Damit sich die gefährliche Milbe nicht weiter ausbreiten kann, wurden bisher Säuren eingesetzt, die allerdings sowohl für die Bienen als auch für die Imkerinnen und Imker problematisch sind.
APA/dpa-Zentralbild/Jens Kalaene

Die Varroamilbe ist Imkerinnen und Imkern schon lange ein Dorn im Auge – schließlich ist sie für den Tod von etwa einem Fünftel aller europäischen Bienen verantwortlich. Dabei geht die Milbe durchaus heimtückisch vor: Während der Brutzeit sind die mit "Stiften", also Bieneneiern, gefüllten Bienenwaben zunächst unbedeckt. Erst wenn die Maden groß genug sind, verdeckeln die Bienen jede Zelle mit Wachs. Diesen Zeitraum macht sich die Varroamilbe zunutze und legt ihre eigenen Eier in der Bienenbrut ab. Befallene Bienenlarven sterben entweder direkt oder verlieren massiv an Gewicht, was sie nachhaltig schwächt.

Neben Larven können auch ausgewachsene Arbeiterinnen betroffen sein. Sobald eine Arbeiterin befallen ist, fungiert die Varroamilbe als Parasit und ernährt sich vom Blut der Biene. Vergleichbar mit einer Virusinfektion beim Menschen übertragen die Bienen die Milbe dann unaufhörlich innerhalb des eigenen Stocks. Wird in einem solchen Fall nicht eingegriffen, stirbt das gesamte Bienenvolk innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre aus.

Starke Säuren, hohes Risiko

Wird ein Varroabefall der Bienenstöcke entdeckt, muss dieser gemeldet werden. Um ein Übergreifen auf benachbarte Bienenvölker zu verhindern, besteht darüber hinaus eine Behandlungspflicht. Zur Bekämpfung der Milbe kommen derzeit vor allem starke organische Säuren, meist Ameisen- oder Oxalsäure, zum Einsatz. Dabei wird die Säure mit einer wässrigen Zuckerlösung versetzt und auf die betroffenen Bienen geträufelt. Die Säurebehandlung ist zwar effektiv, bringt aber einige Nachteile mit sich – nicht nur für die Bienen selbst, sondern auch für jene, die sie halten und nach ihnen schauen. Auch für die Vielzahl an existierenden Bienenprodukten ist die Behandlung problematisch.

Wie es auch schonender geht, zeigt das österreichische Start-up Youbee.
Foto: Youbee

Denn die säurebasierte Anwendung ist heikel, selbst erfahrene Imkerinnen und Imker scheitern oft daran. Bei falscher Handhandhabung besteht das Risiko, einen Großteil der eigenen Bienen durch die Säure zu verlieren. Zusätzlich steigt die Gefahr der Selbstverletzung durch Verätzungen. Zudem zeigen zahlreiche Populationen der Milbe inzwischen eine Resistenz gegenüber vielen chemischen Mitteln. Unklar ist zudem, ob geringe Säurereste nach der Behandlung im Honig verbleiben.

Seit Jahren gibt es deshalb Bestrebungen, umweltschonende Alternativen zur Bekämpfung der Varroamilbe zu finden. Bereits in den 1970er-Jahren haben Forscher und Forscherinnen eine im Vergleich zur Biene verringerte Wärmeresistenz der Varroamilbe festgestellt. Konkret heißt das: Bienenlarven bleiben bis zu einer Temperatur von 45 Grad Celsius unbeschadet, während die Milbe bereits ab einer Temperatur von 39 Grad getötet wird.

Technologie im Bienenstock

Die sogenannte "hyperthermische Behandlung" macht sich diesen Umstand zunutze und gilt bislang als vielversprechendste säurefreie Alternative zur Bekämpfung der Milbe. Bei dieser Methode wird die verdeckelte Bienenbrut gezielt "überwärmt". Entscheidend für den Erfolg der Behandlung ist eine langsame Erwärmung und exakte Einhaltung der Temperatur. Bisherige technologische Ansätze sind vor allem an Letzterem gescheitert.

Das steirische Start-up Youbee will das ändern. Nach jahrelanger Entwicklungsarbeit, das von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG mit Mitteln des Klimaschutzministeriums unterstützt wurde, hat das Unternehmen ein patentiertes System erfunden. Als Kernelement dient eine selbstregulierende Heizfolie, die unabhängig von der Umgebungstemperatur konstant 42 Grad hält – heiß genug also, um alle Milben zu töten, aber die Bienen unversehrt zu lassen. Die Heizfolie wird zunächst per Siebdruckverfahren mit einer hauchdünnen Silberschicht überzogen, die als elektrischer Leiter fungiert. Im Anschluss daran wird die Folie mit einer Heizschicht aus PTC-Lack versehen.

Der "beheizte" Bienenstock kommt mit selbstregulierenden Heizfolien.
Foto: Youbee

Ausgeklügeltes System

PTC-Lack besitzt die Eigenschaft, bei zunehmender Temperatur den elektrischen Widerstand zu ändern. Der Youbee-Lack besteht aus einer speziellen Mischung, die dazu führt, dass der Widerstand bei exakt 42 Grad asymptotisch gegen unendlich steigt. Damit blockiert sich das System von selbst, sobald es diese Temperatur erreicht hat. Eine für Bienen tödliche Überhitzung ist somit ausgeschlossen. Die Heizfolie wird schließlich mit einer Schicht aus Bienenwachs ummantelt und mithilfe von Befestigungsclips im Rahmen des Bienenstocks festgemacht.

Das System behandelt damit den am stärksten betroffenen Bereich direkt. Der Strom wird über das Wachsfundament durch die Silberschicht zu den Heizflächen geleitet. So ist auch ein vollautomatischer Betrieb möglich. Außerdem muss die Brut während der Behandlung nicht entfernt werden.

Das Start-up hofft, dass die Lösung zur erfolgreichen Eingrenzung der Varroamilbe beitragen wird. Mehrere Tausend Systeme sollen bereits europaweit im Einsatz sein. Eine Crowdfunding-Kampagne Anfang Dezember soll noch mehr Aufmerksamkeit und finanzielle Unterstützung bringen. (Anna Tratter, 27.11.2022)