Der Mercedes EQS SUV 4MATIC fährt mit 88 PS mehr, wenn man bereit ist, 1.200 Dollar pro Jahr dafür zu zahlen.

Foto: Mercedes

Die Autobranche hat es nicht ganz leicht. Etablierte Hersteller, die sich lange an Benzin und Diesel festklammerten, kämpfen mit der Elektrifizierung ihrer Fahrzeuge. Die Corona-Pandemie sorgte für sinkende Verkaufszahlen, die Chipkrise für Probleme bei der Fertigung und entsprechende Auslieferverzögerungen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Konzerne versuchen, sich neue Einnahmequellen zu erschließen.

Die zunehmende "Smartifizierung" unserer Pkws scheint dabei zum beliebten Werkzeug zu werden. Neben tatsächlich nützlichen, digitalen Zusatzfunktionen werden aber auch Features verkauft, die technisch schon beim Kauf Bestandteil des Wagens sind, aber neuerdings hinter Bezahlschranken gesteckt werden. BMW etwa lässt sich in bestimmten Regionen nunmehr die Aktivierung der Sitzheizung extra bezahlen. Bei Mercedes hat man sich auch etwas einfallen lassen. Wer seinen Mercedes EQ schneller beschleunigen möchte, soll dafür 1.200 Dollar (derzeit rund 1.144 Euro) bezahlen. Und zwar jährlich, wie The Drive berichtet.

1.200 Dollar für eine Sekunde

Das Bezahlupgrade beschert dem Auto einen je nach Modell unterschiedlichen Anstieg an PS. Die elektrischen Varianten EQE 350 4MATIC und EQE SUV 4MATIC fahren dann mit 349 statt 288 Pferdestärken. Ihre EQS-Pendants mit 443 statt 355 PS.

Der Zeitgewinn beim Beschleunigen auf 60 Meilen pro Stunde (ca. 97 km/h) ist allerdings überschaubar. Er bewegt sich zwischen 0,8 und einer Sekunde, die man sich für monatlich umgerechnet 100 Dollar erkauft. Derzeit scheint dieses Abo nur in bestimmten Märkten angeboten zu werden.

Künstliche Limitierung

Auch hier gilt allerdings, dass es sich eben nicht um eine tatsächliche Verbesserung handelt, da das Auto ja keine neuen Komponenten bekommt. Es wird lediglich Leistung freigeschaltet, die der Motor der Fahrzeuge ohnehin ab Werk erbringen kann. Wenn man neben dem Kaufpreis nicht zusätzlich ein "Beschleunigungs-Abo" bezahlt, wird diese Leistung also künstlich gedrosselt.

BMWs Monetarisierung der Sitzheizung sorgte bereits für laute Kritik am Hersteller. Dessen Nordamerika-Presseabteilung rückte daraufhin aus, um in einer Aussendung die Vorgangsweise zu verteidigen. Bei Mercedes bleibt die Reaktion der (potenziellen) Kundschaft noch abzuwarten. Allgemein dürfte sich in den nächsten Monaten und Jahren weisen, ob die Filetisierung von Pkw-Features zu Umsatzzwecken Erfolg haben wird oder ob das Interesse der Fahrerinnen und Fahrer so gering ist, dass die Autokonzerne wieder davon abrücken. (gpi, 28.11.22)