Quasar, Blazar, Galaxienkerne – Schwarze Löcher haben in der Astronomie fast so viele verschiedene Namen wie die Charaktere einer Geschichte von Tolkien. In diesem Fall geht die Namensvielfalt teils darauf zurück, dass der Ursprung der Phänomene anfangs unbekannt war. In Als man enorm energiereiche Quellen von Radiowellen am Himmel entdeckte, nannte man einfach beim Namen, was man sah: eine quasistellare Quelle von Radiowellen, kurz Quasar.

Entdeckt wurden die Objekte bereits in den Fünfzigern, als man sie wegen ihrer kompakten Ausmaße für besondere Sterne innerhalb unserer Galaxie hielt. Doch in den kommenden Jahren zeigten Analysen, dass diese Objekte viel weiter entfernt sein müssen und ihre Strahlung aus fremden Galaxien stammt. Doch das stellte die Astronomie vor ein noch größeres Rätsel: Sie mussten von enormer Leuchtkraft sein, um aus dieser Entfernung auf der Erde immer noch messbare Signale erzeugen zu können.

Das neue Weltraumteleskop IXPE, eine Kooperation der Nasa mit der italienischen Weltraumagentur Asi. Es hat einen Durchmesser von etwa einem Meter und eine Länge von fünf Metern.
Bild: Nasa

Erst mit der Zeit wurde klar, dass es sich bei den mysteriösen Radioquellen um supermassive Schwarze Löcher handelt. Zusätzlich zu den Quasaren wurden verwandte, noch extremere Objekte entdeckt, die Blazare. Sie zeichnen sich durch hochenergetische Strahlung in vielen verschiedenen Wellenlängen aus, dabei handelt es sich eigentlich um konventionelle Schwarze Löcher im Zentrum von Galaxien – sofern solche extremen Objekte konventionell genannt werden dürfen –, die sich durch eine Besonderheit auszeichnen. Schwarze Löcher stoßen zuweilen Jets aus Teilchen aus, die auf beinahe Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Bei Blazaren zeigt dieser Jet zufällig in die Richtung der Erde. Doch abgesehen davon, dass die starke elektromagnetische Strahlung irgendwie mit den Teilchenströmen zu tun hat, war ihre Entstehung unverstanden.

Aktive Galaxienkerne enthalten supermassive Schwarze Löcher. Viele der darin stattfindenden Effekte sind wenig verstanden.
Foto: AFP PHOTO / EUROPEAN SOUTHERN OBSERVATORY / M. Kornmesser and L. Calcada

Günstiges Weltraumteleskop

Nun wirft ein neues Weltraumteleskop Licht auf diese Frage. Das IXPE, das einer Kooperation der US-Weltraumagentur Nasa und der Italienischen Weltraumagentur Asi entstammt, startete erst im Dezember letzten Jahres ins All, um in etwas mehr als 500 Kilometern Höhe in einer Erdumlaufbahn seinen Einsatzort zu erreichen. Es ist Teil eines Nasa-Programms mit dem Namen Explorers, das sich auf vergleichsweise günstige Weltraumprojekte konzentriert. In diesem Fall bedeutet "günstig" Gesamtkosten von unter 200 Millionen Euro für eine geplante Operationszeit von zwei Jahren.

Mit seinen Röntgensensoren, die auch die Polarisation messen können (ein Effekt, der manchen im Alltag von Sonnenbrillen bekannt ist und der zeigt, dass Lichtwellen so etwas wie eine Breite haben), wird sich das nur etwas mehr als 300 Kilogramm schwere und etwa fünf Meter lange Objekt besonders auf Schwarze Löcher und Neutronensterne in all ihren bunten und unter vielerlei Namen bekannten kosmischen Varianten konzentrieren.

Diesen März nahm das Teleskop den Blazar Markarian 501 unter die Lupe. Diese Objekt, das auch mit Mrk 501 abgekürzt wird, ist etwas mehr als 450 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt. Es handelt sich eigentlich um eine Galaxie, die aber über einen äußerst aktiven Kern verfügt, in dessen Zentrum ein Schwarzes Loch mit seinen enormen Gravitationskräften eine Vielzahl hochenergetischer Phänomene auslöst.

Ein Schockwelle im Jet eines Blazars erzeugt enorm helles Licht in unterschiedlichsten Wellenlängen. Werden die Teilchen beschleunigt, emittieren sie zuerst Röntgenstrahlen, um nach und nach Licht in immer niedrigeren Frequenzen auszustrahlen.
Bild: Pablo Garcia (NASA/MSFC)

Zwei Röntgenmessungen von März 2022, die sich auf die Polarisation der Strahlung konzentrierten, dienten als Grundlage der Analysen, deren Ergebnisse nun im Fachjournal "Nature" publiziert wurden. Erstautor Ioannis Liodakis und sein Team schlossen aus dem Vergleich der beiden Beobachtungen mit Messungen im Radiobereich und im Bereich des sichtbaren Lichts, dass die anfängliche Beschleunigung der Teilchen in den Jets dieses Blazars durch eine Schockwelle verursacht wurde, die sich entlang des Jets ausbreitete. Das demonstriert laut den Forschenden die Leistungsfähigkeit des neuen Teleskops, insbesondere jene von Polarisationsmessungen für die Untersuchung der Jets.

Kosmische Teilchenlabors

Blazare sind nicht nur als astronomische Objekte interessant, sie können im Prinzip auch als riesige Teilchenbeschleuniger verstanden werden, deren Energien alles, was auf der Erde umsetzbar wäre, bei weitem übersteigen. Blazare können also als Physiklabore genutzt werden, wenn es gelingt, die Vorgänge in ihnen bestmöglich zu verstehen. Dieses Wechselspiel zwischen Grundlagenphysik und Astronomie ist ein Beispiel für eine sich immer weiter vertiefende Verzahnung der beiden Gebiete, in denen eine Entdeckung an einer Stelle weitreichende Auswirkungen in vielen Feldern nach sich ziehen würde, sodass weitreichende wissenschaftliche Revolutionen zum Greifen nah scheinen.

Die Forschenden geben sich bodenständiger und bereiten sich auf den nächsten Schritt vor: "Die Röntgenpolarimetrie wird es uns nun ermöglichen, mehrere dieser Jets zu untersuchen, um herauszufinden, ob diese Schocks für alle Quellen typisch sind", freuen sich die Forschenden. (Reinhard Kleindl, 27.11.2022)