Gerald Simon analysiert im Gastblog die Performance der Nationalmannschaft.

Was haben Farnberger und Simon nicht gejammert, nach dem knappen Aus des österreichischen Fußballteams bei der letzten Europameisterschaft gegen das italienische Team. "Wir werden diese Azzurri in unserer Lebenszeit nicht mehr besiegen, vielleicht erleben das unsere Söhne, wir sicherlich nicht mehr!", haben sie geklagt, und so unwahrscheinlich war das gar nicht, lag doch der letzte Sieg gegen Italien bis gestern bereits 62 Jahre zurück. Sogar mein Vater – Jahrgang 1938 – hat nur diesen einen Sieg erlebt, denn der vorletzte stammt bereits aus 1937. Kurzum: Man gewinnt nicht jeden Tag gegen Italien. Aber gestern schon, und wie!

David Alaba bewahrte nicht nur vor einem Tor, sondern schoss auch gleich eines.
Foto: Olaf Osten (tschuttiheft.li)

Während die Fußball-WM in Katar eröffnet wurde, trafen sich Italien und Österreich zu einem Jahreskehraus. Aber dass der regierende Europameister Italien nicht ins kühle Happel-Stadion gekommen war, um den Gastgebern zu einem historischen Sieg zu verhelfen, war bereits nach wenigen Sekunden klar.

Das österreichische Glück

Alaba rettete bereits in der ersten Minute in den Corner, die anschließende Chance vergab Raspadori. Normalerweise liegen wir da schon mit 0:1 zurück, aber an diesem Abend hatte der Fußballgott wohl einen anderen Plan. Die österreichische Mannschaft schüttelte sich und begann Fußball zu spielen, wie sie es schon seit Jahren nicht mehr getan hatte. Hohes Pressing, souveräne Verteidigung, lange Ballstafetten mit One-Touch-Fußball, Farnberger und Simon blieb der Mund vor Staunen offen. Bereits in der sechsten Minute führte ein erfolgreiches Tackling zum Führungstreffer. Schlager attackiert, Arnautovic schnappt sich den Ball, spielt ihn am Sechzehner ideal für den nachgesprinteten Schlager auf und es steht 1:0 für Österreich.

Das österreichische Glück war perfekt, als Alaba auch noch einen Freistoß aus 25 Meter Entfernung sehenswert über den Weltklassetormann Donnarumma ins Netz knallte. Und das Schönste, Österreich hätte zur Halbzeit auch noch höher führen können. Der regierende Europameister wurde regelrecht an die Wand gespielt. Die zweite Halbzeit bot ein anderes Bild, die Österreicher verlegten sich aufs Kontern und lieferten eine heroische Abwehrschlacht, an deren Ende schließlich der historische 2:0-Erfolg über Italien stand.

Besser als die Weltmeisterschaft

Als Vorspiel, quasi, zu Österreich–Italien fand 35 Kilometer von Doha im Al-Bayt-Stadion das Eröffnungskickerl zur aktuellen Fußball-WM zwischen dem Veranstalter Katar und Ecuador statt. Auch das endete 2:0 und zwar für Ecuador, eine erste herbe Enttäuschung für das so hoffnungsvolle Gastgeberland. Nicht nur Farnberger und Simon sind der Meinung, dass das bessere Fußballspiel in Wien stattgefunden hat, sondern auch der österreichische Teamchef Ralf Rangnick. In Anspielung auf gekaufte Fans von Katar bei der WM meinte er auch noch, dass es in Österreich nicht notwendig sei, dass man Fußballfans bezahlen müsse, damit sie ihre Mannschaft unterstützten. Obwohl: Die gestrige Partie hätte noch einige Zuschauer und Zuschauerinnen mehr verdient gehabt. Aber nach diesem Auftritt des österreichischen Teams ist beim nächsten Mal die Hütte sicherlich wieder voll! (Gerald Simon, 21.11.2022)