Die Opposition wirft Sobotka einen "Alleingang" vor.

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Der Auftritt von Thomas Schmid vor dem U-Ausschuss beschäftigt die Abgeordneten nach wie vor – und einmal mehr sind sich Opposition und Ausschussvorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) darob in die Haare geraten. Grundsätzlich geht es um die Frage, zu welchen Themen die Mandatare den vormaligen Öbag-Chef und Generalsekretär im Finanzministerium befragen dürfen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), der sich Thomas Schmid als Kronzeuge angeboten hat, bat um eine Einschränkung des Themenradius, um Ermittlungen nicht zu gefährden.

Das hätten alle Fraktionen außer der ÖVP akzeptiert; ihr Fraktionschef Andreas Hanger ortete darin aber eine Einschränkung des parlamentarischen Kontrollrechts. Das für diese Fälle vorgesehene Konsultationsverfahren zwischen Justiz und Parlament ist gescheitert, man kam also auf keinen grünen Zweig. In der Folge hat Justizministerin Alma Zadić (Grüne) einen Antrag beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) eingebracht, der zwei Ziele hatte: Erstens sollen die Verfassungsrichter die Rechtslage klären, zweitens blockierte Zadić damit Fragen außerhalb des von der WKStA erbetenen Themenkreises.

"Konträr zur Mehrheitsmeinung"

Und nun gibt es dazu erneut Streit: Sobotka hat beim VfGH eine Stellungnahme zu diesem Konsultationsverfahren eingebracht – allerdings sieht die Opposition darin einen "Alleingang". Der Vorsitzende habe seine Befugnisse überschritten, seine Stellungnahme sei inhaltlich "konträr zur Mehrheitsmeinung im Ausschuss", die in einer Äußerung für den VfGH festgehalten wurde. Zudem habe Sobotka auch den Verfahrensrichter nicht konsultiert. Aus Sicht der Opposition ist der Vorgang besonders brisant, weil Schmid ja in seiner Einvernahme Sobotka belastet hatte. Dieser weist diese Vorwürfe zurück, es gilt die Unschuldsvermutung.

Auf Anfrage erklärt Sobotka allerdings, bei seiner "freiwilligen Äußerung" korrekt vorgegangen zu sein. Er habe "eine vom Rechts-, Legislativ- und Wissenschaftsdienst der Parlamentsdirektion verfasste" Stellungnahme eingebracht, gegangen sei es dabei um Verfahrensrechtliches im oben genannten Konsultationsprozedere. Eingebracht habe er die Stellungnahme nicht im Namen des U-Ausschusses, sondern aus der "Perspektive eines Vorsitzenden im Konsultationsverfahren", heißt es aus dem Parlament zum STANDARD. Die Einbindung der Fraktionen sei für solche Fälle nicht vorgesehen.

"Befugnisse überschritten"

SPÖ, FPÖ und Neos sehen es ganz anders und wollten zu diesem Vorgang eine sogenannte Ausschussfeststellung beschließen, um festzuhalten, dass Sobotka seine "Befugnisse, den U-Ausschuss nach außen zu vertreten", überschritten habe. Dazu freilich gab es innerhalb der Fraktionen keine Einigung, denn: Die Grünen haben mit der ÖVP dagegen gestimmt, der Antrag hat daher keine Mehrheit gefunden.

Einer Verfassungsänderung, die die Abwahl eines Nationalratspräsidenten ermöglicht, würde aber aktuell keine Partei außer der FPÖ zustimmen, heißt es im Ö1-Morgenjournal. SPÖ, ÖVP und Grüne sprechen von einem bewährten System in der Vergangenheit. Auch die Neos sehen die jetzige Regelung als geeignet an.

Abseits der parlamentarischen Streitigkeiten ist nun sowieso der VfGH am Zug, der in seiner aktuellen Session, die seit Montag läuft, über den Antrag der Justizministerin entscheiden wird. Zudem muss das Bundesverwaltungsgericht über den Antrag auf Beugestrafe gegen Thomas Schmid entscheiden – er hatte vor dem U-Ausschuss ja keine einzige Frage beantwortet. Wenn all das einmal geklärt ist, soll Schmid erneut im U-Ausschuss befragt werden. Dafür würden die Neos auch einer Verlängerung des Ausschusses zustimmen, regulär enden die Befragungen ja bereits am 7. Dezember. (gra, fsc, 28.11.2022)