Er ist wieder da: Donald Trumps Twitter-Account ist wieder online und hat nach wenigen Stunden schon 73 Millionen Follower.

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Trump wurde im Jänner 2021 von Twitter verbannt. Er hatte am 6. Jänner Sympathie für seine Anhänger bekundet, die das Kapitol – den Sitz des US-Parlaments in Washington – erstürmt hatten. Dort sollte der Wahlsieg von Joe Biden offiziell besiegelt werden. Wegen des Angriffs geschah dies erst Stunden später. Nun brachte Twitter auf Betreiben von Elon Musk das Konto von Donald Trump zurück, samt seinem Sündenregister. Zeit für einen Blick in die Akte Trump.

Trump, der Spötter

Jeder achte Tweet von Donald Trump erhält eine persönliche Beleidigung, wie die New York Times analysierte. Vom Beginn seiner Amtszeit bis Mai 2019 hat Trump insgesamt 598 Personen beleidigt. Darunter waren aber nicht nur politische Rivalen, auch gegen Privatpersonen, Journalisten, Fernsehmoderatoren, ehemalige Mitarbeiter, Firmenchefs, Gewerkschaften und ganze US-Bundesstaaten waren Ziel des präsidentiellen Zorns.

Trump beleidigte die dreifache Oscar-Preisträgerin Meryl Streep

2015 nannte er eine 18-jährige Studentin "eine arrogante junge Frau" und unterstellte ihr, von einer Kampagne der Demokraten gekauft worden zu sein. Die Studentin war in einer politischen Diskussionsrunde mit Publikumsbeteiligung aufgestanden und hatte Trump als "keinen Freund von Frauen" bezeichnet – was sie zum Ziel eines Shitstorms von Anhängern des US-Präsidenten machte.

Trump, der außenpolitische Zündler

Trumps Tiraden richteten sich aber auch gegen ganze Nationen und führten zu diplomatischen Krisen. So sorgte Trump 2017 für ein Zerwürfnis mit dem eigentlichen Verbündeten Katar, als er dem Emirat vorwarf heimlich Terrororganisationen zu unterstützen. Im gleichen Jahr drohte Trump mit der vollständigen Zerstörung Nordkoreas. Trumps Rage brachte erstmals auch Twitter als Plattform in Bedrängnis. Der Aufruf zur kriegerischen Gewalt verstoße gegen die Richtlinien des Netzwerks. Twitter berief sich damals auf das öffentliche Interesse an Trumps Aussagen und dass die eigenen Richtlinien "nur intern" gelten würden.

Trump hält sich für ein Genie...

Eine diplomatische Krise löste 2020 ein Tweet Trumps über Südafrika aus. Darin war der US-Präsident der Regierung vor, nicht gegen die angebliche großangelegte Ermordung von weißen Farmern vorzugehen. Damit befeuerte Trump eine in rechtsextremen Kreisen kursierende Verschwörungserzählung, wonach es in Südafrika zu einem Genozid an der weißen Bevölkerung komme. Eine Behauptung, die sich nicht mit Fakten untermauern lässt.

Trump ging sogar noch weiter und drohte offen damit Kriegsverbrechen zu begehen. Man werde 52 historische wertvolle Stätten des Irans "sehr schnell, sehr hart" treffen und zerstören, sollten Amerikaner im Iran angegriffen werden. Am Tag darauf ruderte Trump nicht etwa zurück, sondern verschärfte den Ton noch. Man sei zum Gegenschlag bereit, zur Not auch in "unverhältnismäßiger Weise".

Trump, der Gewaltverherrlicher

Während seiner Amtszeit fiel der Ex-Präsident aber nicht nur mit choatischen Tweets zur Außenpolitik auf, er ließ auch immer wieder fehlendes Gespür und mangelnde Abgrenzung zu Gewalt erkennen. 2015 tweetete Trump ein Bild, wonach 81 Prozent der Mordopfer von Menschen mit schwarzer Hautfarbe umgebracht werden und berief sich dabei auf ein "Crime Statistics Bureau" in San Francisco – das es gar nicht gab.

