Nick Fuentes leugnet den Holocaust, fordert Juden zur Auswanderung aus den USA auf und will Militäraktionen in schwarzen Wohnvierteln. Donald Trump "mag diesen Kerl wirklich".

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Der eine ist ein ehemals erfolgreicher Rapper und Klamottendesigner mit psychischen Problemen, der nach mehreren antisemitischen und rassistischen Ausfällen in geschäftlichen Schwierigkeiten steckt. Der andere ein rechtsextremer Videopodcaster, der Adolf Hitler lobt, den Holocaust leugnet und Reden gegen den "Genozid an den Weißen" schwingt.

In der vergangenen Woche saßen Kanye West, der sich inzwischen "Ye" nennt, und Nick Fuentes beim Abendessen mit Donald Trump auf der Terrasse von dessen Privatanwesen Mar-a-Lago in Florida. Die Stimmung an dem Tisch, an dem noch zwei weitere Gäste saßen, war nach Augenzeugenberichten bis auf eine kürzere persönliche Auseinandersetzung gut. Rund zwei Stunden dauerte die Begegnung.

"Es war überwältigend", berichtet Fuentes nun in seinem Podcast. Der 24-Jährige, der an dem Neonazi-Aufmarsch von Charlottesville 2017 und am Kapitol-Sturm 2021 teilgenommen hat, gehört zu den glühendsten Verehrern des Ex-Präsidenten. Allerdings bemängelte Fuentes in jüngster Zeit, dass sich Trump zu sehr mäßige. Trump war Augenzeugen zufolge sehr angetan. "Ich mag diesen Kerl wirklich. Er versteht mich", soll er geschwärmt haben.

Mehrere Sperren

Fuentes ist nicht irgendwer: Der Podcaster mit seiner Hardcore-Fangemeinde gehört zu den extremsten politischen Figuren der USA. Bei Youtube und Twitter ist er wegen seiner Hassreden, in denen er die Juden zur Auswanderung aus den USA drängt und Militäroperationen in schwarzen Wohnvierteln fordert, gesperrt. Auf Trumps Propagandaplattform Truth Social aber hat er einen verifizierten Account, wo er die angebliche Rücksichtnahme des Ex-Präsidenten auf den Mainstream kritisiert: "Wann werden wir endlich nicht nur hinter verschlossenen Türen sagen, was wir denken? Es ist Zeit für die richtige, heilige Bewegung und den echten Sieg!"

Dass ein solcher Mann an der Seite des Antisemiten Kanye West mit dem derzeit aussichtsreichsten Bewerber der Republikaner für die US-Präsidentschaftswahl 2024 diniert, wäre noch vor wenigen Jahren ein Skandal gewesen. "Sie möchten nicht wissen, was ich darüber denke", erwiderte Präsident Joe Biden angewidert auf eine Frage. "Intoleranz, Hass und Antisemitismus haben in Amerika absolut keinen Platz", erklärte sein Sprecher und nannte die Leugnung des Holocaust "widerwärtig und gefährlich". Auch Bürgerrechtsorganisationen protestierten empört.

Auch mit Kanye West "gut verstanden"

Doch im Lager der Republikaner herrscht mit wenigen Ausnahmen ein befremdliches Schweigen. Chris Christie, der seit langem als Never-Trumper gebrandmarkte Ex-Gouverneur von New Jersey, kritisierte Trumps "mangelndes Urteilsvermögen" und nannte ihn einen "untragbaren Präsidentschaftskandidaten". Ex-Außenminister Mike Pompeo verurteilte in einem Tweet allgemein Antisemitismus, ohne auf das Ereignis Bezug zu nehmen. Ansonsten gibt es praktisch keine öffentliche Reaktion. "Eine ganze Reihe von potenziellen republikanischen Präsidentschaftskandidaten sind ruhig, am bemerkenswertesten der Gouverneur des Bundesstaates, in dem das Essen stattfand", bemerkt die angesehene "New-York-Times"-Reporterin Maggie Haberman. Floridas Gouverneur Ron DeSantis gilt als aussichtsreichster Gegenspieler von Trump.

Trump selbst versuchte das Essen in teils widersprüchlichen Posts auf Truth Social herunterzuspielen. Angeblich wusste er nicht, wer Fuentes ist, und wollte Kanye West, "der schwarz ist", nur bei dessen wirtschaftlichen Problemen helfen. "Wir haben uns gut verstanden", berichtete der Ex-Präsident.

Nur einmal scheint Trump an diesem Abend mit seinen Gästen gar nicht einverstanden gewesen zu sein – als West den Gedanken ventilierte, zur Präsidentschaft anzutreten und Trump den Vize-Posten anzubieten. Da soll Trump gebrüllt haben: "Er kann nicht gewinnen. (Karl Doemens aus Washington, 27.11.2022)