In einer Tischlerei übernimmt ein Roboter mühselige Routinearbeiten, auf dem Bau unterstützt ein sogenanntes Exosklett müde Arme oder Schultern. Das Handwerk entwickelt sich weiter – und doch wollen manche Betriebe ganz bewusst ohne Maschinen auskommen.

Kollege Roboter hilft mit

Bis vor ein paar Jahren war es die Aufgabe eines Mitarbeiters, Holz mit einer Kreissäge zu Sesselbeinen zurechtzusägen – eine langwierige, monotone und zudem gefährliche Arbeit, die wenig Kreativität erlaubt. Diese Aufgabe übernimmt in der Tischlerei Hussl in Tirol nun ein sogenannter kollaborativer Roboter, ein "Cobot". Er nimmt das Holzstück mit einem Saugknopf von einem Stapel auf, dreht seinen Roboterarm und positioniert es vor der Kreissäge, die das Holz dann in Form schneidet.

Seit 45 Jahren gibt es die Tischlerei, die Peter Hussl in zweiter Generation führt und die Designertische und Designerstühle herstellt. Seit drei Jahren sind jetzt schon die Roboter im Einsatz. Zwei legen Holz auf Maschinen auf, ein klassischer Industrieroboter übernimmt das Lackieren. Für Hussl sind sie erst "unser Einstieg in die Technologie". Dass Roboter künftig seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ersetzen könnten, schließt er jedoch entschieden aus. Es gehe lediglich darum, den Mangel an Fachkräften auszugleichen. Die Roboter kämen den Menschen sogar zugute, weil sie sich jetzt mehr auf kreativere Arbeiten konzentrieren könnten. "Ich glaube, dass niemand wirklich Lust hat, stundenlang den gleichen Handgriff zu tun."

In der Tischlerei Hussl legen Roboter Holz auf Maschinen auf, eine Funktion, die sich "Pick-and-Place" nennt.
Foto: Michael Kristen/kristen-images.com

Ein Manko ist aktuell noch, dass der Roboter nicht merkt, wenn ein Holzteil schmutzig oder kaputt ist, er erkennt auch keine Astlöcher – was zu Störungen führen kann. Die Anschaffung lohne sich auch nur, wenn eine gewisse Stückzahl hergestellt wird. "Für einen Innenausbauer, der individuell Dinge produziert, macht er wenig Sinn", sagt Hussl.

An der Weiterentwicklung der Roboter wird derzeit geforscht – sie sollen auf gewisse Bewegungsabläufe trainiert werden können. "Der Handwerksmeister bildet dann den Roboter für seine Zwecke aus", erklärt Gunnar Bloss, Geschäftsführer der Modellbaumanufaktur Werk5, wo gerade ein entsprechendes Projekt läuft. Das Ziel sei es, eine lernfähige und zugleich simple Software zu programmieren. Die Vision: Handwerkerinnen und Handwerker scannen das Werkstück mit einem Tablet, beauftragen den Roboter, es auf eine bestimmte Form zu schleifen – und dieser arbeitet dann mithilfe feiner Sensoren selbstständig daran.

Alles beim Alten

Es sei schon eine schöne Vorstellung, sich Leisten oder Sohlen von einem 3D-Drucker ausdrucken zu lassen, gibt Bernadette Baldauf zu. Gleichzeitig würde dadurch ein großer Teil der Arbeit verlorengehen, die ihr Handwerk ja auch ausmacht, sagt die Schuhmacherin. "Eigentlich fühle ich mich total wohl in meiner Nische mit meinem Handwerkszeug." Außerdem: "Errungenschaften und technische Neuheiten sind ja immer auch ausgelegt auf eine Massenproduktion. Und genau das will ich ja nicht."

Sie habe Bedenken, dass ihr eine Maschine das Gefühl nehmen würde, den Schuh selbst gemacht zu haben. Lieber schleift sie die Leisten selbst ab, fertigt die Sohle, schneidet das Leder zu, spannt den Schaft über den Leisten und näht, klebt oder nagelt die Teile zusammen. Rund 200 Arbeitsschritte sind es bis zum fertigen Schuh, durchschnittlich 40 Stunden braucht Baldauf für ein Paar.

