In Reih und Glied sind hier die getesteten Urinale präsentiert. Optimal ist das zweite von rechts, dessen Form von der Natur inspiriert ist.
Foto: M. Shi and Z. Pan/University of Waterloo

Länge ist eine gute Sache, wenn es um Urinale geht. Das haben Forschende der Universität Waterloo nun herausgefunden. Die Frage der Ausdehnung betrifft hier allerdings nicht die menschliche Anatomie, sondern die Form des Beckens.

Urinale sind eine seltsam aus der Zeit gefallene Besonderheit, seit auch Männer auf intergeschlechtlichen Toiletten mehr und mehr zu solidarischem Hinsetzen tendieren (was sich, spätestens wenn sie das Klo putzen, auch für sie lohnt). Bei Pissoirs ist es nach wie vor erlaubt, sich im Stehen zu erleichtern. Dennoch dürfen Urinale als Albtraum für Reinigungskräfte und unkonzentrierte Träger frisch gewaschener Hosen gelten. Je nach Präzision des Toilettengehers lässt sich nämlich ein mehr oder weniger um sich greifendes Spritzen des eigentlich in die Keramiköffnung fließenden Urins nicht vermeiden.

Miniaturisierte Fußballtore aus Kunststoff oder aufgedruckte Fliegen sollen die Motivation für genaues Zielen erhöhen, doch vielfach hilft auch der gute Wille nicht, manchmal bringt die Bauform selbst ein gewisses Maß an Spritzverlusten mit sich. Ein Forschungsteam aus dem kanadischen Waterloo wollte Abhilfe schaffen, wie das Magazin "New Scientist" nun berichtete. Die gefundene Lösung präsentierte man beim "75th Annual Meeting of the Division of Fluid Dynamics".

Urinieren wie ein Hund

"Die Idee ist genau dort entstanden, wo Sie sie vermuten", erzählt Zhao Pan von der Universität Waterloo. "Ich glaube, die meisten von uns waren schon einmal ein wenig unaufmerksam und haben nach unten geschaut, um festzustellen, dass wir vollgespritzte Hosen tragen."

Die Forschung begann mit der Suche nach dem idealen Winkel für den Urinstrahl. Unter der Annahme, dass Menschen immer in einem ähnlichen Winkel pinkeln, lässt sich mit einer Anpassung der Oberfläche des Urinals erreichen, dass diese sich dem Urinstrahl immer im richtigen Winkel entgegenstellt. Zur Ermittlung dieses Winkels wurden früher gewonnene experimentelle Daten zum Urinieren von Hunden mit Computersimulationen weiterverarbeitet. Hunde würden instinktiv durch das Heben des Beins den idealen Winkel finden, der sie nur minimal nassspritzt. Dieser Winkel betrage etwa 30 Grad, berichtet das Team.

Anhand dieser Daten fertigten sie drei Prototypen aus mit Epoxidharz überzogenem Schaum, denen sie zwei handelsübliche Designs gegenüberstellten, um alle gemeinsam zu testen. Das beste Ergebnis lieferte ein langgezogenes Urinal, das sich an der natürlichen Form des Nautilus orientierte und das Spritzer gegenüber handelsüblichen Modellen um etwa das 50-Fache reduzierte.

Die Form des Nautilus fasziniert Menschen seit jeher und diente nun als Vorlage für ein Urinal. Dieses kunstvolle Gefäß aus dem Kreml soll allerdings keinen Urin aufnehmen.
Foto: imago images / ITAR-TASS

Ein weiteres experimentelles Design war sogar noch erfolgreicher im Reduzieren fehlgeleiteter Urintropfen, mit einem entscheidenden Nachteil: Es ist für Männer einer bestimmten Körpergröße optimiert, während das langgezogene Urinal für verschieden große Männer gute Ergebnisse erzielt.

Getestet wurden die Urinale übrigens nicht von Hand, sondern mit einem maschinell erzeugten Wasserstrahl. Wer völlige Gewissheit über die optimale Funktion sucht, sollte Feldversuche an Menschen abwarten. (Reinhard Kleindl, 24.11.2022)