Melanie Raidl empfiehlt ein Buch, das neue Denkmuster aufzeigt.

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Die Lebenssituation für die LGBTQ-Community ist in Deutschland bereits unproblematisch, denken viele. Schon die ersten paar Kapitel von Maria Vöcklers Buch Blau mit ganz viel Glitzer – Das Leben mit meinem trans* Kind zeigen – gerade wenn es um Transidentitäten geht –, dass dem nicht so ist. Bereits als Dreijähriger erklärt Vöcklers Sohn Luis ihr, dass er sich als Mädchen fühlt und nicht mehr als Junge gesehen werden will. Durch die detailreichen Erzählungen Vöcklers aus dem Alltag ihrer Familie mit ihrem trans* Kind, ihrem anderen Sohn und ihrem Mann wird schnell klar: So einfach ist das heutzutage noch gar nicht. Vor allem wenn das Kind erst in den Kindergarten geht.

Maria Vöckler mit Sara Schurmann, "Blau mit ganz viel Glitzer – Das Leben mit meinem trans* Kind". € 15,– / 192 Seiten. Querverlag, 2022.
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Mut Machen und Missstände aufzeigen

Je tiefer Leserinnen und Leser in das Buch eintauchen, desto deutlicher wird, wie verständnislos der Umgang mit transidentitären Menschen noch sein kann. Immer wieder enden die Kapitel mit fesselnden Sätzen, die einen sofort zum Weiterlesen und Sich-Wundern animieren. Als die Leitung des Kindergartens das Jugendamt einschaltet, die Reittherapeutin von Luisa nicht einsehen will, dass sie ein Mädchen ist, und die Familie wegen deren Unverständnis auch den Kontakt zu langjährigen Freunden abbricht, wird klar, wie viel Aufklärungsarbeit über Transidentität in der Gesellschaft noch notwendig ist.

Begleitet werden Lesende dabei allerdings von dem beeindruckenden Selbstvertrauen des Kleinkindes Luisa, welches sich nicht davor scheut, zu seiner gefühlten Geschlechterrolle zu stehen und seine Bedürfnisse dazu klarzustellen. So heißt Luis eben bald auch auf einem Ausweis Luisa, wechselt den Kindergarten und durchlebt mit seiner Mutter Termine bei Psychologinnen und Psychiatern. Mut macht der Umgang Maria Vöcklers mit Luisa. Denn obwohl sie von Pädagoginnen und vielen aus ihrem Umfeld misstrauisch beäugt wird, kämpft Vöckler um jeden Preis für das Glück und die Rechte ihrer Tochter. Auch wenn sie selbst erst mit Zurückhaltung und Unverständnis zu kämpfen hatte. (Melanie Raidl, 20.12.2022)