Mit dem Autodrom verbindet den Autor dieser Zeilen eine Art Hassliebe. Einerseits war es oft Teil des jährlichen Kirtagsbesuchs (für unsere Besucher aus Deutschland: Jahrmarkt) und ermöglichte es auch einem Kind, sich hinters Steuer zu setzen. Andererseits konnten so manche rowdyhaften Teilnehmer auf der Verkehrsfläche den Spaß schon einmal trüben. Vielleicht war es sogar eine recht realistische Vorbereitung auf den Straßenverkehr.

Aber irgendwann hatte sich auch dieses Erlebnis abgenutzt. Im Kreis fahren (oder andere Teilnehmer jagen) ist auf die Dauer etwas eintönig. Das muss aber, dem technologischen Fortschritt sei Dank, nicht so sein. Ein Unternehmen, das sich unter anderem damit beschäftigt, derlei Fahrgerätschafte aufzurüsten, ist Spree Interactive. Am XR Day in Bonn hatte das Unternehmen eine neue Idee dabei: mit Augmented Reality erweitertes Bumper-Car-Fahren. DER STANDARD konnte der Verlockung natürlich nicht widerstehen.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Punkte sammeln, Drohnen abschießen

Auf der Messefläche in Bonn operierte man nicht mit den klassischen Autodrom-Autos, sondern jenen Fahrgeräten, die mit einem runden, luftgefüllten Ring umgeben sind und mit zwei Hebeln anstatt eines Lenkrads gesteuert werden. Zwei Fahrer treten gegeneinander an und tragen jeweils eine Augmented-Reality-Brille. Bei dieser Demoinstallation ist diese jeweils mit einem Smartphone verknüpft, das wiederum die Kommunikation mit dem dahinterstehenden Computersystem und diversen Sensoren übernimmt.

Spielziel ist es, einerseits auf der Fläche Punkte aufzusammeln und andererseits "Virus"-Drohnen abzuschießen, die über das Spielfeld fliegen. Gezielt wird dabei einfach durch Ansehen, geschossen wird in regelmäßigem Intervall automatisch. Für Treffer gibt es ebenfalls ein Punkteplus. Wer nach Ablauf der Zeit führt, hat gewonnen. Im Prinzip handelte es sich um eine simplifizierte Variante des bereits kommerziell von Spree Interactive vertriebenen Spiels "Cyberblaster".

SPREE Interactive

Trotz der suboptimalen Bedingungen im Rahmen der Messe – helle Beleuchtung und ein in seiner Größe stark limitiertes Spielfeld – funktionierte das recht gut. Die AR-Spielelemente reichern das Fahrerlebnis mit einer konkreten Herausforderung an, für die es mehr braucht als nur gute Lenkkünste. Zuseher können das Geschehen entweder "real" mitverfolgen oder komplett in Computergrafik abgebildet auf einem Bildschirm.

AR für die Gokart-Bahn

Ob sich das Spiel in dieser Form auf Kirtagen und Rummelplätzen wiederfinden wird, bleibt abzuwarten. Bei Spree werden solche Systeme nicht gleich fertig entwickelt, sondern zuerst als Demo für Präsentationen und Messen entwickelt, erklärte man dem STANDARD. Findet sich ein Interessent, der es in sein Angebot aufnehmen möchte, finalisiert man es nach dessen Wünschen und Anforderungen.

Das ultimative Ziel ist es, eine Art "Reallife-Version" des Arcade-Rennspielklassikers "Mario Kart" für Gokart-Bahnen zu entwickeln. Die mit AR-Brillen ausgerüsteten Fahrerinnen und Fahrer sollen Power-ups von der Rennstrecke aufheben und Sabotage der Mitspieler betreiben können, die etwa durch auf ihrem Fahrtweg platzierte virtuelle Hindernisse langsamer werden. Also die "große" Version von Nintendos "Mario Kart Live".

Dieses Ziel ist aber im Moment noch außer Reichweite. Denn aktuelle Augmented-Reality-Brillen seien noch nicht gut genug, um derlei Inhalte flott und präzise genug anzuzeigen. Schließlich muss man auf Gokart-Bahnen nicht nur einen größeren Bereich bespielen, sondern auch mit Fahrzeugen arbeiten, die viel schneller sind als jene im Autodrom. Dazu muss die Sicherheit der Teilnehmenden ebenfalls gewahrt bleiben.

Universal Studios Hollywood

Wie eine Realversion der kunterbunten Rennen aussehen kann, will aber auch Nintendo selbst bald zeigen. Anfang 2023 soll auf dem Gelände der Universal Studios in Hollywood die "Super Mario World" aufsperren. Der Vergnügungspark wird seinen Besuchern mit "Mario Kart: Bowser's Challenge" auch eine mit Augmented Reality angereicherte Version des Kultgames bieten. (Georg Pichler, 24.11.22)