Wenn man Pech hat, fehlt der Spruch in einem Glückskeks ganz.
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Pro:

Es liegt ja auf der Hand: Diejenigen, die über Glückskekse Bescheid wissen, reden eigentlich nicht viel, und diejenigen, die über Glückskekse viel reden, wissen nicht viel. Deswegen sei hier über Glückskekse nur so wenig gesagt:

1. Das Glückskeks tritt gern in ein Haus, wo gute Laune herrscht.

2. Wer viele Glückskekse anhäuft, hat viel zu verlieren.

3. Nur mit den Augen der anderen kann man sein Glückskeks gut sehen.

4. Es führen viele Wege zum Gipfel eines Glückskeks, doch die Aussicht bleibt die gleiche.

5. Fordere viele Glückskekse von dir selbst und erwarte wenige von anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.

6. Unsere Wünsche sind wie kleine Glückskekse. Je mehr man ihnen nachgibt, umso anspruchsvoller werden sie.

7. Das Glückskeks ist wie ein Vogel, wer es nicht ergreift, dem fliegt es davon.

8. Hör auf dein Glückskeks!

9. Dann wird alles, was du anfasst, zu einem Glückskeks.

10. Noch Fragen?

(Mia Eidlhuber)

Kontra:

Es liegt auf der Hand, dass es sich bei Glückskeksen um Scharlatane handelt. Die Dürftigkeit der Aussagen, mit denen sie Wahrheitssuchende beglücken, steht in krassem Widerspruch zu ihrem Aufzug.

Ihr missgestalteter Leib ist in einen Mantel aus Goldlamé gehüllt. Sie erinnern an Varietékünstler. Tritt man unversehens auf freier Wildbahn auf ein unnütz herumliegendes Glückskeks, wird ein hässliches Knirschen vernehmlich. Unwillkürlich denkt man an das Zertreten eines Käfers.

Ausgerechnet aus den Scherben solcher Schädlinge soll uns die Weisheit des Ostens blühen: aus Losungen, die den Hirnen armer Gelegenheitstexter entsprungen sind. "Morgen begegnet Ihnen das Glück in Gestalt Ihres Bankberaters!" Kann nicht stimmen, es gibt keine Bankberater mehr. Schlimm auch: "Du sollst die Schlange nicht verachten, weil sie keine Hörner hat!"

Konfuzius wusste: "Willst du den Leib von Mensch oder Keks erbrechen, sei entweder Chirurg oder Bäckerlehrling – sonst lass es sein!" Wer wäre ich, um dem großen Weisheitslehrer zu widersprechen?

(RONDO Exklusiv, Ronald Pohl, 31.12.2022)