Zum Verstecken: Das Spiel Deutschlands gegen Japan stieß auf überschaubares Interesse.

Foto: IMAGO/Rodolfo Buhrer

Doha – Die ganz große Euphorie löst die WM in Deutschland bislang nicht aus. Scheinbar haben viele Fußball-Fans den Aufruf "Boycott Qatar" ernst genommen und wollen nicht allzu viel mit diesem Turnier in Berührung kommen. Zumindest zeigt dies ein Blick auf die TV-Einschaltquoten. Die liegen seit Beginn auf einem mäßigen Niveau. Selbst das Auftaktspiel der deutschen Nationalmannschaft verfolgten keine 10 Millionen Zuschauer im ZDF.

9,23 Millionen. So viele Menschen schalteten, um genau zu sein, am Mittwochnachmittag bei der 1:2-Pleite gegen Japan ein, um mit Hansi Flick und seinem Team mitzufiebern. Das entspricht zwar einem Marktanteil von 59,7 Prozent, doch die Zahlen liegen meilenweit hinter vergleichbaren Werten von früheren Weltmeisterschaften.

Im ORF sahen die erste Hälfe im Schnitt 273.000 Zuseherinnen und Zuseher, was einem Marktanteil von 30 Prozent entspricht, bei den zweiten 45 Minuten waren 337.000 dabei.

Weit unter den Werten von 2018

"Der Zuschauerzuspruch im TV ist noch unter den sehr guten Werten von 2018", sagte ZDF-WM-Teamchef Christoph Hamm dem SID. Dafür seien in der Mediathek "die Abrufzahlen der Event-Livestreams jedoch im Vergleich stark gestiegen". Dort werden sicherlich noch einige das deutsche Spiel wegen der frühen Anstoßzeit um 14 Uhr von der Arbeit aus gestreamt haben. Zudem überträgt auch MagentaTV alle Partien live.

Dennoch: Vor vier Jahren in Russland hatten das 0:1 zum Auftakt gegen Mexiko in Moskau noch 25,97 Millionen (MA: 81,6 Prozent) im ZDF gesehen. Das Spiel wurde um 17 Uhr angepfiffen. Das EM-Finale der Frauen-Nationalmannschaft im Sommer verfolgten durchschnittlich 17,9 Millionen und damit fast doppelt so viele wie nun die Männer.

Die Gründe dafür sind vielschichtig. Neben der ungewohnten Jahreszeit, die eigentlich für einen durchschnittlich höheren Fernsehkonsum steht, überlagern politische Themen die Sportveranstaltung.

Diskussion um "One Love"-Binde

"Die ersten drei WM-Tage im ZDF waren geprägt vom Spagat zwischen der angemessenen Berichterstattung über die ersten Gruppenspiele und der Aufbereitung der kritischen Themen rund um dieses Turnier", sagte Hamm. Die massive Diskussion um die "One Love"-Binde sorgte scheinbar ebenfalls bei vielen ohnehin schon kritischen Fans zu noch mehr Unmut.

Die niedrigen Zahlen hatten sich aber bereits abgezeichnet. Nur das Eröffnungsspiel zwischen Gastgeber Katar und Ecuador (0:2) knackte an den ersten vier Tagen die 5 Millionen-Marke. Selbst der Auftakt des Titelverteidigers Frankreich gegen Australien (4:1) zur Prime-Time lockte nur 4,96 Millionen Fans vor die Fernsehgeräte. Dies waren knapp drei Millionen weniger als beim reichweitenschwächsten Spiel zur gleichen Zeit 2018.

Krimi-Wiederholung aus dem Jahr 2013 interessierte mehr

Bezeichnend war aber der Montag. Während zur besten Sendezeit im ZDF das Duell zwischen den USA und Wales (1:1) zu sehen war, sorgte die ARD selbst mit einer Krimi-Wiederholung von 2013 für eine höhere Einschaltquote und Reichweite.

Das ZDF jedenfalls gibt noch nicht auf und setzt die Hoffnungen in den zweiten Auftritt der deutschen Mannschaft am Sonntag gegen Spanien (20.00 Uhr/ZDF und MagentaTV). "Dieser Fußball-Klassiker in der Primetime dürfte weiteren Aufschluss geben, wie dieses Turnier bei den deutschen Fernsehzuschauerinnen und -Zuschauern angenommen wird", sagte Hamm.

Doch danach könnte die deutsche Mannschaft bereits ausgeschieden und jede, noch so kleine, WM-Euphorie ausgelöscht sein.

MagentaTV wollte sich im Übrigen zum jetzigen Zeitpunkt des Turniers noch nicht äußern. (sid, red, 24.11.2022)