Die Gewerkschaft Verdi steigt für die Angestellten der deutschen Twitter-Niederlassung in den Ring.

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Vor der ersten großen Kündigungswelle bei Twitter hatte dessen Deutschland-Sparte etwa 30 Angestellte. Viele davon waren ebenfalls von Elon Musks Kahlschlag betroffen, wogegen sie nun rechtlich vorgehen wollen – mit Unterstützung der Gewerkschaft Verdi, wie die Dienstleistungsgewerkschaft in einer Aussendung bekanntgab.

Nach Verdi-Angaben haben die Betroffenen zeitgleich mit den Twitter-Angestellten in den USA am 4. November eine Benachrichtigung per E-Mail erhalten und am 16. November ihre schriftliche Kündigung zugestellt bekommen. Demnach trat der Twitter-Mitarbeiter "Tom" nach Erhalt der Benachrichtigung Anfang November der Gewerkschaft bei und konnte "auch die anderen Gekündigten in Deutschland" von einem Beitritt überzeugen.

Über den aktuellen Personalstand bei Twitter sagte der Mitarbeiter, der mit vielen seiner ehemaligen Kollegen aus aller Welt über Chatgruppen in Kontakt geblieben ist: "Es ist kaum noch einer da."

"Tom" drückte laut Verdi sein Bedauern aus, erst so spät der Gewerkschaft beigetreten zu sein. Der Software-Entwickler und Enkel eines Gewerkschaftshistorikers gab an, ihm sei vor allem die Art und Weise der Kündigung sauer aufgestoßen. Bis zur Übernahme des Unternehmens durch Musk habe er gerne für Twitter gearbeitet, trotz mangelhafter Work-Life-Balance.

Klagen in USA und Deutschland

Die gekündigten deutschen Twitter-Angestellten wollen nun mithilfe von Verdi Kündigungsschutzklagen gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber einreichen. Innerhalb der nächsten Wochen dürfte in diesem Fall ein sogenanntes Güteverfahren eingeleitet werden, in dessen Verlauf es meist zu einem Vergleich kommt. Andernfalls kommt es zu einer Gerichtsverhandlung, wo die Rechtmäßigkeit der Kündigungen geprüft wird. Ein für die Klägerseite positives Urteil hätte die Ungültigkeit der Kündigungen zur Folge.

In den USA läuft bereits seit Anfang November eine Sammelklage gegen Twitter. Dort dürfte das Unternehmen nämlich gegen den Worker Adjustment and Retraining Notification Act (Warn) verstoßen haben. Warn sieht vor, dass große Kündigungswellen mindestens 60 Tage im Voraus angekündigt werden müssen. Bei Verstößen müssen Unternehmen gekündigte Angestellte für bis zu 60 Tage weiterbezahlen. Außerdem drohen abhängig davon, wie spät die Entlassungen angekündigt wurden, bis zu 30.000 Dollar Strafe pro Kündigung.

Viele der entlassenen Twitter-Angestellten haben umfangreiche Entschädigungszahlungen erhalten – allerdings nicht alle, wie ein Bericht von "The Verge" zeigt. In mehreren Fällen wurden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter außerdem dazu angehalten, Verzichtserklärungen zu unterschreiben.

Auch Betriebsratsgründung geplant

Den verbliebenen Twitter-Angestellten in Deutschland will Verdi nun auch bei der Gründung eines Betriebsrats helfen. Federführend soll dabei Hikmat El-Hammouri sein, der bereits die Organisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Berliner Niederlassung des Kurzvideodiensts Tiktok begleitet hat. (Jonas Heitzer, 21.11.2022)