Texingtal – Das Dollfuß-Museum im niederösterreichischen Texingtal, der Heimatgemeinde des Innenministers Gerhard Karner (ÖVP), sorgte in den letzten Monaten für ordentlich Diskussionsstoff. Kritik wurde vor allem an der Aufbereitung als Gedenkstätte geäußert, unter anderem hängt über dem Museum eine Tafel mit der Inschrift "Gewidmet dem großen Bundeskanzler und Erneuerer Österreichs". Eine Aufarbeitung des austrofaschistischen Kanzlers in den 1930er-Jahren fehle laut Historikerinnen und Historikern komplett.

Von 1932 bis 1934 war Engelbert Dollfuß Bundeskanzler der Ersten Republik.
Foto: Imago images

Aktuell ist das Museum gesperrt, und der von Karner angekündigte und von der Gemeinde beschlossene Vermittlungsprozess soll dieser Tage starten. Bis Ende 2023 soll ein Gesamtkonzept für das Museum zustande kommen.

Workshops und Exkursionen

Beauftragt wurde damit der Verein Merkwürdig, der mit Workshops und Exkursionen die Bevölkerung in den Prozess einbinden will. "Die Menschen in der Region verbinden mit Dollfuß keinen schlechten Menschen, und der Austrofaschismus wurde in der Vergangenheit einfach zu wenig behandelt", erklärt Vereinsobmann Alexander Hauer im Gespräch mit dem STANDARD. Wichtig sei deshalb eine Vermittlung der Geschichte. Auch Schülerinnen und Schüler werden eingebunden, um ein frühes Bewusstsein zu fördern.

Teil der Aufarbeitung sind auch der Dollfuß-Platz in der Nachbargemeinde Mank – übrigens die letzte Verkehrsfläche mit dem Namen Dollfuß – und ein Dollfuß-Denkmal in der Nähe. "Entscheidend ist nicht nur, was bei diesem ergebnisoffenen Prozess um das Dollfuß-Museum herauskommt, sondern auch der Weg dorthin", sagt Hauer. Herangezogen für das Konzept wird auch der Verein Museum Arbeitswelt aus Steyr.

Neben dem Vermittlungsprozess führt das Projektteam Erhebungen des Ist-Zustandes im Museum und im Archiv von Texingtal durch. Als Teil dieser Recherche werden auch Interviews mit Mitgliedern der Familien Schmutz und Dollfuß geführt. Der Verein erhofft sich dadurch mehr Informationen über die Geschichte des Museums und über die Wahrnehmung des Dollfuß-Gedenkens.

Ausschaltung des Parlaments

Von 1932 bis 1934 war Engelbert Dollfuß Bundeskanzler der Ersten Republik. 1933 schaltete er das Parlament aus und schuf mit der Maiverfassung 1934 einen autoritären Staat. Bei der Niederschlagung des Widerstands in der Bevölkerung kam es zu hunderten Toten. Im Juli 1934 wurde Dollfuß von den Nationalsozialisten ermordet. (Max Stepan, 22.11.2022)