Obiang Nguema Mbasogo bei seiner Rede bei der Sicherheitskonferenz in New York.

Teodoro Obiang Nguema Mbasogo, mit 43 Amtsjahren der Welt dienstältester Staatschef in der Kategorie der "Bürgerlichen", sei angesichts seines fortgeschrittenen Alters daran gelegen, sein Image aufzubessern, hieß es in Diplomatenkreisen. Deshalb ließ der 80-jährige Dauerpräsident schon im September die Todesstrafe in seinem bürgerlichen Fürstentum, der Republik Äquatorialguinea, abschaffen und zog auch noch den Wahltermin vor: Das sollte ihn als Demokraten auszeichnen. Allerdings vergaß der Prototyp eines afrikanische Autokraten seinen Adlaten einzubläuen, dass sie ihn nicht unanständig gewinnen lassen: Denn 100 Prozent Zustimmung machen heutzutage das Image nicht besser.

So kam es, dass der Kandidat bei der Abstimmung am vergangenen Sonntag nicht etwa 93,53 Prozent wie bei den Wahlen vor sechs Jahren oder gar 95,8 Prozent wie im Jahr 2009 erhielt: Dieses Mal will ihm die Wahlkommission in der drückend heißen "Achsel Afrikas" am Golf von Guinea gleich 99 Prozent der Stimmen zuschreiben. Ein Geschenk zum sechsten und letzten Rennen des Präsidenten?

Vorwürfe der Opposition

Was von der Abstimmung zu halten sei, verriet Obiangs Herausforderer Esono Ondo schon vor dem Ereignis: "Eine einzige Farce." Die Opposition wird in dem 1,5 Millionen Einwohner zählenden Staat wie ein aussätziges Findelkind gehalten: Wem nicht wie dem Menschenrechtsanwalt Tutu Alicante die Flucht in die USA gelingt, droht in der berüchtigten Haftanstalt Black Beach zu enden oder muss sich in gezähmter Version wie Esono Ondo mit weniger als einem Prozent der Stimmen begnügen. Bei der Zubereitung der Wahlergebnisse überlässt Obiangs Demokratische Partei Äquatorialguineas (PDGE) nichts dem Zufall: "Wie man sät, so erntet man", lautet der Lieblingsspruch des Autokraten.

Der in diesem Fall besonders unangemessen ist. Denn die einzige spanische Kolonie Afrikas verdankt ihren relativen Reichtum (Durchschnittseinkommen 2021: 8.500 US-Dollar) nicht etwa dem weisen Regierungsstil Obiangs: Vielmehr wurde in dem zwischen Kamerun und Gabun eingeklemmten Urwaldstaat 1996 Erdöl entdeckt. Mit täglich rund 100.000 Barrel ist Äquatorialguinea der sechstgrößte Erdölproduzent Afrikas. Das schwarze Gold kommt allerdings nur einem Bruchteil der Bevölkerung zugute. Die große Mehrheit muss mit weniger als zwei Dollar am Tag auskommen. Auf der beleuchteten Prunkstraße Malabos, die vom Flughafen zum Fünf-Sterne-Hotel führt, sind nachts im Schein der Straßenlampen studierende junge Menschen zu sehen: Sie haben zu Hause kein Licht zum Lesen.

Ausbeutung und Unterdrückung

Teodoro Obiang hatte 1979 seinen eigenen Onkel von der Macht geputscht und ihn später erschießen lassen. Francisco Macias Nguema weinte keiner eine Träne nach: Er hatte sich als "Afrikas Pol Pot" einen Namen gemacht – unter anderem weil er zu Weihnachten 1975 seine Kritiker in einem Stadion zusammentreiben und während ihrer Hinrichtung das Lied über die Stadion-Lautsprecher spielen ließ: "Those were the days, my friend ...".

Dagegen war Obiangs Dauerherrschaft geradezu harmlos. Ihm war eher an den Schätzen seines Landes als an der Vernichtung seiner Bevölkerung gelegen: Obiang soll Milliarden an Petrodollar in seine Tasche gesteckt haben. Davon wissen nachweislich auch die Mineralölkonzerne: Trotzdem halten sie seit Jahrzehnten an ihren Geschäften mit ihm fest. Ebenfalls seit Jahrzehnten wird auch auf Obiangs Gebrechlichkeit verwiesen: Eine Prostatakrebserkrankung könne dem 80-Jährigen jederzeit zum Verhängnis werden, heißt es. Für diesen Fall ist vorgesorgt, dass ein Obiang das afrikanische Ölscheichtum weiterführen wird: Als Vizepräsident steht Sohn Teodorin Nguema Obiang Mangue bereits in den Startlöchern. Jedenfalls wird der notorische Jetsetter die Familientradition fortsetzen: Teodorin wurde 2017 in Frankreich des Betrugs verurteilt, auch in der Schweiz und den USA wurden seine Sportfahrzeuge und Villen beschlagnahmt. (Johannes Dieterich, 22.11.2022)