Lange Zeit hat Baldauf nur gearbeitet, um Geld zu verdienen. Mit 31 begann sie ihre Lehre zur Schuhmacherin und hat damit ihren Traumjob gefunden.
Foto: Petra Rautenstrauch

In ihrem kleinen Geschäft im Salzburger Pongau kosten Schuhe ein Vielfaches von jenen aus der Massenproduktion. Warum die Kundinnen und Kunden trotzdem zu ihr kommen? "Sie haben ein Bewusstsein für Handwerk und dafür, wie viel Arbeit dahintersteckt", sagt Baldauf. Außerdem würden es viele schätzen, in den Prozess eingebunden zu sein, mitzubekommen, wie der Schuh entsteht.

Ein großer Teil ihrer Kundschaft seien Männer, die sich Businessschuhe machen lassen, "schottisch gelocht, Rahmen genäht". Der andere Teil habe Probleme mit den Füßen oder benötige Schuhe außerhalb der Konfektion. "Aktuell mache ich zum Beispiel gerade einen Schuh in Größe 50."

In der "Schusterei" von Bernadette Baldauf ist alles aufwändige, aber für sie erfüllende Handarbeit.
Foto: Petra Rautenstrauch

Dass sich Menschen wieder mehr selbstgemachte Schuhe kaufen, hält die Schuhmacherin nicht für ausgeschlossen. Immerhin sei ein Maßschuh ja auch nachhaltig, "weil er sicher 25 Jahre hält". Baldauf achtet beim Leder auf Regionalität, will jedoch mit Kunstleder nichts zu tun haben. Es sei schwer zu verarbeiten und gehe schneller kaputt. Ein wesentlicher Teil ihrer Aufträge sind auch Reparaturen. Dinge nicht einfach wegzuschmeißen, wenn sie kaputt sind, sondern reparieren zu lassen, auch das sei die Zukunft, ist Baldauf überzeugt.

Technologie für den müden Körper

Sie werden angezogen wie ein Rucksack und sehen ein wenig aus wie ein Roboteranzug: Exoskelette. Ihren Ursprung haben sie in der Medizin, wo sie etwa querschnittsgelähmten Menschen dabei helfen, wieder gehen zu können. Inzwischen werden Exoskelette jedoch auch in weiteren Bereichen eingesetzt, zum Beispiel im Handwerk. Dort unterstützen sie Maler beim Ausmalen der Decke oder Monteure beim Heben einer Bohrmaschine. "Überall, wo ich meine Arme über lange Zeit oben halten muss, macht ein Schulterexoskelett Sinn", sagt Gottfried Bauer von der Firma AWB, die Exoskelette unterschiedlicher Hersteller vertreibt. Das Exoskelett trägt das Gewicht der Arme, sobald man sie nach oben bewegt. "Man kann sie dann ohne Kraftanstrengung oben halten." Aber auch beim Bücken, Heben oder Tragen kann die Technologie unterstützen. Dadurch ermüde man weniger schnell und mache weniger Fehler, meint Bauer.

Bei der Firma Hartl Haus bringt ein Mitarbeiter Putz auf die Außenwände auf, ein Exoskelett unterstützt.
Foto: Hartl Haus/Julia Dejmek

Er erklärt, dass es zwei Arten von Exoskeletten gibt: aktive und passive. Aktive haben einen Motor eingebaut, man kann sie auf eine spezielle Tätigkeit programmieren. Passive Modelle – von denen mehr in Verwendung seien – haben weder Motor noch Akku, sondern Seilzüge. "Sobald ich meine Arme nach oben bewege, greift der Seilzug und trägt das Gewicht meiner Arme." Dadurch sei die Arbeit nur etwa halb so belastend. Auch der Herzschlag verringere sich, "weil ich mich weniger anstrengen muss". Benutzerinnen und Benutzer könnten das Maß der Unterstützung selbst einstellen. "Oft ist es so, dass man bei der dominanten Hand mehr einstellt, weil man dort das Werkzeug hält."

Die Kosten für ein Exoskelett beginnen bei 250 Euro – für einen Stützgurt – und gehen bis zu 6000 Euro. Mehrere Hundert Firmen in Österreich hätten bereits Exoskelette im Einsatz, schätzt Bauer. Der Fertighaushersteller Hartl Haus etwa investierte vor zwei Jahren rund 30.000 Euro in Exoskelette für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie sind in der Produktion, der Montage und der Tischlerei im Einsatz.

Für Handwerker, die mit schweren Werkzeugen arbeiten, gebe es auch eine "Ironhand", erklärt Bauer. Sie gleicht der Hand eines Superhelden in einem Science-Fiction-Film und entlastet durch ihren Motor angeblich den gesamten Arm. (Lisa Breit, 20.11.2022)