Man könnte die Geschichte aus Swarovski-Sicht erzählen. Begrüßt wird man von einer LED-Lichtinszenierung an den Frontleuchten – "Griaß enk, Manda und Weibsbilder" –, und innen haben die Tiroler dann von BMW rundherum um den Dreh-Drück-Controller, das Schaltheberl links davon und die Sitzverstellungen an den Türen eine Luxuslimo bauen lassen. Kristallwelten, mondän verpackt.

Oder aus der Sicht des Propheten Josua, der BMW den Weg ins gelobte Land weist, in dem Milch und Honig fließen, sprich: Verheißung großer Profite, sprudelnder Gewinne. Der Gedanke kommt einem jedenfalls in den Sinn, wenn man mit dem 7er wie auf Wolken durch den Joshua-Tree-Nationalpark schwebt und überall diese wegweisenden Palmillen sieht.

"Eleganz und Präsenz" verspricht BMW im Zusammenhang mit dem Erscheinungsbild des neuen 7ers und der E-Version i7. Zumindest Präsenz ist nicht zu leugnen.
Foto: Werk

Man könnte auch aus Sicht der Architektur der klassischen Moderne berichten, schließlich hat der gebürtige Wiener Richard Neutra in Palm Springs das Haus Kaufmann geplant, vor 75 Jahren, und auch die Gestalter des 7ers beanspruchen klassische moderne Formfindung für diesen Monolith, aber damit wechseln wir vom Konjunktiv zum Indikativ, von der (Luxus-)Immobilie zur (Luxus-)Mobilie, zur technischen Architektur dieses randvoll mit Hochtechnologie vollgestopften Autos.

Die ist ganz neu, aber – anders als bei Mercedes es bei S-Klasse und EQS praktiziert – eine Mischplattform. Das in Dingolfing gebaute Fahrzeug kann in allen Versionen auf einem Band gebaut werden, egal ob elektrisch oder verbrennungsmotorisch, und im Gesamtpaket verliert der i7 gegenüber den konventionellen Geschwistern nur unwesentlich an Bauraum: Die unterflur verbaute Batterie nimmt eineinhalb Zentimeter mehr Höhe in Anspruch, Basketballer sitzen hinten womöglich mit angewinkelteren Beinen.

Als Highlight hinten wird der "Theatre Screen" mit integriertem Amazon Fire TV vermarktet. Ist aber längst nicht die einzige technische Innovation im Fond.
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Bei den Körpergrößen darunter sollte das kein Problem sein, und da Kollege Enrico zunächst die Rolle des Chauffeurs übernimmt, nehmen wir bei der ersten Ausfahrt hinten Platz. Gigantisch, was BMW dort an mehr oder weniger sinnvollem Brimborium auffährt. Besonders stolz sind sie auf den riesigen, 31,3 Zoll großen, herabklappbaren Panoramabildschirm. Wird der aktiviert, ist vorne Sense mit Blick durch den Rückspiegel, weil zusätzlich auch die Sonnenschutzrollos seitlich und an der Heckscheibe runterfahren – wen(n) das stört, bitte wechseln aufs Kamerasystem. BMW verweist auf das integrierte Amazon Fire TV, wir verweisen auf den Umstand, dass der Schirm reichlich nahe am Auge des Betrachters angebracht ist, das fühlt sich an wie Kino in der ersten Sitzreihe.

Gruß von Wolke sieben

Aber vom Schweben war die Rede, Gruß von Wolke sieben. Der Eindruck verdankt sich der adaptiven Zweiachs-Luftfederung und dem adaptiven Fahrwerk mit Niveauregulierung. Klar, die Masse lässt sich schlecht verbergen, kaschieren aber lässt sich die Länge – mit 5,39 m überragt die Neuauflage die Langversion des Vorgängers um 13 Zentimeter, der 7er ist damit zum Beispiel drei Zentimeter länger als der Pick-up Ford Ranger –, nämlich dank Hinterradlenkung.

Mit Hinterradlenkung schafft es der i7 auf überraschend geringe 12,3 Meter Wenderadius.
Foto: BMW

Anders als Mercedes belässt es BMW bei fünf Grad Einschlag maximal, Argument: Dafür müsse man keine Nachteile wie Beschränkungen bei den Radgrößen in Kauf nehmen.2715 kg bringt der i7 auf die Waage, aber weil er Wankbewegungen gar so gekonnt stabilisiert und eben dank Hinterradlenkung, fährt sich das nicht nur komfortabel, sondern so agil und, speziell im Sport-Modus, dynamisch, wie man das von BMW erwarten darf und wie das in der Klasse gerade noch angemessen sein mag. Rund um Palm Springs gibt es nicht nur Wüste und Josuas Bäume, sondern auch alpines Gelände mit entsprechend kurviger Straßenführung, von da her rühren die geschilderten Primärimpressionen.

