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Energiekrise und Teuerung können die Altersvorsorge erschweren. Finanzexpertin Marietta Babos erklärt, wie es trotzdem klappt.
Foto: Getty Images

Immer noch sind die Pensionen von Frauen verglichen mit jenen von Männern im Schnitt erschreckend niedrig. Immer noch steuern wenig Frauen hier gegen. Das am meisten unterschätzte private finanzielle Risiko drückt dieser Kalauer aus: "Mein Geld ist schon weg, ich bin noch da." Ein Mädchen, das am 1. Jänner 2022 geboren wurde, hat aktuell gute Chancen 83,5 Jahre alt zu werden. In Österreich ist die Pension zudem zu 90 Prozent systemabhängig, wird also vom Staat finanziert. Auch das stimmt nachdenklich.

War in den vergangenen Jahren das Zinstief ein vieldiskutiertes Dilemma bei der Altersvorsorge, so ist heute vor allem der Ukraine-Krieg mit den schmerzlichen Begleiterscheinungen Energiekrise und Teuerung das bestimmende Thema. Das lässt aber auch das Bewusstsein für die Vorsorge steigen. "Wir registrieren eine deutlich gestiegene Nachfrage nach Beratung", sagt Marietta Babos. Die Vermögensberaterin steckt hinter dem Verein Damensache. Ihr erklärtes Herzensprojekt ist es, möglichst vielen Frauen dabei zu helfen, finanziell unabhängig zu werden.

Zeitpunkt für Aktienkäufe

"Viele Menschen fühlen sich aktuell bezüglich Aktien verunsichert. Dabei wäre jetzt genau der richtige Zeitpunkt, darin zu investieren", sagt Babos und stellt eine Analogie zur Shopping-Welt her. Ähnlich wie bei einem Schlussverkauf, aber im Bewusstsein, dass es einen langen Atem braucht – fünf Jahre Minimum. Eine weitere Unsicherheit: "Menschen, die eine Immobilie besitzen, die sie nicht benötigen, sind unschlüssig, ob sie jetzt verkaufen sollen. Was soll man mit dem daraus lukrierten Geld machen? Und jene, die gern eine Immobilie erwerben möchten, zögern aus Sorge, die Immobilienblase könnte platzen, oder sie sind von den höheren Kreditzinsen abgeschreckt."

Interessant ist das Spektrum der Klientinnen des Vereins Damensache: "Viele Frauen sind um die 20 Jahre alt. Entweder nimmt sie die Mutter mit, damit die Tochter später einmal ein besseres Auslangen findet. Oder es sind junge Frauen mit teils beachtlichem Vermögen, das sie geerbt haben, die aber ratlos sind, was sie damit anstellen sollen", sagt Babos.

Eine weitere wichtige Gruppe sind Frauen um die 30, häufig mit Kindern und häufig frisch geschieden. Als dritter Kundenkreis gelten Frauen Richtung 55. Auch unter ihnen fänden sich viele (plötzlich) Geschiedene, häufig mit hohen Kindererziehungszeiten und entsprechenden Lücken auf dem Pensionskonto. Auch diesen Frauen mangle es vielfach an Erfahrung in Finanzangelegenheiten.

Dreierschema

Grundsätzlich ist es nie zu spät, mit der Altersvorsorge zu beginnen. Babos empfiehlt immer ein Dreierschema: die Notreserve, die drei Monatsbezüge hoch sein sollte, eine Summe für späteren Konsum – darunter könne auch eine neue Ausbildung fallen – sowie Geld für die Absicherung und den Lebensstandard im Alter. Die Notreserve umfasst Bargeld, Geld auf dem Konto und (physisches) Gold. Letzteres könne man jederzeit verkaufen, ein Vorteil, wenn es schwierig sei, sich Bargeld zu verschaffen.

Als Faustregel sollte man zehn Prozent des Nettoeinkommens für die Pensionsvorsorge aufwenden. Ab einem Lebensalter von 40 Jahren sollte man diesen Satz verdoppeln. "Es ist ratsam, sich ein Bild der Pensionslücke, der Differenz zwischen Aktiveinkommen und staatlicher Pensionsleistung zu verschaffen", sagt die Finanzexpertin. Dies kann man auf der Homepage des Pensionskontos (neuespensionskonto.at) tun. Der Sparbetrag kann an die Lücke angepasst werden.

Faustregel für Geldanlagen

Interessant ist auch ein Blick auf den virtuellen Zukunftsrechner (damensache.at/zukunftsrechner): Hier fließen Zinseszins und Inflation in die Berechnung etwaiger monatlicher Sparbeiträge (plus bereits vorhandenes Vermögen) ein. Ein Absparplan zeigt auf, wie viel man bei einer angenommenen Lebenserwartung monatlich entnehmen kann.

Das weiter vorherrschende Zinstief bei den Sparformen bei gleichzeitig hoher Inflation bedeutet, dass sich anlagewillige Frauen vor allem den Kapitalmärkten zuwenden müssen. Für den Aktienanteil in einer Veranlagungsstrategie stellt Babos die Faustregel 100 minus Lebensalter auf: Das heißt, eine 19-jährige Studentin kann insgesamt ruhig eine Aktienquote um die 80 Prozent im Depot haben. Je älter die Person, desto geringer wird dann auch das mit Aktien eingegangene Risiko. Es empfiehlt sich aber, nicht in Einzelaktien zu investieren, sondern in Aktienfonds oder ETFs, denn die Einzeltitelauswahl ist für Laien oft zu schwierig. Geldanlagen werden innerhalb der Europäischen Union derzeit in sieben Risikoklassen eingeteilt, wobei sieben das höchste Risiko bedeutet. Anhand dieser Einteilung sucht man die passenden Papiere aus.

Je jünger, desto mehr Risiko

"Je jünger man ist, desto eher kann man zu Wertpapieren der Klasse sechs greifen", erklärt Babos. Das mittelfristig benötigte Geld, z. B. für größere Anschaffungen, streut man am besten in konservativeren Produkten mit Risikostufe vier und fünf. Wer ab 50 mit der Strategie beginnt, braucht einen gewissen Puffer in "langweiligen Fonds", damit man in den ersten fünf Pensionsjahren Geld verlässlich entnehmen oder ungünstige Börsenphasen verdauen kann. Langfristig erfolgversprechende Investmentthemen sind laut Babos der Gesundheits- und der Tech-Sektor.
(PORTFOLIO, Linda Benkö, 20.12.2022)