Schon immer wirft Honda, seines Zeichens weltgrößter (Verbrennungs-)Motorenbauer, einen eigenen Blick auf die Welt, sieht Sinn im Eigensinn, interpretiert Technologie aus Prinzip eigen. Das war bei der Wasserstoffbrennstoffzelle so, ist so beim Thema batterieelektrische Individualmobilität (Honda e, leider glücklos), und auch beim Hybridantrieb setzt man eine andere Duftnote als beispielsweise Toyota.

Mittlerweile ist ja die gesamte schmale Modellpalette (Jazz, HR-V, CR-V) hybridisiert, das zugehörige Kürzel schreibt sich e:HEV, schade um die großartigen Selbstzünder, und auch der neue Civic ist e:HEVisiert erhältlich – ausschließlich. Obwohl, da ist noch ein richtiger Kracher avisiert: Der Type R wird nächstes Jahr Hondas zuletzt eher vernachlässigte Emotionsschiene bedienen, Sie wissen schon: immer strengeres Abgasreglement, Strafzahlungen bei Überschreiten, E-Mobilitäts-Wende.

Landschaft im Nebel, hineingeduckt der neue Civic. Es ist die elfte Generation, und beim Design findet Honda generell endlich wieder eine stimmige Linie.
Foto: Andreas Stockinger

Im Prinzip ist die Technik ident mit den anderen i:HEVs, aber in kraftvollster und optimierter Ausformung: Zwei E-Motoren sind an Bord, einer ist für den Antrieb zuständig (135 kW / 184 PS), einer versorgt die Batterie mit Strom, als Generator. Der wiederum wird angetrieben vom 2,0-Liter-Benziner, der hauptsächlich Strom für den Antriebs-E-Motor liefert und dabei immer im optimalen Drehzahlbereich arbeitet.

Aber. Bei höherer Geschwindigkeit meldet sich Otto Atkinson direkt zu Wort und greift vorn direkt in das Antriebsgeschehen ein. Das funktioniert über eine Überbrückungskupplung, deren Übersetzung einem vierten, fünften Gang vergleichbar ist.

Flott und sparsam

Was das bringt? Fachwelt und Kundschaft sind ganz schön enthusiasmiert, denn im realen Autoleben lässt sich der neue Civic flott und sparsam bewegen. Beispiel: Voll besetzt ließ sich eine 600-Kilometer-Autobahnfahrt mit 5,9 l / 100 km bewerkstelligen. Ansonsten kommt man ohne viel Mühe in den Nahbereich des Normverbrauchs von fünf Litern geradeaus, die für den Civic e:HEV, Ausstattungsversion Advance, im WLTP-Verfahren ermittelt wurden. Das. Ist. Ein. Diesel-Wert.

Der Luftstrom der Klimaanlage wird mit diesen niedlichen kleinen Knüppeln gezielt.
Foto: Andreas Stockinger

So weit die eine Sache. Eine andere wäre die, dass der Direktantrieb jetzt auch bei Beschleunigen und höherem Tempo akustisch zurückhaltend bleibt (außer im Sport-Modus) – die Geräuschentwicklung war bisher häufig Anlass zu Kritik –, Hauptgrund ist die Kombination aus besserem Ansprechverhalten des Verbrenners und einem stärkeren E-Motor.

So sauber der Antrieb, so direkt die Lenkung, so griffig das Volant, und beim Handling macht sich die ausgewogene Achslastverteilung bemerkbar. Fahrwerk? Komfortabel mit Tendenz zur Straffheit, das macht sich auch auf der Langstrecke gut. Löblich in Zeiten ausufernder Touch-Bedienkonzepte ist weiters Hondas Ansatz, nicht jede Funktion in diesen Orkus zu verlegen. Zuletzt vielleicht noch ein Wort zum Design.

Den Luxus, besonders in der Stadt, rein elektrisch zu fahren, leisten sich immer mehr Fahrzeuge, und das aus gutem Grund. Stop-and-Go-Verkehr war noch nie derart erträglich.
Foto: Andreas Stockinger

Das gab zuletzt nicht immer Anlass zum Jubeln. Mit dem Jazz begann die aktuelle Trendwende, inzwischen sind das alles richtig fesche Fahrzeuge, die auch optisch wieder Begehrlichkeit wecken. Und spielte der Civic einst in der Golf-Klasse, so hat er sich von jener mit der Vorgängergeneration endgültig verabschiedet. Mittlerweile halten wir bei über 4,5 Meter Länge, die Passagiere freuen sich über solides Platzangebot, Parklücken finden sich hingegen seltener, und aus dem klassischen Fünftürer wurde ein Fließheck.

Fazit: Der erste Eindruck, den wir von der Pressepräsentation im Sommer mitgenommen hatten, hat sich verstärkt. Der neue Civic ist ein prima Auto. (Andreas Stockinger, 5.12.2022)