Hände weg vom Steuer

Das Thema "Fahren oder fahren lassen", längst ist auch unsereins ans Steuer gewechselt, bespielt der 7er übrigens nicht nur mit Blickrichtung Chauffeur oder Selbstfahrer(in), sondern auch unter dem Aspekt autonomes Fahren aktuellster Stufe: Level 2+. Rund um Palm Springs können wir uns auf dem Highway ein Bild von der Sache machen.

Funktioniert’s? Jjjein. Also, schon, aber noch nicht perfekt. Vielleicht pinselt die kalifornische Straßenmeisterei die verblassten Bodenmarkierungen einmal nach, dann klappt das bestimmt gleich deutlich besser.

Theoretisch jedenfalls könnt man so hunderte Kilometer auf der Autobahn fahren, inklusive Spurwechsel, einzige Bedingung: Man muss den Blick auf der Straße halten (bei Sonnenbrillen mit Polfilter allerdings streikt das System und zwingt einen, wieder selbst Hand anzulegen). Bei Level 3 – kommt im 7er in Bälde, los geht’s in Deutschland und China – ist nicht einmal mehr das vonnöten, da kann man den Blick zum Beispiel tief in die Augen der Person auf dem Beifahrerinnensitz versenken.

In der Zukunft hat eben alles RGB-Beleuchtung. So auch der Swarovski-beschmückte Innenraum.
Foto: BMW

Damit übernehmen wir das Steuer wieder selbst und fühlen einmal hinein, was 400 kW und 745 Nm bewirken. Bewirken können, legt man es einmal darauf an. Der Luxusliner mit je einer stromerregten Synchronmaschine vorne und hinten schiebt gewaltig an, das sonst bei E-Autos oft lästige Surren ist, wenn, nur ganz dezent präsent, und übertreibt man es nicht mit solchen Übungen, bedeuten "bis zu 625 km Reichweite" im Alltag einen Aktionsradius von ca. einem halben Tausender.

Laden lässt sich der 101,7-kWh-Akku mit maximal 195 kW, da ist er dann in 34 Minuten auf 80 Prozent, anders als Porsche (800 V) belässt es BMW aber bei 400-Volt-Technologie.Bedienkonzept: Vorbildlich, dass im 7er noch der Dreh-Drück-Controller (Swarovski!) verbleibt. Äußerst fragwürdig hingegen, dass man jetzt auch die Raumtemperatur durch Touch-Regler einstellen muss. Was für eine Unsitte, die da immer mehr um sich greift."

Eleganz und Präsenz und progressiver Luxus", so lautet BMWs Versprechen an seine vermögende Klientel. Das Eleganz-Verständnis scheint vor allem am Geschmack der Amerikaner und Chinesen orientiert, und bei der Altersstruktur liegt der Schnitt in den USA und Europa bei Mitte 50 – China hingegen meldet ein Durchschnittsalter von 37 Jahren. In Österreich werden im langjährigen Jahresschnitt etwa 120 7er verkauft, für 2023 rechnet der Importeur mit "signifikant mehr".

Neben dem i7 sind bei uns dann auch noch ein 48-Volt-Mildhybrid-Diesel mit 220 kW (300 PS; 740d) und zwei Plug-in-Hybride mit rund 80 km Reichweite (750e: 360 kW/490 PS; M760e: 420 kW/571 PS) erhältlich, allesamt Reihensechszylinder mit Allradantrieb.

Neben dem i7 ist der neue 7er auch mit Dieselmotor (300 PS) und in zwei Plug-in-Hybrid-Versionen erhältlich – die dann mit 490 respektive 571 PS Systemleistung und elektrischen Reichweiten von bis zu 87 bzw. km 85 aufwarten. Wartezeiten sind vorprogrammiert.
Foto: BMW

Der neue 7er, ein "Meisterwerk", wie Projektleiter Christian Schneider betont? Da ist was dran. Technologie und Luxus im Einklang, wie Yin und Yang. Zwei Millionen 7er hat BMW seit 1977 gebaut. Da geht noch mehr. (Andreas Stockinger 29.11.2022)