Alleinaktionär Bund wird in den kommenden Jahren durch die Finger schauen und keine Gewinnausschüttungen oder Dividenden von der Notenbank bekommen.

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Warm anziehen heißt es angesichts der derzeitigen Geldpolitik, der daraus resultierenden Zinssteigerungen und der Entwicklungen auf den Finanzmärkten für Zentralbanken – auch für die Oesterreichische Nationalbank (OeNB). Ihre Jahresergebnisse werden schlecht ausfallen, in Österreich wird Eigentümer Republik länger keine Gewinnausschüttungen mehr sehen.

Die US-Notenbank Fed hat die Zinsen heuer bereits in sechs Schritten erhöht und die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrem Kampf gegen die hohe Inflation innerhalb weniger Monate drei Mal an der Zinsschraube gedreht. Derzeit liegt der Leitzins der EZB bei zwei Prozent, für Dezember rechnet man mit einer weiteren Anhebung.

Die Folgen der Geldpolitik und die Verschiebungen auf den Finanzmärkten schlagen sich naturgemäß in den Büchern der Notenbanken nieder. Sie kassieren zum einen niedrigere Renditen bei der Veranlagung ihrer Reserven in Aktien und Anleihen. Zudem sind die Zeiten vorbei, in denen Geschäftsbanken für ihre Einlagen bei der OeNB sogenannte Negativzinsen bezahlen mussten.

Bund geht leer aus

Im Geschäftsergebnis der OeNB für 2022 werden sich all diese Entwicklungen negativ niederschlagen, wie auch bei anderen Zentralbanken weltweit. Die österreichischen Notenbanker geben ihr Ergebnis zwar traditionsgemäß erst im März des jeweiligen Folgejahres bekannt – aber schon jetzt ist klar, dass das Jahr 2022 um Häuser schlechter ausfallen wird als das Vorjahr. Für 2021 hat die OeNB ein Betriebsergebnis von 94 Millionen Euro ausgewiesen, Eigentümer Bund bekam den ihm zustehenden 90-prozentigen Gewinnanteil, also 57 Millionen, zudem 24 Mio. Euro an Körperschaftssteuer und 1,2 Mio. Euro Dividende.

Das wird heuer anders sein – und in den beiden kommenden Jahren erst recht.

Wenn überhaupt, wird die von Robert Holzmann geleitete Nationalbank heuer eine schwarze Null ausweisen – aus jetziger Sicht also einen kleinen Gewinn. Das setzt allerdings voraus, dass die OeNB von ihr gebildete Rücklagen auflöst – und zwar in der Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro, möglicherweise von mehr als 600 Millionen Euro.

Riesenverluste erwartet

In den Jahren 2023 und 2024 werden die Zahlen dann noch schlechter ausfallen, es dürfte hohe Verluste setzen. Aus jetziger Sicht und je nachdem, wie die nächsten Schritte der EZB wirklich aussehen, werden die Wiener Notenbanker auch im kommenden Jahr Rücklagen im Volumen von mehreren Hundert Millionen Euro auflösen, das Geschäftsergebnis dürfte trotzdem tiefrot ausfallen.

Größenordnung des zu erwartenden Verlusts: mehrere Hundert Millionen Euro. Auch 2024 dürfte das Minus noch einige Hundert Millionen Euro betragen, wobei man schon ohne Auflösung weiterer Rücklagepolster auskommen könnte. Eigentümer Republik wird also leer ausgehen – die Zeit der Gewinnausschüttung dürfte so bald nicht wiederkommen.

OeNB bestätigt schlechte Prognose

Konkrete Zahlen werden in der OeNB natürlich noch nicht kommuniziert. OeNB-Sprecher Christian Gutlederer spricht von signifikanten Auswirkungen der globalen Zinswende auf die Bilanzen von Notenbanken und bestätigt, dass die starken Rückgänge auf den Aktien- und Anleihemärkten 2022 auch die "Notenbanken oder andere konservative Anleger wie etwa Pensionskassen" treffen würden. Dazu kämen noch die steigenden Zinsaufwendungen. Die Gewinn- und Verlustrechnung der OeNB würden diese Entwicklungen "wie auch jene anderer Zentralbanken weltweit belasten". Er bestätigt, dass all das zu einer Auflösung von Rücklagen in der Höhe von hunderten Millionen Euro führen werde.

Und: Auch 2023 und 2024 könne "wegen der Kosten der Geldpolitik" kein positives Ergebnis erwartet werden, sondern negative Ergebnisse von "mehreren Hundert Millionen Euro". 2021 hatte die OeNB laut Geschäftsbericht 4,3 Milliarden Euro an Rücklagen, die "Deckungsmasse" für finanzielle Risiken betrug 7,6 Milliarden.

Rote Zahlen am Papier

Anders als bei Geschäftsbanken muss den Verlust von Notenbanken aber quasi niemand schultern, ihre Ergebnisse spiegelten eine makroökonomische Situation wider, im konkreten Fall die Folgen einer "Geldschwemme", wie ein Notenbanker sagt. Die Veranlagungen der OeNB, die zuletzt stärker auf Aktien gesetzt hat, könnten trotzdem noch Thema werden, wie manche vermuten. Genaueres wird man aber erst am 23. März nächsten Jahres wissen: An diesem Tag wird die OeNB ihre Zahlen präsentieren. (Renate Graber, 21.11.2022)