Ein Porträt von Christoph Kolumbus, das Rodolfo Ghirlandaio zugeschrieben wird. War der Entdecker ein Genuese oder nicht? Das ist hier die Frage.

gemeinfrei

Sein Grab befindet sich – so viel steht fest – in der Kathedrale von Sevilla. Die Gewissheit allerdings, dass darin tatsächlich Knochen von Christoph Kolumbus liegen, ist noch gar nicht so alt. DNA-Proben, die 2004 entnommen wurden und mit DNA-Proben bestätigter Nachfahren des großen (Wieder-)Entdeckers verglichen wurden, lieferten dann aber doch recht eindeutige Beweise.

Diese Frage nach dem authentischen Grab war im Übrigen weniger trivial als man denken würde, denn die Knochen sind weit gereist: Kolumbus starb 1506 in der spanischen Stadt Valladolid in Spanien. Er wollte aber auf der Insel Hispaniola begraben werden, die heute zu Haiti und der Dominikanischen Republik gehört. Seine sterblichen Überreste wurden 1542 dorthin gebracht, 1795 aber nach Kuba überführt. 1898 landeten sie schließlich in Sevilla, nachdem Spanien die "Zuckerinsel" als Folge des Spanisch-Amerikanischen Kriegs verloren hatte.

Das offizielle Grab von Kolumbus in der Kathedrale von Sevilla. Die 150 Gramm Knochenmaterial, die dort lagern, stammen tatsächlich von ihm.

Kampf um den Geburtsort

Umstrittener ist im Vergleich dazu der Geburtsort von Kolumbus. Zwar gehen die meisten Biografien (auch die auf Wikipedia) davon aus, dass er um 1451 in der Republik Genua zur Welt kam. Es gibt aber nicht wenige Alternativhypothesen, die insbesondere seit dem 400-Jahr-Jubiläum der Wiederentdeckung 1892 ins Kraut schossen. Dieses damalige Jubiläum koinzidierte mit starken nationalistischen Bewegungen in Europa, von denen einige prompt Kolumbus für sich reklamierten.

Weil er vor allem Kastilisch schrieb, wurde Genua als Herkunftsort in Zweifel gezogen und Spanien ins Spiel gebracht. Die Alternativen reichen von Katalonien, Valencia, Mallorca bis Guadalajara; aber auch Korsika, Portugal oder Armenien stellen Ansprüche, um nur die wichtigsten Möchtegern-Geburtsorte zu nennen. Schließlich wird auch noch debattiert, ob er nicht ein in Genua geborener Schotte oder – wie Simon Wiesenthal vermutete – jüdischer Herkunft gewesen sein könnte.

Den größten Kult um einen alternativen Geburtsort zu Genua gibt es aber in der nordwestspanischen Provinz Galicien – und dort sucht man mit wissenschaftlicher Gründlichkeit nach der Bestätigung, dass Kolumbus einer der Ihren gewesen sei.

Galicische Graböffnungen

Das jüngste bizarre Kapitel dieser Behauptungen: Am Montag öffnete ein Team von Konservatoren, Archäologen und forensischen Anthropologen in der Kirche San Martín de Sobrán in der galicischen Stadt Vilagarcía de Arousa das Grab von Johan Marinho de Soutomaior, einem Adligen und Erzdiakon, der nach Ansicht des galicischen Kolumbus-Lagers ein Cousin des Seefahrers gewesen sein könnte. Aus den sieben Knochenfragmenten, die aus dem Grab exhumiert wurden, wird nun DNA extrahiert und dann mit Proben von Kolumbus' sterblichen Überresten sowie von denen seines Bruders und seines Sohnes verglichen.

Die Forscher haben auch Knochenproben aus einer anderen Kirche in der Gegend entnommen, in der weitere mögliche Verwandte des Entdeckers begraben sein sollen. Die Galicische Kolumbus-Vereinigung, die die Theorie vertritt, dass Kolumbus aus der Region um die Mündung von Pontevedra stammte, weist darauf hin, dass der Nachname Colón (spanisch für Kolumbus) in dieser Gegend gut dokumentiert ist, während der Name Colombo für diese Zeit in Genua als unbekannt gilt.

Peter der Frühaufsteher?

Es wird zudem in Galicien vermutet, dass es sich bei Kolumbus um den galicischen Ritter Pedro Álvarez de Soutomaior gehandelt haben könnte, der auch unter dem Spitznamen Pedro Madruga (Peter der Frühaufsteher) bekannt ist. Optimistisch äußerte sich jedenfalls der Präsident des Vereins, Eduardo Esteban Meruéndano, gegenüber der Zeitung "La Voz de Galicia": "Es sieht so aus, als seien wir der DNA eines Soutomaior nähergekommen." (tasch, 23.11.2022)