Zu viel Wohlgefühl stellt sich in der nach Heu duftenden Jurte von Alex Cecchetti ein.
Foto: Günter Kresser

Innsbruck – Mit dem Öko-Label ist es so eine Sache: Seit sich die Aktivisten der Letzten Generation auf Stadtstraßen und an Kunstwerke kleben, hantiert der Boulevard erregt mit Begriffen wie "Öko-Terror" oder "Öko-Chaoten" und bedient damit das alte Bild vom lästigen, wenn nicht gar staatsfeindlichen linken Lumpenpack. Andererseits hat ausgerechnet die Konsumgüterindustrie dem Öko-Label zu breitem Ansehen verholfen. Ohne ein solches schaut heute vom Waschpulver bis zum Winterpullover alles irgendwie nackert und gewissenlos aus.

Und das lässt sich durchaus auch auf andere Bereiche umlegen, auch auf die Kunst. Nehmen wir die Land-Art im Vergleich zu einer Behauptung namens "Eco-Land-Art": klare Sache, was hier eher nach weißer Weste klingt. So etwas wie Greenwashing kann der Kunsthalle im Taxispalais aber nicht unterstellt werden, wenn sie jetzt mit der Ausstellung Eco Land Art um die Ecke kommt. Die Leiterin der Institution, Nina Tabassomi, fährt seit geraumer Zeit ein Programm, das die Kunst auf ihr Weltverbesserungspotenzial hin abklopft – kritisches Hinterfragen des eigenen Apparats und seiner Konventionen inklusive.

Bulldozer und Dynamit

Im aktuellen Fall geht es um die Frage, was die Kunst zur Überwindung der "interventionistischen, ausbeuterischen und kolonialistischen Logik der Landnutzung" beitragen kann, von der im Pressetext die Rede ist. Von den Pionieren der Land-Art wurde diese Logik jedenfalls fortgeschrieben, so die Behauptung. Stimmt schon, wenn man die mit Bulldozern und Dynamit in die Erde getriebenen Negativskulpturen eines Michael Heizer oder die aufgeschüttete Spiral Jetty eines Robert Smithson allein unter diesem Gesichtspunkt betrachtet.

Ein Highlight ist Amol K Patils für die jüngste Documenta entstandener Film "Black Masks on Roller Skates", der auf Rollschuhen in urbane Landschaften Indiens und in die Tradition indischer Protestgesänge entführt.
Foto: Amol K Patil / Project 88

Doch letztlich wirkt dieser Blick zu eindimensional, weil er eine Kunstströmung ins Passepartout heutigen Naturbewusstseins zwängt und dabei neben formalen wie auch entstehungsgeschichtlichen Aspekten auch manch anderes ausblendet. Ökologisch bewegte Kunst der 1970er-Jahre? Etwa das Weizenfeld, das Agnes Denes vor vierzig Jahren in Manhattan angelegt hat, womit sie auch auf Fragen der Landnutzung und Welternährung zielte? Ist hier kein Thema. Dabei hätte man sich daran durchaus auch kritisch reiben können.

Indische Portestgesänge

Stattdessen wird das Dach neu gedeckt, was aber noch kein neues Haus ergibt. Wobei sich die verwitterten Dachschindeln, die Katharina Cibulka von einem alten Bauernhaus gerettet hat und seither in verschiedenen Szenarien als stumme Zeuginnen installiert, wunderbar als Metaphern für landschaftsgerechte Ideen und zersetzende Fortschrittsemissionen eignen.

Man wohnt außerdem Pflanzaktionen bei, bekommt ein mit Kritik an der geplanten Verbauung des Tiroler Platzertales unterfüttertes Landschaftsaquarell als Land-Art 2.0 und Neujahrskarte serviert (Hannelore Nenning), liest auf Bannern der Libanesin Marwa Arsanios Parolen für gerechte Landnutzung. Ein Highlight ist Amol K Patils für die jüngste Documenta entstandener Film Black Masks on Roller Skates, der auf Rollschuhen in urbane Landschaften Indiens und in die Tradition indischer Protestgesänge entführt. Zu viel Wohlgefühl stellt sich dagegen in der nach Heu duftenden Jurte von Alex Cecchetti ein. Mehr herausgefordert wird man vielleicht bei den poetischen Wanderungen ins freie Feld, die der Künstler im Rahmen der Schau anbietet. (Ivona Jelcic, 27.11.2022)