Immer mehr Staaten legalisieren Cannabis. Inzwischen gibt es umfangreiche Daten, um die Folgen zu untersuchen.
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Ein häufig verwendetes Argument für die Freigabe von Cannabis ist, dass es im Vergleich zum legalen Alkohol die harmlosere Droge sei. Tatsächlich sind die Zahlen für Alkoholsucht und die damit verbundenen Erkrankungen in Österreich seit Jahren konstant hoch. Allein 2.000 Menschen sterben jedes Jahr in Österreich an den Folgen von Alkohol. Cannabis hingegen macht nicht körperlich abhängig, auch wenn Fachleute vor steigendem THC-Gehalt in gezüchteten Pflanzen und psychischer Abhängigkeit warnen.

Doch viele Menschen konsumieren sowohl Alkohol als auch Cannabis. Würde eine Freigabe der Droge womöglich den Konsum des gefährlicheren Alkohols reduzieren? Eine Studie in den USA, die im Fachjournal "JAMA Health Forum" veröffentlicht wurde, hat sich das nun angesehen und das Verhalten von Amerikanerinnen und Amerikanern aus 50 Bundesstaaten untersucht. Diese hatten auf eine im Zuge des "Behavioral Risk Factor Surveillance System" durchgeführte Umfrage geantwortet und über ihr Verhalten in den Jahren 2010 bis 2019 Auskunft gegeben.

In Maryland und Missouri wurde Cannabis für Erwachsene kürzlich legalisiert.
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In den USA ist derzeit in 18 Bundesstaaten der Konsum von Cannabis für nicht-medizinischen Gebrauch legal. Das machte einen Vergleich zwischen Bundesstaaten, die Cannabis legalisiert hatten, und solchen, die das nicht getan hatten, möglich. Bisherige Studien brachten keine einheitlichen Ergebnisse. Während manche Alkohol und Cannabis als unabhängig einschätzten, fanden andere Studien, dass es sehr wohl Wechselwirkungen gebe, dass also eine Droge die andere bis zu einem gewissen Grad ersetzen könnte. Studien zur Einnahme von Cannabis für medizinische Zwecke fanden zum Teil einen Anstieg der konsumierten Alkoholmenge, andere fanden einen Rückgang.

Anstieg um 0,9 Prozent

Das Ergebnis der neuen, mit 4,2 Millionen Probandinnen und Probanden vergleichsweise großen Studie: Der Alkoholkonsum stieg gemeinsam mit der Freigabe von Cannabis um 0,9 Prozent. Verantwortlich für diesen Anstieg waren vor allem junge Männer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren. Eine stärkere Neigung zu schwerem Alkoholmissbrauch konnte hingegen nicht festgestellt werden. Cannabis und Alkohol seien als Drogen komplementär, so das Fazit der Forschenden. Hoffnungen auf eine Senkung des Alkoholkonsums durch die Freigabe von Cannabis scheinen also unbegründet zu sein.

Dieser deutsche Demonstrant liebt die nach wie vor illegale Droge, die bald in Deutschland legalisiert werden soll.
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Laut den Vereinten Nationen wird Cannabis zunehmend zum Problem für die Gesundheitssysteme. So stehen inzwischen 30 Prozent der Suchttherapien im Zusammenhang mit Cannabis. In Deutschland wurde im Oktober eine Freigabe von Cannabis beschlossen, die aber noch mit EU-Recht in Einklang gebracht werden soll. Einen positiven Effekt hatte die Cannabislegalisierung in den USA aber, wie die Studienautorinnen und -autoren betonen: Die Probleme mit Opioiden, etwa die Notfälle durch Opioid-Missbrauch, gingen zurück. (Reinhard Kleindl, 21.11.2022)