Neben Clubs und Bars sind zunehmend auch private Wohnungen Orte, an denen K.-o.-Mittel verabreicht werden.

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Wer beim geselligen Zusammensein in einer Bar, bei einer Party oder einem Fest im privaten Umfeld plötzlich das Bewusstsein verliert, dem wurden möglicherweise sogenannte K.-o.-Tropfen ins Getränk gemischt. Betroffen sind vor allem Frauen, wobei die Zahlen zuletzt angestiegen sind. Die Stadt Wien startet nun eine Informationskampagne, um über die Gefahr aufzuklären und darüber zu informieren, was zu tun ist, wenn es zu einem Verdachtsfall gekommen ist.

Den Opfern fehlt häufig die Erinnerung an einige Stunden. Sie wachen manchmal an fremden Orten auf, fehlende Kleidung oder Schmerzen im Unterleib deuten auf sexuelle Übergriffe hin. Aber auch Raubdelikte wurden gemeldet. Unter dem Motto "Nichts ist O.K. bei K.-o.-Tropfen" wird ab Freitag zu Aufmerksamkeit und Zivilcourage aufgerufen. In TV-Spots, auf Freecards oder Citylights wird auf die Problematik hingewiesen. Bierdeckel mit der Aufschrift "Halt! Dein Glas immer fest" werden in Lokalen aufgelegt.

Unter anderem mit Freecards wird in der Kampagne auf das Thema K.-o.-Tropfen aufmerksam gemacht.
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Kaum riech- und schmeckbar

"Gewalt gegen Frauen ist absolut inakzeptabel", stellte die Wiener Frauenstadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) bei der Präsentation der Kampagne am Montag klar. Gefährlich an den Mitteln sei vor allem, dass man sie in Verbindung mit Alkohol kaum schmecke oder rieche. Darum sei es wichtig, immer auf das eigene Getränk aufzupassen, erläuterte Gaal. Auch in vertrauter Umgebung sei dies empfehlenswert, wurde versichert. Geraten wird auch dazu, sich bei plötzlichem Schwindel oder Übelkeit an vertraute Personen oder das Barpersonal zu wenden.

"Je informierter man ist, desto besser kann man sich oder andere schützen", zeigte sich auch die Frauensprecherin der Wiener Neos, Dolores Bakos, überzeugt. So könne man etwa, wenn man sehe, wie eine nicht mehr ansprechbare Frau von einem Mann aus dem Club getragen wird, sich nach den näheren Umständen erkundigen. Das Problem sei oft, dass auch Frauen, wenn etwas geschehen ist, unsicher seien. Immer wieder werde ihnen auch erhöhter Alkoholkonsum unterstellt, gab Bakos zu bedenken.

Gefährlich an den Mitteln sei vor allem, dass man sie in Verbindung mit Alkohol kaum schmecke oder rieche, erklärte Frauenstadträtin Kathrin Gaal (SPÖ).
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Anstieg von 20 auf 60 Fälle

Der 24-Stunden-Frauennotruf der Stadt steht unter der Nummer 01/71719 für Auskünfte zu dem Thema zur Verfügung. Deren Leiterin Heidemarie Kargl berichtete von einem Anstieg der Fälle beim Beratungstelefon. Heuer hätten sich bereits rund 60 Frauen gemeldet. 2021 waren es noch 40 gewesen, zuvor hatte man jährlich etwa 20 Fälle registriert. "Die Dunkelziffer ist aber sehr hoch", sagte Kargl.

Als K.-o.-Tropfen, auch Knockout-Tropfen oder Date-Rape-Drogen genannt, dienen Substanzen wie GHB oder GBL (Liquid Ecstasy), die salzig oder seifig schmecken können, das Schmerz- und Narkosemittel Ketamin sowie beruhigende wirkende Medikamente aus der Gruppe der Benzodiazepine. Typische Anzeichen für eine Vergiftung durch K.-o.-Mittel sind – neben plötzlichem Schwindel und Übelkeit – Wahrnehmungsschwierigkeiten, Dämmerzustand ("Gefühl, wie in Watte gepackt"), eingeschränkte Beweglichkeit bis hin zur Regungslosigkeit, aber auch anfängliche Euphorie.

Sechs bis zwölf Stunden nachweisbar

Laut Kargl vom Frauennotruf sei verstärkt zu bemerken, dass die Fälle im privaten Kontext zunehmen. Einladungen von Bekannten in die Wohnung oder das erste Date seien Situationen, in denen die Verabreichung stattfinden könne. Wichtig sei es vor allem, rasch ins Krankenhaus zu fahren, da die Spuren der Tropfen sonst nur schwer nachzuweisen seien. Möglich ist dies über Blut und Urin, laut Informationen des Bundeskanzleramts beträgt die Zeitspanne sechs bis zwölf Stunden. Für eine strafrechtliche Verfolgung sei deshalb rasches Handeln erforderlich.

"Es handelt sich um ein ganz perfides Delikt", warnte auch Landespolizeivizepräsident Michael Lepuschitz. Wichtig sei, sofort die Polizei zu rufen, wenn etwas verdächtig erscheine. (APA, red, 21.11.2022)