Auch zur längeren Lieferung von Ersatzteilen werden die Hersteller künftig verpflichtet.

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Es ist eine absurde Situation, mit der sich Smartphone-Nutzer derzeit immer wieder konfrontiert sehen: Obwohl ihr Gerät noch tadellos funktioniert, stellt der Hersteller den Softwaresupport ein. Das ist nicht nur unerfreulich, es hat auch handfeste Auswirkungen. Ohne regelmäßige Softwareaktualisierungen wird so ein dauernd am Internet hängendes Gerät zu einem wachsenden Sicherheitsproblem – und somit auch für darauf laufende Anwendungen wie Onlinebanking.

Das Fehlen von Updates führt wiederum dazu, dass sich viele Nutzer ein neues Smartphone kaufen, obwohl sie sonst noch gar keines benötigen würden – was nicht zuletzt aus einer Umweltschutzperspektive unerfreulich ist. Genau aus diesem Grund will die EU nun eine Update-Verpflichtung für Smartphones und Tablets einführen. Und diese fällt sogar schärfer aus als ursprünglich geplant.

Updates

Fünf Jahre nach der Veröffentlichung eines Geräts müssen die Hersteller künftig sowohl Funktions- als auch Sicherheitsaktualisierungen liefern. In einem ersten Entwurf war noch von drei Jahren an Funktionsupdates die Rede, die schärferen Regeln dürften nicht zuletzt auf entsprechenden Druck des deutschen Umweltministeriums zurückzuführen sein. Dort hatte man sogar sieben Jahre Sicherheits- und Funktionsupdates gefordert, die jetzige Regelung stellt also einen Kompromiss dar.

Die neuen Verpflichtungen sind zudem mit einem konkreten Zeitrahmen verknüpft. So müssen Sicherheitsaktualisierungen spätestens vier Monate nach der Veröffentlichung durch den Betriebssystemhersteller auf allen Smartphones landen. In der Praxis wohl noch relevanter: Eine solche Frist gibt es auch für "funktionelle Updates". Spätestens sechs Monate nach der Freigabe durch den Hersteller müssen diese an sämtliche von der neuen Supportpflicht betroffenen Geräte ausgeliefert werden.

Diese Formulierung bezieht sich vor allem auf die Android-Welt, wo Google die Entwicklung des Systems betreibt und die Hersteller den gelieferten Quellcode übernehmen und für ihre eigenen Geräte anpassen – und entsprechend auch für die eigentliche Auslieferung von Updates an die Nutzer zuständig sind.

Ersatzteile

Parallel dazu wird auch ein zweiter Problempunkt bei der Langlebigkeit von Smartphones angegangen: die Verfügbarkeit von Ersatzteilen. Die Hersteller müssen diese in Zukunft sieben Jahre lang liefern können, sieht der finale Entwurf der Neufassung der Ökodesign-Richtlinie vor. Die finale Verhandlungsrunde zu diesen Themen fand übrigens in der Vorwoche statt, weshalb auch jetzt die neuen Regeln bekannt werden.

Zeitrahmen

In Kraft treten soll die Richtlinie bereits im März 2023, allerdings bleiben den Herstellern dann 21 Monate, um sie auch umzusetzen. Hier gewährt die EU aufgrund der schärferen Regeln eine etwas längere Übergangszeit als ursprünglich geplant, im ersten Entwurf war noch von zwölf Monaten die Rede. Betroffen von alldem sind natürlich nur Neugeräte, also realistisch jene, die ab dem Jahr 2025 neu auf den Markt kommen.

Realitätscheck

Trotzdem dürften die neuen Regeln für viele Smartphone-Hersteller eine ziemliche Herausforderung werden, gibt es bislang doch genau einen Hersteller, der die neuen Update-Vorschriften vollständig erfüllt: Apple. Unter Android kommen Samsung und Google mit fünf Jahren an Sicherheitsaktualisierungen den kommenden EU-Vorschriften bereits recht nahe und werden sich wohl noch am ehesten zeitgerecht an die restlichen Anforderungen anpassen können.

Gerade im niedrigen Preissegment gibt es hingegen eine Fülle an kleineren Anbietern, die von einer solchen Update-Realität noch weit entfernt sind. Hier werden zum Teil gerade einmal zwei Jahre an Sicherheitsaktualisierungen garantiert – von großen Versionssprüngen ganz zu schweigen. Insofern darf mit Spannung erwartet werden, wie diese die neue Supportpflicht erfüllen wollen, zumal eine solch längere Softwarepflege signifikante Mehrkosten verursacht. Insofern könnte die Regulierung auch zu einer Ausdünnung des Angebots gerade im Einsteigerbereich führen.

Kritik

Wie zu erwarten stößt der Kompromiss auf Kritik von beiden Seiten. Umweltschutzorganisationen streichen etwa heraus, dass die Richtlinie gerade in Hinblick auf die Ersatzteilpflicht einige Lücken aufweist. Ein echtes Recht auf Reparatur bringe die Regelung nicht, betont Mathieu Rama von der Environmental Coalition on Standards (ECOS) gegenüber dem Magazin "c't". Hersteller könnten weiter die Reparatur durch Softwaremaßnahmen wie das Pairing von Ersatzteilseriennummern an das Betriebssystem erschweren – wie es beispielsweise Apple tut.

Auf einen weiteren Schwachpunkt verweist Orla Butler vom European Environmental Bureau (EEB), und zwar dass keine Maximalpreise definiert werden. Immerhin könnten die Hersteller dadurch die Ersatzteilpreise für ältere Geräte dermaßen hoch gestalten, dass sich eine Reparatur schlicht nicht mehr rentiert.

Kostenfrage

Auf der Gegenseite verweist man auf ältere Stellungnahmen zu dem Thema. So hatte der Herstellerverband Digitaleurope schon in der Vergangenheit auf die hohen Zusatzkosten für die Smartphone-Hersteller verwiesen und eine Update-Verpflichtung für maximal drei Jahre vorgeschlagen – und selbst das nur für Sicherheitsaktualisierungen.

Im Hinblick auf Ersatzteile sieht Digitaleurope sogar negative Konsequenzen für die Umwelt, da es zu einer Überproduktion von Ersatzteilen kommen könnte, die dann Lagerplatz brauchen und am Schluss potenziell zerstört werden – also eine Ressourcenverschwendung darstellen. (Andreas Proschofsky, 25.11.2022)