangebote, neue Arbeitszeitmodelle oder Gehaltsverlockungen. Das Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (IBW) hat für eine Umfrage zum Personalmangel 4000 Unternehmen befragt, fast drei Viertel der teilnehmenden Betriebe gaben an, sie seien stark betroffen. Im Tourismus gaben 80 Prozent der Betriebe an, kaum Fachkräfte zu finden. In der IT-Branche fehlen in Österreich dieses Jahr 24.000 Fachkräfte.

Mitarbeiterbindung ist oft schwer

Drängend ist auch die Situation in der Pflege. Gerade hat die Regierung im Rahmen ihrer Pflegereform ein Personalpaket beschlossen. Maßnahmen wie Ausbildungszuschüsse und Weiterbildungsmöglichkeiten sollen eine Ausbildung in der Pflege attraktiver machen. Dazu kommt: Die Mitarbeitenden zu halten, nachdem sie eingestellt wurden, ist ebenfalls zu einer schwierigeren Aufgabe geworden.

Einer von fünf Arbeitnehmern hält es für wahrscheinlich, in den nächsten zwölf Monaten den Arbeitsplatz zu wechseln, lautet das Ergebnis einer Studie der Unternehmensberatung PwC zu Hoffnungen und Ängsten von Arbeitskräften unter 52.000 Beschäftigten. Längst sind neue Ideen fällig, damit Unternehmen weitere Zielgruppen ansprechen. Ein Unternehmensberater hat dazu eine Möglichkeit entwickelt. Oguzhan Köse setzt auf Ethnomarketing im Recruiting und hilft Firmen dabei, unterschiedlichste ethnische Communitys zielgruppengerecht mit Inseraten und Stellenangeboten zu erreichen.

Oguzhan Köse ist Geschäftsführer und Gründer der Management- und Strategieberatung Ok Consult.
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Er berät Unternehmen auch im gesamten Umgang mit der eigenen Belegschaft, um die Mitarbeitenden auch lange zu halten. Köse empfiehlt, sich bei Mitarbeiterbenefits etwa genau zu überlegen, welche zu der Zielgruppe der Mitarbeiter passen. Seine Herangehensweise in der Beratung hat er kürzlich in seinem Buch Ethnomarketing im Recruiting veröffentlicht. Diese drei Ratschläge gibt er den Unternehmen, die er berät, um die Belegschaft diverser zu gestalten:

  • Vielfältiger inserieren

"Eine Vielzahl an Menschen erreicht man über Karriereportale gar nicht", sagt Köse. Viele Unternehmen würden zwar teure Stelleninserate auf Portale und Plattformen stellen, damit aber schlichtweg Menschen, die diese nicht nutzen, nicht erreichen. Er empfiehlt, auch in spezifischen Zielgruppenmedien Stellen zu inserieren. Die eine ethnische Bevölkerungsgruppe würde häufig ganz andere Medien, TV-Sender und soziale Kanäle nutzen wie eine andere. Auch Sprache spielt laut Köse eine wichtige Rolle. Gerade wenn Deutschkenntnisse für einen Job gering sein dürfen, können Stellenanzeigen auch in verschiedenen Sprachen platziert werden. Häufig seien Stellenanzeigen außerdem zu kryptisch formuliert, schreibt Köse in seinem Buch. Begriffe wie "interkulturelle Kompetenzen" oder "positives Arbeitsumfeld" in einer Anzeige wäre schon zu viel an Personaler-Fachsprache und würde viele Menschen abschrecken, die möglicherweise in das Unternehmen passen würden.

  • Aufmerksamkeit schenken

Viele Firmen würden noch nicht genügend auf die vielfältigen Bedürfnisse unterschiedlicher Menschen eingehen. Etwa, meint Köse, wäre für die Mitarbeiterbindung bereits wichtig, mit kleineren Gesten ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu schaffen. Ein Arbeitgeber könnte darauf achten, zu Feiertagen verschiedener Religionen Gratulationen auszuschicken. "Es kommt auf Kleinigkeiten an", meint der Berater. "Ein interkultureller Kalender mit diesen paar Terminen im Jahr kann Mitarbeiter aller Gemeinschaften Wertschätzung zeigen." Die Werte der eigenen Mitarbeiter zu kennen und diesen Aufmerksamkeit und Anerkennung zu schenken gebe vielen Angestellten ein motivierendes Gefühl in ihrer Rolle.

  • Vielfalt richtig nutzen

Kulturelle Vielfalt kann einem Unternehmen immer nur zugutekommen, plädiert Köse. Spreche eine Belegschaft fünf verschiedene Sprachen statt nur eine, sei eine Firma mit Kundenservice etwa flexibler. Dazu gehöre allerdings auch, gegen Vorurteile in Firmen aktiv vorzugehen. Er empfiehlt, Anti-Rassismus-Fortbildungen anzubieten und das Leitbild konkret auszuführen. Gegen Diskriminierung vorzugehen helfe auch bei der Mitarbeiterbindung. Um Diversität aktiv zu schaffen, müssten Firmen eben die Lebensrealität von so vielen unterschiedlichen Gruppen wie möglich abbilden. Dann würden sie mehr Personen finden, die bei ihnen arbeiten wollen und auch bleiben.
(Melanie Raidl, 22.11.2022)