Marketing ist auf Plattformen wie Instagram und Tiktok kaum mehr wegzudenken. Die Rechtslage lässt werbende Unternehmen und Influencer aber oft ratlos zurück.

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Kosmetika, Schmuck, Schuhe, Vitamine: Wer sich dieser Tage durch die endlosen Weiten seiner Feeds auf Instagram, Facebook oder Tiktok scrollt, wird mit Kaufempfehlungen regelrecht geflutet. Geworben wird nicht nur über deklarierte Anzeigen, sondern auch über Postings von Influencerinnen und Influencern, die sich – mal mehr und mal weniger offensichtlich – für Produkte oder ganze Unternehmen einsetzen.

Aktuellen Schätzungen zufolge ist der Markt für Influencer-Marketing im DACH-Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) mittlerweile über eine Milliarde Euro schwer und damit fest in der Werbebranche verankert. Was dabei erlaubt ist und was nicht, ist vor Gericht aber nach wie vor strittig. Eine Gesetzesänderung, die seit diesem Frühjahr in Deutschland in Kraft ist, schafft nur bedingt Abhilfe. Auch in Österreich, wo die Rechtslage sehr ähnlich ist, sind viele Fragen offen.

Grundsätzlich müssen werbliche Beiträge sowohl in Österreich als auch in Deutschland als solche gekennzeichnet werden. Das hat im Wesentlichen zwei Gründe: Zum einen soll die Regelung einen fairen Wettbewerb am Markt garantieren. Unternehmen sollen nicht davon profitieren können, dass sie auf Schleichwerbung setzen.

Zum anderen schützt die Kennzeichnungspflicht Konsumentinnen und Konsumenten. Sie dürfen durch versteckte Werbung nicht beeinflusst werden. Das wäre etwa dann der Fall, wenn ein Influencer fälschlicherweise behauptet, er empfehle das Produkt nur deshalb, weil er persönlich davon überzeugt sei.

Was gilt als Werbung?

Konkret verpflichten die allgemeinen Regelungen über das Verbot versteckter Werbung Influencerinnen dazu, sämtliche Beiträge oder Empfehlungen, für die sie einen "Vermögensvorteil" erhalten, zu kennzeichnen. Als "Vermögensvorteil" zählt dabei nicht nur Geld, sondern auch Rabatte, Gutscheine, Einladungen und kostenlose Produkte.

Aber nicht nur das: Influencer können sogar dann zur Kennzeichnung verpflichtet sein, wenn sie gar keine Gegenleistung für das Posting erhalten, erklärt Rechtsanwalt Arthur Stadler. Auch unentgeltliche Beiträge müssen laut dem deutschen Bundesgerichtshof (BGH) als Werbung gekennzeichnet werden, wenn sie nach ihrem "Gesamteindruck übertrieben werblich" sind. Von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen sind nur unentgeltliche, rein redaktionelle Beiträge.

Das Problem dabei: In der Praxis ist oft unklar, wann überhaupt "Werbung" vorliegt. Im rechtlichen Sinne werden damit Maßnahmen gemeint, die zu einer "Präferenzbildung" bei Verbrauchern führen. Laut Stadler ist die Grenze zwischen persönlicher Empfehlung durch Influencerinnen, redaktionellen Beiträgen und versteckter Werbung aber nicht immer klar zu ziehen und einzelfallbezogen. "Abgrenzungsschwierigkeiten gibt es vor allem bei Produkten, die selbst gekauft wurden", sagt Stadler. "Im Zweifel gilt: lieber einmal mehr kennzeichnen als einmal zu wenig."

Nach einer Reform sind die Grundsätze für Influencer-Werbung in Deutschland nun explizit im Gesetz geregelt. Demnach besteht für alle "kommerziellen" Beiträge eine Kennzeichnungspflicht – außer der kommerzielle Charakter ergibt sich "unmittelbar aus den Umständen".

Gegenleistung vermutet

Außerdem wird nun im Zweifel vermutet, dass Influencer für einen werblichen Beitrag eine Gegenleistung erhalten haben. Das soll den Beweis erleichtern. Betroffene haben aber die Möglichkeit, das Gericht vom Gegenteil zu überzeugen.

Relevant ist die Neuregelung auch für österreichische Influencerinnen, weil diese meist in den deutschen Markt "hineinstrahlen". Für viel mehr Klarheit hat sie allerdings nicht gesorgt, kritisiert Anwalt Stadler. "Für alle Beteiligten bleibt weiterhin eine große Rechtsunsicherheit." Würde Österreich eine gesetzliche Änderung anstreben, müsse diese zielsicher und praxisnah sein. Einen großen Mehrwert würde es laut Stadler schon bringen, wenn die Wettbewerbsbehörde, so wie in Deutschland, einen Leitfaden für Influencer-Werbung herausbringt – zur Hilfestellung dafür, wann und wie Beiträge gekennzeichnet werden müssen. (Jakob Pflügl, 26.11.2022)