Wer nach belastendem Bildmaterial in Itamar Ben-Gvirs Vergangenheit Ausschau hält, muss nicht lange suchen. Der 46-jährige israelische Politiker war schon als Teenager in rechtsradikalen Kreisen höchst engagiert. Die Kühlerhaubenfigur des Autos des damaligen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin, der wegen der Friedensdeals mit den Palästinensern bei Rechtsextremen verhasst war, brach er ab und hielt sie als Trophäe in die Kameras: "An sein Auto sind wir herangekommen, ihn kriegen wir auch." Wenige Wochen später war Rabin tot – ermordet von einem Gesinnungsgenossen Ben-Gvirs.

Der Rechtsextremist Itamar Ben-Gvir soll Israels Sicherheitsressort führen.
Foto: REUTERS/Corinna Kern

Als seine Freunde in die Armee einrückten, ging Ben-Gvir Jus studieren. Es war nicht er, der den Wehrdienst verweigerte: Die Armee verweigerte ihm die Aufnahme. Dem Geheimdienst war bekannt, dass Ben-Gvir in rechtsextremen Terrornetzwerken aktiv ist. Er galt als gefährlich – und das ist er noch heute. Aber das hindert ihn nicht daran, der nächsten israelischen Regierung anzugehören – noch dazu als Minister, der gegen jene Terrorgruppen vorgehen soll, denen er nahesteht.

Im Mai 2021, als Mobs in den jüdisch-arabisch gemischten Städten mit Brandsätzen und Knüppeln durch die Straßen zogen, stachelte Ben-Gvir die Gewalt noch weiter an. Der Polizeipräsident warnte damals vor Ben-Gvir, bezeichnete ihn als "nationales Sicherheitsrisiko".

Drohung Richtung Netanjahu

Nun soll Ben-Gvir zum Minister für Nationale Sicherheit werden; seine Partei stieg bei den jüngsten Wahlen zur drittgrößten Kraft auf. Benjamin Netanjahu, Israels designierter Premier, hat ihm schriftlich zugesagt, das Ressort um zusätzliche Kompetenzen zu erweitern. Anders als sein Amtsvorgänger erhält Ben-Gvir demnach auch die Befehlsgewalt über Grenzpolizisten, die im militärisch besetzten Westjordanland einschreiten. Bisher war diese Einheit dem Verteidigungsministerium unterstellt.

Wenn die "nationale Sicherheit" nun auch das Westjordanland umfasst – wo der verheiratete Vater von fünf Kinder lebt –, kommt das einer latenten Annexion gleich. Und einer weiteren Provokation der von Ben-Gvir alles andere als begeisterten US-Regierung.

Doch Netanjahu nimmt das in Kauf: Er braucht Ben-Gvir, um selbst an der Macht zu bleiben. Nach seinem Wahlsieg am 1. November rief dieser seinen Fans zu: "Ich bin 46 Jahre alt – und noch bin ich nicht Premierminister." Es war eine Drohung, und sie galt Netanjahu. Der hat gehört, verstanden, gehandelt – und Ben-Gvirs Wünsche erfüllt. (Maria Sterkl aus Jerusalem, 25.11.2022)