Bewegung gab es zuletzt im Streit über Ausgleichszahlungen an ärmere Länder für klimabedingte Schäden.

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Sharm el-Sheikh – Die Weltklimakonferenz am Roten Meer geht in die Verlängerung. Eigentlich wollten die knapp 200 Staaten in dem ägyptischen Badeort bereits am Freitagabend ein Abschlusspapier präsentieren. Doch bisher konnten sich die Verhandlerinnen und Verhandler nicht auf eine Position einigen.

Damit es zu einem Abschluss kommen kann, müssen sämtliche Staaten dem Text zustimmen – ein langwieriger Prozess, der bereits bei fast allen Klimagipfeln zu Verlängerungen geführt hat. Freitagfrüh lag erstmals ein Entwurf für die Abschlusserklärung vor – doch von einer Einigung ist man noch weit entfernt. In Verhandlerkreisen geht man bereits davon, dass es erst am Sonntag zu einer Einigung kommen könnte.

Geld für Klimaschäden

Zentral war bei der Klimakonferenz vor allem die Frage um "Loss and Damage", wie im UN-Jargon durch den Klimawandel entstandene Schäden und Verluste bezeichnet werden. Auch im Endspurt entzweit das Thema die Welt.

Insbesondere Staaten, die vom Klimawandel besonders betroffen sind, drängen darauf, einen eigenen Fonds zu etablieren. Aus diesem sollen vor allem Entwicklungsländer nach Umweltkatastrophen oder Dürren Geld entnehmen können, um für Schäden zu bezahlen. Rund 130 der knapp 200 Vertragsstaaten des UN-Klimarahmenprotokolls fordern einen solchen Fonds.

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Die EU und die USA, die als Industrieländer in einen solchen Topf einzahlen würden, haben eine neue Struktur zur Verteilung der Klimaschäden stets abgelehnt. In der Nacht auf Freitag gab es dann doch Bewegung: Die EU stimme einem Fonds für "Loss and Damage" zu, allerdings mit der Bedingung, dass das Geld ausschließlich besonders vulnerablen Staaten zugutekommt und von einer "breiten Basis von Spendern" eingesammelt werden müsse.

Damit ist wohl vor allem China gemeint. Das Land zählt in der internationalen Klimapolitik immer noch als Entwicklungsland, obwohl China inzwischen zum größten Treibhausgas-Emittenten der Welt aufgestiegen ist und auch im Pro-Kopf-Ausstoß Europa überholt hat.

Kohleausstieg

Auch der Ausstieg aus fossilen Energieträgern ist Streitthema. Im vergangenen Jahr hatten sich die Staaten in Glasgow zu einem "phase-down" von Kohle bekannt. In einem früheren Entwurf war noch von einem "phase-out", also einem deutlichen stärkeren Bekenntnis zum Kohleausstieg, die Rede. Es war unter anderem Indien, welche die Formulierung in letzter Minute abschwächte.

Nun soll Indien die Abkehr aller fossiler Energieträger im Abschlussdokument verankert haben – möglicherweise um von Kohle abzulenken. Im aktuellen Entwurf findet sich allerdings kein Passus zum Ausstieg aus Öl und Gas. Stattdessen heißt es im Text, dass es eine "Rationalisierung ineffizienter Subventionen" für fossile Energie geben soll. Im "Glasgow Climate Pact" war noch von der kompletten Abschaffung ineffizienter Subventionen die Rede – allerdings nur für Kohleenergie.

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1,5-Grad-Ziel

Mehrere Nationen fordern außerdem ein Bekenntnis zum 1,5-Grad-Ziel. Im Pariser Klimavertrag ist festgehalten, dass die Erderhitzung auf "deutlich unter zwei Grad" beschränkt werden soll, aber "Anstrengungen unternommen werden, um den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad" zu begrenzen. Expertinnen und Experten gehen aber davon aus, dass schon 1,5 Grad verheerende Folgen haben würden und möglicherweise Kipppunkte aktivieren würde, welche die Temperatur unkontrolliert weiter ansteigen lassen würden.

Insbesondere die EU, die USA, das Vereinte Königreich, aber auch Staaten wie Kolumbien oder Australien, wollen daher das 1,5-Grad-Ziel im Abschlusstext sehen. Bereits in Glasgow gar es ein erneutes Bekenntnis zu 1,5 Grad. In Sharm el-Sheikh sind es unter anderem Russland und China, die lieber bei der vagen Formulierung des Pariser Abkommens bleiben wollen. (Philip Pramer, 18.11.2022)