Der Zusammenbruch der Kryptobörse FTX schickte den Bitcoin auf Talfahrt.

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Zehn Tage ist es nun her, dass die Kryptobörse FTX rund um den charismatischen Gründer Sam Bankman-Fried – in der Szene schlicht "SBF" genannt – Insolvenz anmelden musste, und das Beben in der Kryptobranche ist weiterhin zu spüren. Das betrifft auch die Politik, die nun immer argwöhnischer auf diese Anlageform blickt.

So heißt es in einem aktuellen Artikel des "Handelsblatt", dass Ende November mehrere Gremien des US-Kongresses das Milliardenunternehmen untersuchen wollen, laut einem Bericht der "Washington Post" prüft das Finanzministerium zudem die Stabilität anderer Kryptobörsen.

Zweitgrößer Spender für Joe Biden

Bisherige Regulierungsversuche gegenüber der Branche fielen eher sanft aus. Beachtlich ist das auch, weil SBF der sechstgrößte politische Spender in den USA ist. Vor allem die Demokraten profitierten von den Spenden, wie das "Handelsblatt" mit Verweis auf die US-Wahlaufsichtsbehörde und das Portal Open Secrets schreibt.

Demnach hatte Bankman-Fried im Vorfeld der Midterm-Wahlen 39,7 Millionen US-Dollar an die Politik gespendet, davon 38 Millionen Dollar an die Demokraten. Auch an Joe Biden spendete er im Wahlkampf 2020 rund fünf Millionen Dollar – mehr kam nur vom ehemaligen Bürgermeister New Yorks, Michael Bloomberg.

Im April organisierte der 30-jährige SBF in seiner Wahlheimat wiederum eine Branchenkonferenz namens "Crypto Bahamas", bei der unter anderem Bill Clinton und Tony Blair auf der Bühne standen.

Geld abgezweigt

Die Demokraten werden dementsprechend von der politischen Gegenseite unter Beschuss genommen – nicht zuletzt, weil viele Anleger im Rahmen des Crashs ihr Vermögen verloren haben. So schuldet FTX aktuellen Medienberichten zufolge alleine den 50 größten Gläubigern rund 3,1 Milliarden Dollar, insgesamt belaufen sich die Verbindlichkeiten gegenüber den eine Million Kunden auf zehn Milliarden Dollar.

Immer mehr gerät dabei auch SBF selbst ins Visier, der laut einem Bericht des "Wall Street Journal" im Rahmen von Finanzierungsrunden 300 Millionen Dollar für eigene Zwecke abgezweigt haben soll. Bankman-Fried galt lange Zeit als "der Gute" in der Branche, der – so die Positionierung in diversen Szenemedien – das Geld nur verdienen wollte, um damit die Welt zu verbessern. Exemplarisch für dieses Image gilt das nachfolgende Video von Anfang 2022.

EU prescht mit Regulierung vor

Während in den USA erst die Insolvenz eines großen Players und Lobbyisten zu mehr Skepsis gegenüber der Anlageform führte, ist man in Europa bereits weiter. Hier wurde ein Regelwerk mit dem Namen "Markets in Crypto Assets" (MiCA) entworfen, das diverse Aspekte rund um Kryptowährungen regeln und frühestens Ende 2023 in Kraft treten soll.

Dieses Regelwerk sieht unter anderem vor, dass Unternehmen, die Kryptowährungen in der EU emittieren und verkaufen wollen, künftig eine Lizenz von einer Aufsichtsbehörde eines EU-Landes benötigen. Auch sind strengere Regeln für Stablecoins und Non-Fungible Tokens vorgesehen.

"Nicht erst warten, bis sie groß sind"

Relativ lax war die Regulierung von Kryptowährungen auch in Großbritannien, was angesichts des FTX-Zusammenbruchs auch die Bank von England (BoE) auf den Plan ruft: Laut dieser zeigt der aktuelle Fall auf, wie dringend die Kryptowelt strenger reguliert werden muss.

Der Krypto-Abschwung im vergangenen Jahr und die Implosion der Kryptobörse FTX in der vergangenen Woche hätten zwar verdeutlicht, dass die Kryptowelt noch nicht groß genug und verzahnt genug mit der klassischen Finanzindustrie sei, um die Finanzstabilität zu bedrohen, sagt BoE-Vizechef Jon Cunliffe. Jedoch solle man "nicht warten, bis sie groß und vernetzt ist, um die notwendigen regulatorischen Rahmenbedingungen zur Verhinderung eines Kryptoschocks zu entwickeln, der eine viel stärker destabilisierende Wirkung haben könnte".

Ziel sei es, dafür zu sorgen, dass Innovationen geschehen könnten, dies aber innerhalb eines Rahmens, in dem mit Risiken angemessen umgegangen werde, sagt Cunliffe. Die BoE werde öffentliche Konsultationen einleiten, um die Regeln für Stablecoins detaillierter auszuarbeiten. Dabei gehe es auch hier unter anderem darum, wie Ansprüche von Stablecoin-Besitzern gegenüber Emittenten und Wallets strukturiert sein sollten, um Rückzahlungen zu ermöglichen.

"Das FTX-Beispiel zeigt, wie wichtig diese Aspekte sind", sagt Cunliffe. Das Finanzministerium werde zudem bald über eine Ausweitung des Anlegerschutzes und anderer regulatorischer Rahmenbedingungen beraten, die auch Krypto-Assets miteinbezögen. (stm/APA/Reuters, 21.11.2022)