Das jüngste Ministerratstreffen der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) in Paris ist zu Ende gegangen – mit einer Budgeterhöhung und einer neuen Generation an Astronautinnen und Astronauten. Die österreichische Medizinerin Carmen Possnig schaffte es auf die Astronauten-Reservebank, das nächste Dreijahresbudget der Esa beträgt 16,9 Milliarden Euro und liegt damit deutlich über der letzten Finanzierungsrunde von 2019 (14,5 Milliarden Euro). Darauf haben sich die zuständigen Ministerien der Esa-Mitgliedsländer geeinigt. Die Hoffnung der Esa auf 18 Milliarden Euro wurde allerdings nicht erfüllt. Der österreichische Beitrag zum Esa-Budget beträgt 231 Millionen Euro, wie das für Weltraumagenden zuständige Klimaschutzministerium mitteilte.

Österreichischer Beitrag

Das Esa-Budget setzt sich aus Pflicht- und Wahlprogramm zusammen. Den Pflichtbeitrag zahlt jedes Mitgliedsland basierend auf seinem Bruttoinlandsprodukt, damit werden Wissenschaftsmissionen und Basisaktivitäten der Esa finanziert. Der österreichische Beitrag zum Pflichtprogramm soll nun von zuletzt 99 Millionen auf 116 Millionen Euro anwachsen, für Wahlprogramme werden 115 Millionen zur Verfügung gestellt.

Eine europäische Ariane-5-Trägerrakete brachte das James-Webb-Weltraumteleskop ins All. Die Esa will Europas Startkapazitäten weiter ausbauen.
Foto: ESA-CNES-ARIANESPACE

Inhaltlich will sich Österreich vor allem an den Bereichen Erdbeobachtung sowie Sicherheit und Kommunikation beteiligen. "Die Erdbeobachtung ist ein wichtiger Baustein in unserem Kampf gegen die Klimakrise. Je genauer wir über die Veränderung unserer Erde Bescheid wissen, desto gezielter können wir auch gegensteuern", sagte Klimaschutz- und Weltraumministerin Leonore Gewessler (Grüne). Insgesamt wurden dem Erdbeobachtungsprogramm im neuen Budget 2,7 Milliarden Euro eingeräumt.

Gebürtige Klagenfurterin wird Reserveastronautin

Präsentiert wurden auch 17 zukünftige Astronautinnen und Astronauten, die sich bei einem aufwendigen, eineinhalb Jahre dauernden Bewerbungsprozess gegen mehr als 23.000 Bewerberinnen und Bewerber durchsetzen konnten. Neun Männer und acht Frauen schafften es in die Astronautenklasse 2022, darunter ist auch die österreichische Allgemeinmedizinerin Carmen Possnig. Die 1988 geborene Klagenfurterin soll zu einer Reserveastronautin ausgebildet werden.

Die österreichische Medizinerin Carmen Possnig schaffte es in die Esa-Astronautenklasse 2022.
Foto: Esa/P. Sebirot

Vor fast genau fünf Jahren absolvierte Possnig im Auftrag der Esa bereits einen einjährigen Aufenthalt in der Antarktis. In der Forschungsstation Concordia untersuchte sie die Auswirkungen von Isolation und geringem Sauerstoffgehalt auf die Crew. An einer Reise ins All zeigte sie sich schon damals interessiert: "Aber nicht so nach dem Motto 'Wir fliegen zum Mars und bleiben ein Leben lang dort'. Wenn sie mich aber in fünf Jahren wieder abholen, wäre das okay", sagte Possnig damals.

Nun hat es die Kärntnerin tatsächlich in den nächsten Ausbildungsjahrgang für europäische Astronautinnen und Astronauten geschafft. Theoretisch könnte sie damit als erste Österreicherin ins Weltall zu fliegen. 1991 absolvierte mit Franz Viehböck der bisher einzige Österreicher einen All-Aufenthalt im Rahmen der damaligen Mission Austromir.

Raumfahrer mit Behinderung

Possnig, die derzeit ein PhD-Studium an der Universität Innsbruck absolviert, ist aber Reserveastronautin: Größere Chancen, tatsächlich ins All zu fliegen, haben sechs künftige Karriere-Astronauten, die einen sofortigen Vertrag mit der Esa bekommen und nun ein Basistraining absolvieren sollen. Mit dem Briten John McFall soll auch erstmals ein Mensch mit einer körperlichen Behinderung zum Astronauten ausgebildet werden.

"Heute begrüßen wir die 17 Mitglieder der neuen Esa-Astronautenklasse", sagte Esa-Generaldirektor Josef Aschbacher bei der Präsentation in Paris. "Sie bringen Ehrgeiz, Talent und Diversität in vielen verschiedenen Formen mit, um unsere Zukunft voranzutreiben." Der gebürtige Tiroler Aschbacher steht seit 2021 an der Spitze der Esa, zuvor leitete er das europäische Erdbeobachtungsprogramm.

Marsmission ohne Russland

Auf der Ministerratskonferenz der Esa-Mitgliedsstaaten in Paris wurde nun auch formal eine Verlängerung der Teilhabe an der Internationalen Raumstation bis 2030 beschlossen. Wie lange die ISS tatsächlich in Betrieb bleiben kann, hängt allerdings von den internationalen Partnern ab. Seit Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, ist die Zusammenarbeit auf der Station angespannt: Während die USA ebenfalls eine Verlängerung des Betriebs anstreben, hatte Russland zunächst mit einem Ausstieg Ende 2024 gedroht, war später aber wieder zurückgerudert.

Das europäisch-russische Gemeinschaftsprojekt Exomars war dagegen schon im Frühjahr nach dem russischen Überfall auf die Ukraine von der Esa gestoppt worden. Die Marsmission, die einen europäischen Rover samt russischer Plattform zum Roten Planeten hätte bringen sollen, könnte aber 2028 mit Hilfe der Nasa starten, wie Aschbacher sagte. Abgesehen vom Transport- und Bremssystem soll ein Großteil der ursprünglich eingeplanten russischen Technik aus europäischer Fertigung kommen. (dare, APA, 23.11.2022)