2017 twitterte Trump ein Video, das ihn bei einem Wrestlingkampf zeigt, nur dass ein CNN-Logo über den Kontrahenten gelegt wurde. Trump wurde daraufhin vorgeworfen er stachele zur Gewalt gegen Journalisten auf. Trump zeige kindisches Verhalten, das weit unter der Würde seines Amtes liege, kommentierte CNN damals. Später stellte sich heraus, dass das Video von Reddit-Nutzer erstellt wurde, der für seine antisemitischen, rassistischen und intoleranten Posts bekannt ist.

Später im selben Jahr teilte Trump drei Videos der ultranationalistischen und rechtsextremen Partei "Britain First" und teilte damit zutiefst anti-islamische Inhalte. So zeigt eine Video den vermeintlichen Angriff eines moslemischen Einwanderers auf einen Unschuldigen. Wie sich später herausstellte, war der Täter in dem Video weder Moslem noch Einwanderer. Dies führte nicht nur zu Verstimmungen in Großbritannien, sondern brachte Trump erstmals ernsthafte Kritik von republikanischen Senatoren ein.

...und den besten Twitterati.

Trump feuerte seine Tweets gerne spätnachts vom Bett aus ab, während er sich noch einen Cheeseburger als Betthupferl genehmigte. So kam es vermutlich auch zu zwei nächtlichen Tweets, die unverhohlen zur Gewalt aufriefen. Der damalige US-Präsident retweetete ein Video seiner Unterstützer der Organisation "Cowboys für Trump" in dem es hieß: "Nur ein toter Demokrat, ist ein guter Demokrat." In der Nacht darauf drohte Trump im Zuge der Ausschreitungen in Minneapolis: "Wenn das Plündern beginnt, wird geschossen". Erstmals wurde Twitter tätig und markierte die Aussagen Trumps als gewaltverherrlichend, ließ die Tweets aber online.

Trump, der Verschwörer

Als im Zuge der Black Lives Matter-Proteste im Juni 2020 der 75-jährige Martin Gugino von zwei Polizisten umgestoßen wurde und dabei schwere Kopfverletzungen erlitt, witterte Trump eine Verschwörung. Der Mann sei "härter gefallen, als er geschubst wurde" und es könnte sich um einen Provokateur der Antifa handeln, mutmaßte Trump und übernahm damit eine Erzählung des Rechtsaußen-Mediums "One America News Network". Tatsächlich erlitt der pensionierte Computertechniker schwere Gehirnverletzungen.

Nicht einmal drei Wochen später, sorgte der damalige US-Präsident wieder für einen Skandal durch einen Tweet: Er teilte ein Video, in dem sich zwei Senioren aus Florida beschimpfen, während der Trump-Supporter mehrmals "White Power" ruft. Trump nannte seine Anhänger daraufhin "großartige Leute". Der Tweet wurde selbst in republikanischen Kreisen als zutiefst rassistisch verurteilt. Trumps Sprecher erklärte später, der Präsident hätte die White-Power-Rufe überhört.

Das Sündenregister Trumps ist aber noch viel länger: Er geriet in einen Urheberrechtsstreit mit der Band Linkin Park, verbreitete die Theorie des "Clinton Bodycount", wonach die Clintons rund 50 politische Gegner umgebracht haben sollen, postete drastisch übertriebene Zahlen über illegale Zuwanderung, verbreitete Falschinformationen über die Coronapandemie und natürlich die angeblich gestohlene Wahl von 2020.

Trumps Tweets vom 6. Jänner 2021 führten zum Sturm auf das Kapitol.

Letzteres gipfelte schließlich im Angriff auf das US-Kapitol durch aufgestachelte Unterstützer Trumps. Nach den Ereignissen vom 6. Jänner 2021, bei denen drei Menschen ums Leben kamen, wurde Trump von Twitter verbannt.

Das geschah aber nicht zum ersten Mal: Schon 2017 wurde der Account des damaligen US-Präsidenten gesperrt. Ein Twitter-Angestellter namens Bahtiyar Duysak deaktivierte Trumps privaten Account an einem letzten Arbeitstag für elf Minuten. (Peter Zellinger, 20.11.2022)